Review: Am Strand (Film)

Neue Woche bedeutet neue Film-Kritiken, aber dass ich so enttäuscht worden bin wie hier ist mir selten passiert. Warum genau, führe ich nachfolgend natürlich gerne aus.

Am Strand

On Chesil Beach, UK 2017, 110 Min.

Am Strand | © Prokino/EuroVideo
© Prokino/EuroVideo

Regisseur:
Dominic Cooke
Autor:
Ian McEwan (Drehbuch & Buch-Vorlage)

Main-Cast:
Saoirse Ronan (Florence Ponting)
Billy Howle (Edward Mayhew)
in weiteren Rollen:
Anne-Marie Duff (Marjorie Mayhew)
Adrian Scarborough (Lionel Mayhew)
Emily Watson (Violet Ponting)
Samuel West (Geoffrey Ponting)

Genre:
Drama | Romantik

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus Am Strand | © Prokino/EuroVideo
© Prokino/EuroVideo

Als sich Florence Ponting und Edward Mayhew 1962 bei einer politischen Versammlung erstmalig begegnen, scheinen die aus unterschiedlichen Schichten stammenden jungen Leute nicht viel miteinander gemeinsam zu haben, doch dessen ungeachtet verlieben sich die beiden ineinander. Alsbald heiraten sie und reisen für ihre Flitterwochen zum Chesil Beach, doch bereitet ihnen die bevorstehende Hochzeitsnacht gehöriges Unbehagen, während sie sich beide ihres Kennenlernens und der gemeinsam verbrachten Zeit erinnern. Und als es zur unweigerlichen Aussprache kommt, müssen sich die frisch Vermählten eingestehen, so einiges grundlegend in Frage stellen zu müssen, was ihre Erwartungen ans gemeinsame Leben anbelangt…

Rezension:

Ian McEwan hat nicht nur bereits rund zwanzig Romane verfasst (nebst weiterer Arbeiten), sondern seine Bücher bildeten auch bereits zahn Mal die Vorlage für eine entsprechende Verfilmung des Stoffes, womit er indirekt auch die Karriere von Saoirse Ronan befeuert hat, denn die fiel erstmalig einem breiteren Publikum in der McEwan-Verfilmung Abbitte auf, wo sie an der Seite von Keira Knightley und James MacAvoy zu sehen war. Gute zehn Jahre später nun ward Ronan erneut in der Verfilmung eines Romans des umtriebigen Schriftstellers zu sehen und übernahm diesmal die Hauptrolle in dem hierzulande als Am Strand vertriebenen Werk, das originär den etwas poetischer anmutenden Titel On Chesil Beach trägt. Für das nicht ganz zweistündige Werk steuerte Ian McEwan nun auch das Drehbuch bei und in Anbetracht dessen hätte man von einem gelungenen Werk ausgehen können, doch leider verhält sich dem nicht so, wie ich zu meinem Bedauern feststellen muss, denn nach vielversprechendem Start versandet das Werk spätestens im letzten Drittel in Melodram und Kitsch, was tatsächlich auch an McEwan selbst liegt, der sein eigenes Werk für die Filmfassung um einen ausladenden, mehrere Jahrzehnte umspannenden Epilog ergänzt, der so ziemlich alles zunichte macht, was hier inszenatorisch und dramaturgisch zuvor so sorgsam aufgebaut worden ist, ohne diesbezüglich ins Detail gehen zu wollen.

Szenenbild aus Am Strand | © Prokino/EuroVideo
© Prokino/EuroVideo

Und dabei startet Am Strand so interessant wie ungewöhnlich, hätte es unabhängig vom Epilog, wie ich ihn mal nennen möchte, schwer gehabt, sein Publikum zu finden, wäre in sich aber überzeugend, stringent und atmosphärisch geblieben. Wir begegnen hier zunächst einem frisch verheirateten Ehepaar, bestehend aus der von Saoirse Ronan (Brooklyn) verkörperten Florence Ponting und dem von Billy Howle (Outlaw King) dargestellten Edward Mayhew. Die Stimmung ist angespannt, die frisch Vermählten sind beide gleichermaßen steif, unsicher, versuchen sich weltmännisch und abgeklärt zu geben, rufen allein aber bei den Zimmerbediensteten schon mit ihrer unbeholfenen Art kaum verhohlenes Gelächter hervor. Die Szenerie bewegt sich in der Zeit zurück und wir erfahren, wie sich Edward und Florence kennen und lieben gelernt haben. Diesem Duktus bleibt der Film über weite Strecken treu und während sich die "Gegenwartshandlung" (im Jahre 1962) am Chesil Beach nur schleppend und quasi minutiös vorwärtsbewegt, sind die Rückblenden deutlich straffer, tempo- und ereignisreicher, werfen Schlaglichter auf die jeweiligen Familien, auf die Vorlieben und Interessen der beiden Angetrauten in spe und lassen sie so zunehmend lebendig werden, während man sich verzweifelt fragt, was dieses beklemmende Gefühl in den Flitterwochen, kurz vor der Hochzeitsnacht, hervorgerufen haben mag.

Damit hält Am Strand überraschend lang bei Laune und obwohl tendenziell sehr ruhig erzählt, konnte ich mich doch einer gewissen Spannung und damit verbundenen Erwartungshaltung nicht erwehren. Auch liegt das sicherlich am bravourösen Schauspiel seitens Ronan, die noch weit mehr zu überzeugen wusste als der mir bislang weitestgehend unbekannte Howle, der spürbar im Schatten seiner Kollegin steht. Doch was auch immer man sich vom Fortgang der Geschichte erwarten mag, dürfte man – zumindest ging es mir so – hier ziemlich enttäuscht werden, denn auch wenn der Film zuweilen durchaus noch zu überraschen weiß mit den Abbiegungen, die er zu nehmen gedenkt, hatte er mich spätestens nach zwei Dritteln verloren, als sich die intensive wie bedrückende Atmosphäre in Wohlgefallen auflöst und generische Wege geht, die man einem dergestalt versierten Geschichtenerzähler wie McEwan gar nicht zutrauen würde, auch wenn er sich ja wohl eher darauf versteht, Figuren und ihre Gefühlswelten zu inszenieren, was dann vielleicht auch erklärt, weshalb man hier erzählerisch so tief in der Klischeekiste landet.

Szenenbild aus Am Strand | © Prokino/EuroVideo
© Prokino/EuroVideo

Was also als interessante, weil von Geheimnissen umwobene und mit viel Unausgesprochenem aufgeladene Romanze beginnt, deren Tragik vom ersten Moment an im Subtext mitschwingt, verkommt spätestens gegen Ende zu einem triefenden Melodram, dass regelrecht bedauernd auf die bis dahin vergangene Laufzeit des Films zurückblicken lässt, die man schlussendlich als verschwendet betrachten mag. Selten habe ich es erlebt, dass ein Film sich zuletzt dergestalt selbst demontiert und vergebe freilich Teilpunkte für intensives Schauspiel, zahlreiche gelungene Rückblenden und eine in darstellerischer Höchstform agierende Hauptdarstellerin, doch zu einer Sichtung des Films kann ich trotz der vergleichsweise gnädigen Bewertung nicht raten, denn die Enttäuschung ist hier quasi vorprogrammiert und – noch enttäuschender – gar vom Autor selbst herbeigeführt, der besser damit beraten gewesen wäre, den Film enden zu lassen wie auch schon seine Novelle, und sei es mit einer abschließenden Texttafel gewesen, die allemal besser gewesen wäre als das, was der Zuschauerschaft stattdessen präsentiert wird. Da helfen dann auch der Gastauftritt von Emily Watson (Testament of Youth) und die durchaus ambitionierte Regiearbeit von Dominic Cooke leider nicht mehr viel.

Fazit & Wertung:

Der auf dem gleichnamigen Roman von Ian McEwan basierende Am Strand verkommt nach ungemein atmosphärischem und vielversprechendem Start leider gerade zum Ende hin zu einer mittelschweren, von Melodram dominierten Enttäuschung. Während insbesondere Saoirse Ronan darstellerisch brilliert, kann sie freilich auch nicht darüber hinwegtrösten, dass der Autor selbst in seiner Funktion als Drehbuchschreiber seine eigene Vorlage mit einem vor Kitsch und Pathos triefenden Epilog abzurunden gedachte, der alles vorher Gezeigte nachhaltig abwertet.

5 von 10 schmerzhaften Erkenntnissen

Am Strand

  • Schmerzhafte Erkenntnisse - 5/10
    5/10

Fazit & Wertung:

Der auf dem gleichnamigen Roman von Ian McEwan basierende Am Strand verkommt nach ungemein atmosphärischem und vielversprechendem Start leider gerade zum Ende hin zu einer mittelschweren, von Melodram dominierten Enttäuschung. Während insbesondere Saoirse Ronan darstellerisch brilliert, kann sie freilich auch nicht darüber hinwegtrösten, dass der Autor selbst in seiner Funktion als Drehbuchschreiber seine eigene Vorlage mit einem vor Kitsch und Pathos triefenden Epilog abzurunden gedachte, der alles vorher Gezeigte nachhaltig abwertet.

5.0/10
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Am Strand ist am 23.10.18 lediglich auf DVD bei Prokino im Vertrieb von EuroVideo erschienen und alternativ bei Prime Video verfügbar. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

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vgw

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