Auch an diesem lauschigen Feiertag – den ich übrigens überwiegend lesend und fernsehend verbracht habe – habe ich natürlich noch eine Filmkritik für euch im Gepäck und wünsche viel Freude bei der Lektüre.
Ruby Sparks
Meine fabelhafte Freundin
Ruby Sparks, USA 2012, 104 Min.
© Twentieth Century Fox
Jonathan Dayton
Valerie Faris
Zoe Kazan
Paul Dano (Calvin Weir-Fields)
Zoe Kazan (Ruby Sparks)
Antonio Banderas (Mort)
Annette Bening (Gertrude)
Steve Coogan (Langdon Tharp)
Elliott Gould (Dr. Rosenthal)
Chris Messina (Harry)
Alia Shawkat (Mabel)
Aasif Mandvi (Cyrus Modi)
Toni Trucks (Susie)
Deborah Ann Woll (Lila)
Komödie | Drama | Fantasy | Romantik
Trailer:
Inhalt:
© Twentieth Century Fox
Mit gerade einmal 19 Jahren avancierte Nachwuchs-Schriftsteller Calvin Weir-Fields prompt zum Star der Literaturszene und der Medien, doch konnte er an diesen Erfolg nie wieder anknüpfen und leidet nun, ein gutes Jahrzehnt später, an einer ausgeprägten Schreibblockade. Auch sein Psychiater Dr. Rosenthal ist ihm bei diesem Problem zunächst keine Hilfe, doch ausgerechnet eine läppische Schreibübung, die er ihm verordnet, bringt den Durchbruch. Voller Eifer imaginiert sich Calvin mit der fiktiven Ruby Sparks die perfekte Freundin und bringt deren Leben und Charakter mit seiner alten Schreibmaschine zu Papier. Eines Morgens dann steht seine eingebildete Freundin Ruby in der Küche und bereitet das Frühstück, während Calvin sich verrückt geworden wähnt. Bald aber muss er erkennen, dass auch andere Menschen Ruby sehen und hören können, woraufhin er seinem Bruder Harry von seiner neuen Freundin erzählt. Der glaubt ihm natürlich kein Wort und vermutet eine Betrügerin, doch nachdem sich herausstellt, dass alles, was Calvin über Ruby schreibt, unmittelbar Realität wird, ist auch Harry überzeugt. Dann aber beginnt Ruby plötzlich eigene Ideen und Wünsche zu entwickeln, die nicht Calvins Fantasie entstammen…
Rezension:
Neulich hat mich tatsächlich die Programmvorschau einer Blu-ray zu einem Spontankauf verleitet, denn Ruby Sparks – Meine fabelhafte Freundin ist bislang gänzlich meiner Aufmerksamkeit entgangen und das, obwohl sich hier nicht nur ein illustres Ensemble an DarstellerInnen vereint, sondern auch die mit einem Hauch Magie versehene Prämisse genau meinem Geschmack entspricht. Dabei sollte man aber nicht den Fehler begehen, sich von dem Film eine lupenreine Fantasy-Romanze mit komödiantischem Unterbau zu erwarten, wie es beispielsweise der Trailer suggeriert, denn auch wenn hier Romantik und Komödie durchaus gewichtige Faktoren sein mögen, spart das Regie-Duo Jonathan Dayton und Valerie Faris (Little Miss Sunshine, Battle of the Sexes) auch die dramatischen Untertöne nicht aus und schafft gegen Ende gar kurz eine derart beklemmende Atmosphäre, dass sich die entsprechende Szene auch in einem Horrorfilm gut gemacht hätte. Was anderen Filmen allerdings schnell das Genick gebrochen hätte, entpuppt sich hier als Mosaikstein einer um Ecken und Kanten nicht verlegenen Inszenierung, die sich eben keinen Deut darum schert, nicht in eine Schublade gesteckt werden zu können.
© Twentieth Century Fox
Diese dramaturgische Eigenwilligkeit ist neben Dayton und Faris aber noch viel eher Zoe Kazan (In Your Eyes) zu verdanken, die nicht nur die Rolle der ausgedachten, perfekten Freundin mit Bravour meistert, sondern sich diese auch noch selbst auf den Leib geschrieben hat, handelt es sich bei Ruby Sparks schließlich auch um ihr Drehbuch-Debüt. In selbigem steht aber zunächst einmal der von Paul Dano (Swiss Army Man) angenehm schüchtern und eigenbrötlerisch, aber auch differenziert dargestellte Calvin, der trotz seines Feuilleton-Ruhms keinen Schlag bei Frauen hat und jetzt eben zudem an seiner Schreibblockade leidet und im Grunde einzig Umgang mit seinem älteren Bruder Harry (Chris Messina, Live by Night) und seinem Psychiater Dr. Rosenthal (Elliott Gould, Ray Donovan) pflegt, was einiges über sein Sozialleben aussagt und erklärt, woher seine Vorstellungen des Ideals einer Freundin stammen, die natürlich, als sie denn in Erscheinung tritt, ganz bewusst so ziemlich jedem Klischee entspricht, das man aus Film und Fernsehen kennt. So ist Ruby süß und liebevoll, sucht Calvins Nähe, ohne zu klammern, ist ein aufgeweckter Wildfang, aber auch verrucht und sexy, eben so, wie sich Calvin seine perfekte Freundin vorstellt.
Und es adelt die Hauptfigur, dass er nicht prompt der Versuchung erliegt, sich die perfekte Bettgespielin zusammen zu schreiben, wie sein Bruder Harry beispielsweise anregt, er könne ja ihre Brüste größer "schreiben". Doch ab dem Moment, wo Ruby eigene Gedanken und Gefühle zu entwickeln scheint, gerät Calvin zunehmend in Versuchung, mittels Schreibmaschine etwas an der Situation zu verändern, womit wieder einmal bewiesen wäre, dass es leicht ist, sich anständig zu verhalten, wenn dennoch alles nach dem eigenen Willen läuft und ungleich schwieriger, wenn sich der erste Gegenwind bemerkbar macht (wie etwa, als Ruby abends tatsächlich keine Lust auf Sex hat, was Calvin, das merkt man deutlich, in dieser Beziehung bislang noch nicht passiert ist). In dieser Hinsicht gelingen Kazan als Autorin ein paar äußerst kluge Betrachtungen und Überlegungen, die aber stets im Subtext der Geschichte bleiben und nicht anprangernd und mit erhobenem Zeigefinger in den Vordergrund gedrängt werden. Und dennoch findet hier, im Mittelteil von Ruby Sparks auch eine Verschiebung der Sympathiewerte statt, so dass insbesondere Calvins Charakterschwächen immer offensichtlicher zutage treten, während Ruby in der Beziehung zusehends unglücklicher wird, sich vernachlässigt und unverstanden fühlt.
© Twentieth Century Fox
Das ist dann auch der Moment, in dem man sich zunächst vom Thema "Humor" weitestgehend verabschieden sollte, was man zwar selbst aus ausgewiesenen Feel-Good-Movies kennt, die eben alle nicht ohne zumindest einen kleinen finalen Konflikt auskommen, doch gehen Dayton und Faris hier noch einen gehörigen Schritt weiter, was in der dramaturgischen Ausgestaltung und dank der intensiven Darstellung von Dano und Kazan durch Mark und Bein geht, ohne zu viel vorwegnehmen zu wollen. Freilich endet aber auch Ruby Sparks versöhnlich und ziemlich vorhersehbar, doch ändert das nichts an der Tatsache, dass die einfallsreich-unverbrauchte Prämisse gewinnbringend genutzt wird, um einen in vielen Aspekten selbstbewusst eigenständigen Film zu kreieren, dessen tragikomischer Charme ihm kaum je abhandenkommt. Im Übrigen warten hier noch Annette Bening (The Kids Are All Right) als Calvins Mutter und Antonio Banderas (Haywire) als dessen Stiefvater mit gelungenen Gastauftritten auf, die in ihren exaltiert-freigeistigen Rollen gelungene Akzente zu setzen verstehen. Und so sehr deren Rollen wirken, als würden sie nur auf Gags abzielen, verbirgt sich auch hier einiges mehr an dramaturgischem Potential, was exemplarisch und bezeichnend für den gesamten Film ist, der eben nur auf den ersten Blick oberflächlich und beschwingt wirkt, aber, wenn angebracht, auch ernst und gar erschreckend werden kann. Als seichte Abendunterhaltung vielleicht eher nicht geeignet, dafür aber als uneingeschränkte Empfehlung.
Ruby Sparks – Meine fabelhafte Freundin
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Idealisierte Charaktereigenschaften - 8/10
8/10
Fazit & Wertung:
Jonathan Dayton und Valerie Faris präsentieren mit Ruby Sparks – Meine fabelhafte Freundin eine im besten Sinne unangepasste Dramedy, die zwar leichtfüßig und augenzwinkernd beginnt, aber auch schonungslos die Untiefen der Psyche von Protagonist Calvin offenlegt. In dessen Rolle vermag Paul Dano ebenso zu überzeugen wie Zoe Kazan als namensgebende Ruby, die mit traumwandlerischer Sicherheit den Archetyp der "idealen Freundin" verkörpert und gleichsam für das clevere Drehbuch verantwortlich zeichnet.
Ruby Sparks – Meine fabelhafte Freundin ist am 30.03.13 auf DVD und Blu-ray bei Twentieth Century Fox erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!