Review: The Colony – Ein neuer Anfang | Patrick S. Tomlinson (Buch)

Irgendwie scheint heute nicht so ganz mein Tag zu sein, auch wenn ich nicht ganz den Finger drauflegen und es benennen kann, aber gut, geht es halt heute früh ins Bett oder auf die Couch und morgen sieht dann alles wieder rosiger aus. Die heutige Buch-Rezension habe ich aber natürlich schon von langer Hand geplant und muss sie im Grunde nur noch online stellen, aktuelle Befindlichkeiten beeinflussen den Text also nicht.

The Colony
Ein neuer Anfang

Trident’s Forge, UK 2016, 528 Seiten

The Colony - Ein neuer Anfang von Patrick S. Tomlinson | © Droemer Knaur
© Droemer Knaur

Autor:
Patrick S. Tomlinson
Übersetzer:
Oliver Hoffmann

Verlag (D):
Droemer Knaur
ISBN:
978-3-426-52260-8

Genre:
Science-Fiction | Krimi | Mystery

 

Inhalt:

Kexx sprang auf und packte den Schaft sienes Kurzspeers. Das Rudel befand sich gleich unterhalb von siem am Strand. Zuckende Lichtwellen huschten über die Haut der Uliks, ein typisches Zeichen für eine Bedrohung. Wovon auch immer der Geruch stammte, es hatte ein ganzes Ulikrudel erschreckt.

Seit mittlerweile drei Jahren befinden sich die letzten Reste der Menschheit nun auf Tau Ceti G – umgangssprachlich schlicht Gaia genannt – und haben in den letzten Jahren bereits eine beeindruckende Kolonie aus dem Boden gestampft, während man sich tunlichst von den Atlanter getauften Wesen fernhält, die den Planeten ebenfalls bewohnen. Bryan Benson, früher Ermittler an Bord der Arche, führt mittlerweile ein ruhigeres Leben als Sportdirektor und Trainer, während seine Frau Theresa zur Polizeichefin ernannt worden ist. Dann allerdings wird eine außerordentliche Ratssitzung einberufen, als die Ungebundenen, die sich seinerzeit im Rumpf der Arche verborgen haben und nun auch auf Gaia ihre eigene Kolonie gegründet haben, mit den Atlantern Kontakt aufnehmen und natürlich wird Benson gebeten, die Delegation zu begleiten, die ihrerseits den Wesen ihre Aufwartung machen soll, schließlich hat er bereits einmal die Menschheit als solches vor der Vernichtung bewahrt. Benson ist natürlich alles andere als angetan, aber sich zu weigern dürfte kaum eine gangbare Alternative darstellen, zumal ihm die inoffizielle Anführerin der Ungebundenen bereits einmal das Leben gerettet hat…

Rezension:

Mehr als anderthalb Jahre ist es her, dass ich The Ark – Die letzte Reise der Menschheit gelesen und natürlich an dieser Stelle besprochen habe. Seinerzeit war ich noch auf dem Wissensstand, dass der nun vorliegende zweite Teil The Colony – Ein neuer Anfang bereits Ende 2018 auf Deutsch erscheinen würde, doch kam es da wohl zu einigen Verzögerungen, weshalb es dieser Band nun erst Anfang August zu uns geschafft hat. Ursprünglich aber war The Ark tatsächlich seinerzeit als Stand-Alone-Story geplant (und funktioniert als solche auch sehr gut), derweil Anpassungen im letzten Drittel schon einmal in Richtung des zweiten Bandes blicken ließen, der nun als Mittelteil einer Trilogie fungiert. Das funktioniert einerseits überraschend gut, macht sich andererseits zuweilen aber auch negativ bemerkbar, denn auch wenn ich verstehe, dass Autor Patrick S. Tomlinson sich diesmal dramaturgisch in eine andere Richtung zu bewegen gedachte, gefiel mir der vorrangig als Kriminalgeschichte aufgezogene Plot des Vorgängers doch geringfügig besser.

Die Arche, die der Menschheit in den letzten zweieindrittel Jahrhunderten als Heimat gedient hatte, hatte seit ihrer Ankunft in der Umlaufbahn Gaias tief greifende Veränderungen durchgemacht. Den drei Kilometer langen, gerippten, konischen Meteoritenschild hatte sie unmittelbar vor der Bremsung beim Eintritt ins Tau-Ceti-System abgestoßen. Nur eine Handvoll Helium-3-Tanks prangte noch an der Außenseite des Reaktormoduls, ausreichend, um die Fusionsreaktoren des Schiffs weitere fünfzehn Jahre lang anzutreiben.

Hier nun sind mehr als drei Jahre vergangen und die Reste der Menschheit haben sich längst auf Tau-Ceti eingerichtet und stetig wachsende Kolonie gegründet. Von der aus Aufbau und Konzeption der Arche herrührenden Faszination ist freilich nicht viel geblieben, während es nun dem Autor freigestanden hätte, gleichsam akribisch die Kolonie zu skizzieren, doch stürzt er sich stattdessen lieber prompt auf den Erstkontakt mit einer auf dem Planeten beheimateten Alien-Rasse, die von den Menschen Atlanter getauft worden sind, die sich selbst derweil als G’Tel bezeichnen. So geht The Colony in Sachen Thema und Dramaturgie in eine gänzlich andere Marschrichtung und allein die Gewöhnung an die Personalpronomen der Aliens (siene, sier, etc.) erfordert zugegebenermaßen einige Seiten an Lektüre, auch wenn mir selbige Pronomen beispielsweise schon aus Der lange Weg zu einem kleinen zornigen Planeten und dessen Nachfolgebänden bekannt gewesen ist. Und nachdem Aliens im Vorgänger so überhaupt keine Rolle gespielt haben (bis vielleicht auf Andeutungen) und es sich im Grunde um einen Krimi im Weltall – beziehungsweise einem Generationenschiff – gehandelt hat, brauchte ich so meine Zeit, um mit der neuen Ausgangslage und der geschichtlichen Richtung warm zu werden.

Sieht man aber einmal von dem etwas behäbigen Start und der zunächst unklaren dramaturgischen Ausrichtung ab, kommt The Colony dann spätestens nach dem ersten Drittel so richtig in Fahrt und baut alsbald auch eine zweigleisig verlaufende Hauptgeschichte auf, denn während es zunächst der Erstkontakt mit den außerirdischen Wesen ist, der im Mittelpunkt der Ereignisse steht, läuft schon das erste anberaumte Treffen mitnichten nach Plan und schnell wird klar, dass erneut Machenschaften im Hintergrund vonstatten gehen, die nicht nur das Schicksal der Menschheit bedrohen, sondern auch gleich das ihrer neuen Bekannten mit, die im Übrigen durch den Wahrheitssucher Kexx eine schöne Identifikationsfigur bekommen, aus deren Sicht die vielen Merkwürdigkeiten und das Sonderbare der Menschen hervorgestellt werden. Als Erstkontakt-Roman macht das Ganze also durchaus eine gute Figur und zeigt Parallelen wie Unterschiede gleichermaßen gelungen auf, gleichwohl der sich hieran anschließende Abenteuer-Part um den bereits im Vorgänger im Vordergrund stehenden Bryan Benson ungleich mitreißender geraten ist. Zudem gibt es aber auch in der Kolonie – von der ich mir ja wie erwähnt mehr zu erfahren gehofft hatte – ebenfalls einiges zu tun und hier kommt dann Theresa, mittlerweile Bryans Frau, ins Spiel, die als Polizeichefin der frisch gegründeten Ortschaft ebenfalls an der Aufdeckung des Komplotts arbeitet.

Er hatte gerade den ersten Bissen im Mund, als er einen Plantatanruf bekam.
<Mr Benson. Mein Name ist …>
»Ich weiß, wer Sie sind, Merick. Ich bekomme Ihren Namen am Rand meines Sichtfeldes angezeigt, erinnern Sie sich?«, sagte Benson sowohl laut als auch in sein Plantatinterface. »Ich weiß allerdings nicht, warum hier unten niemand erst mal anklingelt. Ich habe mich gerade zum Abendessen hingesetzt.«
<Tut mir leid, Sir, aber ich …>
Benson erhob sich. »Schalten Sie sich wenigstens auf den Bildschirm im Wohnzimmer.«
<Dies ist ein vertrauliches Gespräch.>
»Hier ist niemand außer mir und der Polizeichefin. Gehen Sie jetzt bitte raus aus meinem Kopf.«

Durch die stetig wechselnde Perspektive zwischen Kexx, Bryan und Theresa ist dann auch jederzeit für Abwechslung in The Colony gesorgt und dank des erneuten Auftretens bekannter Figuren wirkt dieser zweite Teil dann auch längst nicht mehr so hintendran montiert, wie es de facto der Fall gewesen ist, weshalb ich nun auch durchaus neugierig auf den dritten und finalen Band der Trilogie bin, auch wenn ich hoffe, dass dort dann wieder etwas mehr die Menschheit als solches im Vordergrund stehe. Ansonsten wartet der insgesamt rund hundert Seiten umfangreichere Band zuletzt mit einer Zugabe auf, bei der es sich um die Kurzgeschichte Der letzte Start handelt, die umreißt, wie seinerzeit die Eltern von Bryan Benson an Bord der Arche gelangt sind, was als ergänzendes Element einen schönen Abschluss bildet und die Figur des lauteren Ermittlers in einem anderen Licht erscheinen lässt. Dennoch, auch hier bleibt Tomlinson hinter seinen Möglichkeiten zurück und schafft eine zwar überzeugende wie unterhaltsame Geschichte, die aber in beinahe sämtlichen Belangen noch mehr Tiefe hätte vertragen können, zumal ab einem gewissen Punkt dann doch eher drohende kriegerische Auseinandersetzungen im Mittelpunkt stehen, während die zaghafte Annäherung der fremden Völker zunehmend in den Hintergrund tritt.

Fazit & Wertung:

Grundsätzlich gelingt Tomlinson mit The Colony – Ein neuer Anfang eine überzeugende Fortsetzung seiner mit The Ark begonnenen Geschichte und lässt den ehemaligen Ermittler Bryan Benson erneut in ein spannendes Abenteuer stolpern, doch ist der Ansatz der Geschichte nun in vielerlei Hinsicht nicht eben neu und braucht auch seine Zeit, um wirklich in Fahrt zu kommen. In Summe also lesenswerte Unterhaltung, die allerdings das Genre in keiner Weise neu erfindet oder um noch nie Dagewesenes ergänzt.

7 von 10 Gefahren auf Tau Ceti G

The Colony – Ein neuer Anfang

  • Gefahren auf Tau Ceti G - 7/10
    7/10

Fazit & Wertung:

Grundsätzlich gelingt Tomlinson mit The Colony – Ein neuer Anfang eine überzeugende Fortsetzung seiner mit The Ark begonnenen Geschichte und lässt den ehemaligen Ermittler Bryan Benson erneut in ein spannendes Abenteuer stolpern, doch ist der Ansatz der Geschichte nun in vielerlei Hinsicht nicht eben neu und braucht auch seine Zeit, um wirklich in Fahrt zu kommen. In Summe also lesenswerte Unterhaltung, die allerdings das Genre in keiner Weise neu erfindet oder um noch nie Dagewesenes ergänzt.

7.0/10
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Weitere Details zum Buch und dem Autor findet ihr auf der Seite von Droemer Knaur.

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The Colony – Ein neuer Anfang ist am 01.08.19 bei Droemer Knaur erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über den folgenden Link und unterstützt damit das Medienjournal!

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