Review: The Last Duel (Film)

Da wäre ich auch schon wieder, um mich mit einer diesmal brandaktuellen Rezension ins Wochenende zu verabschieden, auch wenn ich natürlich nicht ausschließen will, dass womöglich auch morgen noch ein Artikel von mir kommt.

The Last Duel

The Last Duel, USA/UK 2021, 152 Min.

The Last Duel | © Walt Disney
© Walt Disney

Regisseur:
Ridley Scott
Autoren:
Nicole Holofcener (Drehbuch)
Ben Affleck (Drehbuch)
Matt Damon (Drehbuch)
Eric Jager (Buch-Vorlage)

Main-Cast:
Matt Damon (Sir Jean de Carrouges)
Adam Driver (Jacques Le Gris)
Jodie Comer (Marguerite de Carrouges)
Ben Affleck (Pierre d’Alençon)
in weiteren Rollen:
Harriet Walter (Nicole de Carrouges)
Alex Lawther (King Charles VI)
Marton Csokas (Crespin)

Genre:
Drama | Historie | Thriller

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus The Last Duel | © Walt Disney
© Walt Disney

Gemeinsam kämpften die Knappen Jean de Carrouges und Jaques LeGris in den 1370er-Jahren unter der Flagge des französischen Königs und leisteten aus ihrer Sicht jeweils unschätzbare Dienste in der Schlacht. Doch während sie zu Kriegszeiten noch Seite an Seite standen, ändert sich das schnell, als der gewiefte wie ambitionierte Jaques am Hofe Karriere zu machen beginnt, derweil Jean ein ums andere Mal gezwungen ist, in die Schlacht zu reiten, um nur die Abgaben für seine Ländereien bezahlen zu können. Zwar vermag es Jean, die Heirat mit der der attraktiven Marguerite zu arrangieren, doch kommt es infolgedessen zu Streitigkeiten um die ihm seines Erachtens zustehenden Ländereien. Jaques und sein neuer Gönner, der Graf Pierre d’Alençon, können derweil über Jeans kleingeistiges Gezeter nur schmunzeln. Dann aber eskaliert die Situation, denn während Jean für einige Tage nach Paris reitet, wird Marguerite unerwartet von Jaques aufgesucht und vergewaltigt, wie sie ihrem Mann nach dessen Rückkehr eröffnet. Auf dem üblichen Rechtsweg wird kaum etwas zu erreichen sein, da der rechtsprechende Graf Pierre seine schützenden Hände über Jaques hält und so fordert der von gerechtem Zorn getriebene Jean beim König ein Duell auf Leben und Tod…

Rezension:

Wenn ich daran denke, wie man früher oft Jahre hat warten müssen, bis es Filme aus dem Kino ins heimische Wohnzimmer geschafft haben, erst als VHS-Kassette, später DVD, kann ich mittlerweile nur noch schmunzeln, denn im Fall von The Last Duel ist es läppische acht Wochen her, dass der im Kino hierzulande Premiere gefeiert hat, und schon wird er urplötzlich Teil des Angebots von Streamingdienst Disney+, wo er seit 1. Dezember zum Abruf zur Verfügung steht. Klar, mit Kinokarten war auch in diesem Jahr kaum Geld zu verdienen, aber das vorherrschende Tempo irritiert dennoch, zumal gestern erst auch Scotts neuester Film House of Gucci im Kino gestartet ist. Und auch wenn Regisseur Ridley Scott sich wahrlich auf vielen filmischen Parketts zu behaupten gewusst hat und mitnichten auf ein bestimmtes Genre abonniert ist, krankt nun dieser Historienfilm quasi zwangsläufig daran, dass man sich ultimativ an sein Epos Königreich der Himmel und ähnlich gelagerte Projekte erinnert fühlen dürfte, was immer dann zum Problem wird, wenn Scott im Nebensatz versucht, auch diesen Ansprüchen Rechnung zu tragen. So gibt es nämlich gerade im ersten Drittel die eine oder andere Schlachtensequenz, die es durchaus in sich hat, was inszenatorische Wucht und Durchschlagskraft anbelangt, doch tun diese Kriegsfragmente im größeren Zusammenhang kaum etwas zur Sache.

Szenenbild aus The Last Duel | © Walt Disney
© Walt Disney

So ist Scotts auf historischen Begebenheiten und dem Sachbuch The Last Duel: A True Story Of Crime, Scandal, And Trial By Combat In Medieval France basierendes Drama ohne Frage ambitioniert und auch kraftvoll in Wort und Bild, mit zweieinhalb Stunden Laufzeit aber auch ein wenig lang geraten, wenn man mal auf den eigentlichen Umfang der Geschichte abstellt. Das erreicht er dadurch, dass die Geschichte aus insgesamt drei Perspektiven geschildert wird, die sich zunächst dem Blickwinkel von Jean, später Jaques und zuletzt Marguerite widmen. Was zunächst nach einer ambivalent vielschichtigen Erzählung klingen mag, erweist sich aber schnell als simpler Kunstgriff, denn durch die Schrifteinblendungen "The Truth According to" macht Scott bereits deutlich, wo die Wahrheit liegt, denn im Fall von Marguerite verblasst der Rest des Textes, bis dort nur noch "The Truth" steht. Nun spricht natürlich nichts dagegen, sich auf die Seite von Marguerite zu schlagen und klar Stellung zu beziehen, aber man fragt sich vielleicht schon, wozu es diese Dreiteilung der Erzählung bedurfte, auch wenn der Blick auf Jeans und Jaques‘ Selbstverständnis ohne Frage interessant ist. Man sollte allerdings auch nicht den Fehler begehen, hier in der finalen Sichtweise umwälzende, neue Erkenntnisse zu erwarten, denn es geht schlicht um Nuancen, in denen sich einzelne Szenen und Begegnungen unterscheiden.

Und hier kommt dann auch die größte Stärke von The Last Duel zum Tragen und dabei handelt es sich mitnichten um die Duell-Kontrahenten oder die hochbudgetierte, stilsichere Inszenierung, sondern vor allem anderen um Jodie Comer, die ich jüngst erst in Free Guy bewusst habe kennenlernen dürfen und die hier eine beeindruckende Leistung abliefert, die speziell in den nuancierten Veränderungen zu punkten vermag. Wenn hier also ein Blick in eine Zeit geworfen wird, in der eine Vergewaltigung noch als Angriff auf das Eigentum des Ehemannes betrachtet wurde und die Frau selbst keine rechtliche Handhabe hatte, überhaupt nur dagegen zu klagen, wenn sich hier in Macho-Manier in Pose geworfen wird, um dem Feind die Stirn zu bieten, steht eine Figur wie die der Marguerite de Carrouges unweigerlich im Hintergrund und doch gelingt es Scott und Comer gemeinsam, eine spürbare Präsenz der Figur zu etablieren. Matt Damon (Der Marsianer) gibt da schon eine weit blassere Vorstellung, was nicht als Kritik, sondern lediglich Tatsache gemeint ist, denn sein kleingeistiger und politisch kaum bewanderter Jean ist eine eher schlichte und stumpfe Erscheinung, für die Damon sich merklich zurücknimmt, derweil Adam Driver (Marriage Story) die Gratwanderung gelingt, dass Jaques sich einerseits als charmanten Verführer versteht und inszeniert und andererseits wirklich nicht zu erkennen scheint, ein Vergewaltiger zu sein. Mitunter am meisten Spaß aber machen tatsächlich die Szenen mit dem wasserstoffblondierten Ben Affleck (The Accountant), der hier als hedonistischer Lebemann und Graf Pierre d’Alençon sein Unwesen treibt und dem es sich sichtliches Vergnügen bereitet, sein Umfeld zu schikanieren.

Szenenbild aus The Last Duel | © Walt Disney
© Walt Disney

So bleibt The Last Duel unzweifelhaft zu jeder Zeit spannend und interessant, nutzt die sich ergebenden Chancen aus der dreigeteilten Erzählperspektive aber letztlich nur unzureichend, denn so sehr die nuancierten Unterschiede in ihrer subtilen Darbietung dennoch gravierend ins Gewicht fallen, hätte es dafür nicht bedurft, den Film auf zweieinhalb Stunden auszuwalzen, auch wenn der Payoff-Moment im namensgebenden letzten Duell dadurch nur umso befriedigender wirkt, zumal Scott hier wieder zu einem späten Zeitpunkt zu inszenatorischer Wucht zurückkehrt, die in ihrer kompromisslos-drastischen Art ihresgleichen sucht. Ausstattung und Kostüme sind dabei ebenfalls über jeden Zweifel erhaben und der gesamte Film sieht in seiner zwar farbentsättigten Pracht zu erwarten großartig aus, doch erzählerisch hätte das Geschehen einen Hauch mehr verdichtet werden können, um den größtmöglichen Impact aus der Erzählung herauszukitzeln, die aber auch in der dargereichten Form überzeugt und vor allem zuweilen extrem an die Nieren geht. Die Tatsache allerdings, dass man zuvorderst ein historisches Drama geliefert bekommt, das nur mit vereinzelten Auseinandersetzungen "aufgelockert" wird, sollte man sich im Vorfeld noch einmal bewusst machen, um nicht enttäuscht zu werden.

Fazit & Wertung:

Ridley Scott gelingt mit The Last Duel ein intensives und packendes Historien-Drama mit aktuellen Bezügen, das allerdings mit seinen zweieinhalb Stunden ein wenig ausladend wirkt für die eigentliche Erzählung. Dessen ungeachtet weiß das gewählte Ensemble zu jedem Moment zu überzeugen und tröstet auch ein wenig darüber hinweg, dass man aus dem Konzept dreier sich ergänzender, aber auch widersprechender Blickwinkel noch weitaus mehr hätte machen können.

8 von 10 Zweifeln an den Anschuldigungen

The Last Duel

  • Zweifel an den Anschuldigungen - 8/10
    8/10

Fazit & Wertung:

Ridley Scott gelingt mit The Last Duel ein intensives und packendes Historien-Drama mit aktuellen Bezügen, das allerdings mit seinen zweieinhalb Stunden ein wenig ausladend wirkt für die eigentliche Erzählung. Dessen ungeachtet weiß das gewählte Ensemble zu jedem Moment zu überzeugen und tröstet auch ein wenig darüber hinweg, dass man aus dem Konzept dreier sich ergänzender, aber auch widersprechender Blickwinkel noch weitaus mehr hätte machen können.

8.0/10
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The Last Duel ist seit dem 01.12.21 bei Disney+ verfügbar. Der Film erscheint am 06.01.22 auf DVD und Blu-ray bei Walt Disney. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

DVD:

Blu-ray:

vgw

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