Review: Living With Yourself | Staffel 1 (Serie)

Um heute mal wieder etwas früher gebloggt zu haben – bei uns ist im Moment privat einiges los – bin ich diesmal wieder clever und lege den Artikel für den Nachmittag auf Termin, derweil ich euch nun schon viel Spaß bei der Lektüre und einen angenehmen Samstag wünsche.

Living With Yourself
Staffel 1

Living With Yourself, USA 2019-, ca. 27 Min. je Folge

Living With Yourself | © Netflix
© Netflix

Serienschöpfer:
Timothy Greenberg

Regisseure:
Jonathan Dayton
Valerie Faris
Autor:
Timothy Greenberg

Main-Cast:
Paul Rudd (Miles Elliot)
Aisling Bea (Kate Elliot)
in weiteren Rollen:
Alia Shawkat (Maia)
Desmin Borges (Dan)
Karen Pittman (Lenore Pool)
Zoe Chao (Kaylyn)

Genre:
Komödie | Drama

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus Living With Yourself | © Netflix
© Netflix

Miles Elliot führt nicht gerade ein erfüllendes Leben, fühlt sich ausgelaugt, lethargisch, müde. Sein Job bei einer Werbeagentur füllt ihn nicht mehr aus und er verbringt die Tage im immer gleichen Trott. Das Feuer in der Ehe mit Kate ist längst erloschen und der gemeinsame Kinderwunsch seit längerem unerfüllt; vor einem Termin beim Arzt drückt er sich in steter Regelmäßigkeit. Dann allerdings empfiehlt ihm Arbeitskollege Dan das "Top Happy Spa", nach dessen Besuch er sich wie neu geboren fühlt. Und tatsächlich startet Dan gerade so richtig durch und wirkt wie die beste Version seiner Selbst, weshalb Miles kurzerhand beschließt, das sauerverdiente Ersparte für eine Behandlung auf den Kopf zu hauen. Doch Miles erwacht nicht etwa als neuer Mensch, sondern stattdessen in Plastik verpackt im Wald. Verwirrt und zerschunden schafft er es irgendwie nach Hause, nur um dort schockiert festzustellen, dass ein merklich frischer und aufgeweckter wirkender Miles bereits daheim ist…

Rezension:

Im Moment bombardiert mich Netflix regelrecht mit interessant scheinenden Serien und so poppte jüngst auch unvermittelt die Vorschau für die erste Serienstaffel Living With Yourself auf, die ich im Vorfeld tatsächlich gar nicht auf dem Schirm hatte. Wenn man aber nicht eine grundsätzliche Abneigung gegenüber Paul Rudd (Ant-Man) haben sollte, spricht nichts dagegen, bei dieser vielversprechenden neuen Produktion einen Blick zu riskieren, zumal die Staffel mit ihren acht nicht einmal halbstündigen Episoden natürlich prädestiniert ist für das so beliebte Binge-Watching, das durch Netflix erst salonfähig geworden ist. Deklariert wird das Ganze allerorten allerdings als Komödie und Drama und man sollte wissen, dass der dramatische Aspekt deutlich überwiegt, denn gerade bei einer Beteiligung von Rudd ist man ja doch schnell geneigt, eine lupenreine Komödie zu erwarten, derweil er hier auch andere Facetten offenbart und zugunsten des Storytelling zuweilen auch eine gewisse Ernsthaftigkeit an den Tag legt. Highlight des Ganzen sind aber natürlich die beiden Miles‘, so dass man im Grunde zwei Paul Rudds zum Preis von einem bekommt. Das funktioniert aber nicht nur szenisch wirklich gut und ist tricktechnisch nahezu perfekt gelungen, nein, es gibt auch dem Darsteller die Chance, zwei charakterlich gänzlich differierende Figuren zu verkörpern, denen man trotzdem anmerkt, dass es sich um ein und dieselbe Person handelt.

Szenenbild aus Living With Yourself | © Netflix
© Netflix

Dabei machen aber weder Serienschöpfer und Drehbuchschreiber Timothy Greenberg noch die verantwortlichen Regisseure Jonathan Dayton und Valerie Faris (die auch schon Ruby Sparks und Battle of the Sexes inszeniert haben) den Fehler, den doppelten Rudd – oder eher Miles – als cheesy Gimmick zu verheizen, so dass die beiden zwar immer mal wieder gemeinsam in Aktion treten und aneinandergeraten, sich das Storytelling aber mitnichten darauf fokussiert, sondern lieber die charakterliche Kluft betrachtet, die sich zwischen den beiden auftut. So ist der Original-Miles ein von Selbstmitleid zerfressener, zwar nicht rundheraus unsympathischer, aber merklich auf der Strecke gebliebener Middle-Ager, der zu viel trinkt und ansonsten wenig Antrieb besitzt. Hingegen wirkt der neue Miles eben nicht nur auf dem Papier wie die beste Version seiner selbst, sondern ganz allgemein frischer und adretter, zielstrebiger, positiver, vernünftiger und verständnisvoller, gleichwohl er – da die beiden sich ihre Erinnerungen teilen – dasselbe Päckchen zu tragen hat wie der Ur-Miles. Das bietet natürlich reichlich Konfliktpotential, dient aber auch als Trittbrett für den durchaus vorhandenen Humor.

Und komisch ist Living With Yourself, wenn auch auf eine eher ruhige, unaufgeregte Art, die sich einerseits aus Situationskomik, andererseits aus herrlich schwarzhumorigen Seitenhieben speist, derweil Paul Rudd und Paul Rudd trotz einer vorhandenen Ernsthaftigkeit auch immer für einen Lacher gut sind, ganz davon abgesehen, dass die gesamte Absurdität der Situation immer wieder zum Schmunzeln einlädt. Weit mehr noch als die witzige Seite weiß aber das dramaturgische Potential der Serie zu überzeugen, was maßgeblich mit Miles‘ von Aisling Bea verkörperter Ehefrau Kate zusammenhängt, vor der es zunächst zu verbergen gilt, dass nun zwei Versionen ihres Mannes existieren, wobei die Sache ungleich spannender und tiefgründiger wird, wenn sie den beiden schließlich auf die Schliche kommt. Sich dieses Umstandes anscheinend durchaus bewusst, erzählen Dayton und Faris auch immer wieder aus wechselnden Perspektiven, zu denen sich in der zweiten Staffelhälfte eben neben den beiden Miles‘ auch Kates Sichtweise gesellt. Dabei geht es der Serie vorrangig um diese ungewöhnliche Dreiecksbeziehung, was sich dann beispielsweise auch darin niederschlägt, dass das weitere Figurenkonsortium wie beispielsweise auch Miles‘ jüngere Schwester Maia (Alia Shawkat, The Driftless Area) auffallend blass bleibt.

Szenenbild aus Living With Yourself | © Netflix
© Netflix

Mag die Figurenzeichnung aber nur hinsichtlich der ausgewiesenen Hauptcharaktere gelungen sein, holt Living With Yourself dafür inszenatorisch einiges aus dem Soff raus, denn während ausgerechnet der initiale Klon-Vorgang nicht eben als Überraschung gelten kann, wartet stattdessen jede weitere Episode mit einem mehr oder minder ausgeprägten Twist auf, der auch gerne mal dahingehend vorweggenommen wird, dass sich die Geschichte genüsslich in der Zeit vor- und zurückbewegt, sich überlappende Ereignisse aus unterschiedlichen Perspektiven schildert, an frühere Szenen anknüpft oder auch schlicht mit einem Kameraeinstellungswechsel zeigt, was einem bislang verborgen geblieben ist. Das macht das Geschehen nicht nur ungemein abwechslungsreich, sondern eben auch überraschender und vielschichtiger, als man das nach dem zugegebenermaßen eher behäbigen Einstieg vermuten würde. Doch Greenbergs Serien-Kreation nimmt tatsächlich mit jeder weiteren Episode auch weiter an Fahrt auf und offenbart in den thematisierten Konflikten zunehmend ihr tragikomisches Potential, derweil die finale Episode einerseits ein befriedigendes Ende parat hält, andererseits freilich auf eine Fortsetzung hoffen lässt.

Fazit & Wertung:

Die von Timothy Greenberg ersonnene Dramedy Living With Yourself mag sich mit dem Doppelgänger-Konzept einen alten Hut in Sachen Prämisse geschnappt haben, spinnt darum aber eine so herrlich skurrile, sich zunehmend ineinander verschachtelnde Geschichte, dass es eine Freude ist. Vor allem wissen in der gleichsam als Beziehungsdrama funktionierenden ersten Staffel sowohl Paul Rudd in seiner Miles-Doppelrolle als auch Aisling Bea als dessen Ehefrau Kate zu brillieren.

8 von 10 wortreichen Auseinandersetzungen mit sich selbst

Living With Yourself | Staffel 1

  • Wortreiche Auseinandersetzungen mit sich selbst - 8/10
    8/10

Fazit & Wertung:

Die von Timothy Greenberg ersonnene Dramedy Living With Yourself mag sich mit dem Doppelgänger-Konzept einen alten Hut in Sachen Prämisse geschnappt haben, spinnt darum aber eine so herrlich skurrile, sich zunehmend ineinander verschachtelnde Geschichte, dass es eine Freude ist. Vor allem wissen in der gleichsam als Beziehungsdrama funktionierenden ersten Staffel sowohl Paul Rudd in seiner Miles-Doppelrolle als auch Aisling Bea als dessen Ehefrau Kate zu brillieren.

8.0/10
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Episodenübersicht: Staffel 1

01. Die Bestform (7,5/10)
02. In einer Strip Mall gemacht (7,5/10)
03. Grüner Tee (8/10)
04. Seelenverwandter (8/10)
05. Va Bene (8/10)
06. Nachbarn und Freunde (7,5/10)
07. Piña Colada (8/10)
08. War schön, dich kennenzulernen (8,5/10)

 
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Living With Yourself | Staffel 1 ist seit dem 18.10.19 exklusiv bei Netflix verfügbar.

vgw

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