Review: Criminal: Vereinigtes Königreich (Serie)

Wie angekündigt – und üblich – kommt hier meine wöchentliche Serienkritik, die sich diesmal einmal mehr einer Netflix-Produktion widmet, die ich nun auch mal (zu Teilen) nachgeholt habe.

Criminal
Vereinigtes Königreich

Criminal: UK, UK 2019, ca. 43 Min. je Folge

Criminal: Vereinigtes Königreich | © Netflix
© Netflix

Serienschöpfer:
Jim Field Smith
George Kay
Showrunner:
Jim Field Smith
George Kay

Regisseur:
Jim Field Smith
Autor:
George Kay

Main-Cast:
Katherine Kelly (Natalie Hobbs)
Lee Ingleby (Tony Myerscough)
Mark Stanley (Hugo Duffy)
Rochenda Sandall (Vanessa Warren)
Shubham Saraf (Kyle Petit)
Nicholas Pinnock (Paul Ottager)
Special Guests:
David Tennant (Dr. Edgar Fallon)
Hayley Atwell (Stacey Doyle)
Youssef Kerkour (Jay Muthassin)

Genre:
Krimi | Thriller

Trailer:

 

Szenenbild aus Criminal: Vereinigtes Königreich | © Netflix
© Netflix

Inhalt:

Drei Verdächtige, eine Handvoll Polizisten und ein einziger Verhörraum nebst Beobachtungszimmer, freilich verborgen hinter einem venezianischen Spiegel. Die Taten und Verbrechen, derer die mutmaßlichen Täter angeklagt werden sollen, sind teils verstörend und zumeist kaum nachvollziehbar, doch ein größeres Problem ist die unerbittlich verstreichende Zeit, binnen derer es den ermittelnden Beamten gelungen sein muss, der zu verhörenden Person so viel entlockt zu haben, dass es für eine Verhaftung und Anklage reicht…

 

Rezension:

Bereits seit rund viereinhalb Monaten ist die aus vier Produktionen bestehende Anthologie-Reihe Criminal bei Netflix verfügbar und tatsächlich habe ich erst jetzt die Zeit gefunden – beziehungsweise die Neugierde siegen lassen –, zumindest bei Criminal: Vereinigtes Königreich einmal einen Blick zu riskieren, wobei ich nicht verhehlen möchte, dass das natürlich vorrangig an Tennant und Atwell gelegen hat, die hier zwei der Verdächtigen geben und natürlich Großes versprachen. Überhaupt schien das Konzept der Netflix-Eigenproduktion interessant, vier unabhängige Teams jeweils drei Episoden mit einer im Fokus stehenden Verhörsituation zu konzipieren, die sich allesamt das (übrigens in Madrid befindliche) selbe Set teilen und somit natürlich zumindest optisch einen gewissen Wiedererkennungswert aufweisen. Das Ergebnis jedoch ist leider ernüchternd, wenn auch nicht grundsätzlich enttäuschend, doch meine ich hier viel Potential ungenutzt rumliegen zu sehen, was die letztliche Ausgestaltung des Ganzen unter der Prämisse betrifft, das Geschehen ausschließlich in besagtem Verhörraum spielen zu lassen.

Szenenbild aus Criminal: Vereinigtes Königreich | © Netflix
© Netflix

Wir alle kennen aus diversen Filmen regelrecht packende Verhöre, die sich in Richtung psychologisches Duell entwickeln und die beteiligten Mimen zu Höchstform anstacheln und in etwa so etwas, komprimiert wie gleichzeitig ausgewalzt auf die Länge einer Serienepisode, habe ich mir auch von Criminal: Vereinigtes Königreich erwartet, doch den ersten Dämpfer bekommt die Erwartungshaltung schon nach wenigen Minuten, denn tatsächlich mag zwar ein Großteil des Geschehens in dem kargen Raum stattfinden, doch trifft man sich eben auch mal auf dem vorgelagerten Flur oder geht zum Getränkeautomaten. Das ist nicht schlimm, nicht störend, doch werden diese Sequenzen meist dazu genutzt, das Privatleben der Ermittler auszuloten und das schien mir an dieser Stelle und bei gerade einmal drei Episoden reichlich fehl am Platz, denn eine echte Entwicklung, zumal unter der Auflage der kammerspielartigen Inszenierung, können die ermittelnden Beamten kaum durchmachen. So kommt es, dass diese profanen Szenen den grundsätzlich gut gestalteten Verhören immer wieder ihr Momentum abspenstig machen und aus dem Geschehen reißen, was sich hätte vermeiden lassen, wenn man sich auf den Verhörraum nebst hinter dem Einwegspiegel verborgenen Beobachtungsraum beschränkt hätte.

Hinsichtlich der Fälle will ich derweil gar nicht groß ins Detail gehen, doch hätte auch hier ein wenig mehr Kreativität und Innovationswille nicht geschadet, denn auch wenn es mit hartem Tobak startet, dass dem ersten Verdächtigen sexueller Missbrauch und Mord vorgeworfen werden, sind die Fälle als solche kaum besser oder ausgefallener als in handelsüblichen Krimi-Serien mit 22 Folgen pro Staffel. So sind es in den ersten beiden Episoden tatsächlich vorrangig David Tennant (Bad Samaritan) und Hayley Atwell (Christopher Robin), welche das Geschehen als solches durch schiere Präsenz und Charisma aufzuwerten verstehen, was in ähnlichem Maße freilich auch für den vergleichsweise unbekannten Youssef Kerkour gilt, wobei sich hier der Fokus zunehmend in Richtung des befragenden Ermittlers verschiebt. Und obwohl wirklich alle Beteiligten ihr Bestes geben und darstellerisch überzeugen, erlangen die Verhörsituationen nie die erhoffte Intensität und Spannung. Und sollte es sich doch einmal anbahnen, dann kann man sicher sein, dass das Geschehen einstweilen unterbrochen wird, um mal wieder eine triviale Unterhaltung auf dem Gang zu führen.

Szenenbild aus Criminal: Vereinigtes Königreich | © Netflix
© Netflix

Natürlich kann man sich Criminal: Vereinigtes Königreich gut ansehen und macht damit auch nichts Grundlegendes falsch, doch gerade wenn man – um bei diesem Beispiel zu bleiben – einen Darsteller vom Schlage eines David Tennant zur Hand hat, der einen hochintelligenten, konzentrierten und beherrschten, vermeintlichen Killer zu geben hat, dann wäre dort deutlich mehr möglich gewesen, als ihn gefühlt die erste Hälfte der Folge auf ausnahmslos jede Frage nur mit "Kein Kommentar" antworten zu lassen. Die Taktik mag aus Sicht der Figur verständlich sein, lässt aber keine gespannte Atmosphäre aufkommen, wenn jeder Versuch, ihn zu entlarven, ins Leere läuft, zumal der Kniff, wie man ihn letztlich doch noch zum Reden bringt, nur mit zwei zugedrückten Augen akzeptiert werden kann. So kann ich weder versprechen, bei den anderen Produktionen dereinst auch noch einen Blick zu riskieren, noch es grundsätzlich ausschließen, denn das Konzept hat ja durchaus vieles für sich, hier nur mit dem feinen Makel behaftet, dass man damit weit mehr und packenderes hätte anstellen können.

Fazit & Wertung:

Die von George Kay und Jim Field Smith inszenierten drei Folgen des Anthologie Criminal: Vereinigtes Königreich warten durchaus mit interessanten, aber auch kaum außergewöhnlichen Fällen auf und insbesondere die doch eigentlich im Fokus stehende Verhörsituation hätte zuweilen deutlich packender und intensiver gestaltet werden können, so dass auch das Gefühl eines Kammerspiels kaum je vollständig zur Entfaltung kommt. Solide produziert, routiniert inszeniert, aber leider auch voller verschenkter Möglichkeiten.

6,5 von 10 unterschiedlichen Verhör-Taktiken

Criminal: Vereinigtes Königreich

  • Unterschiedliche Verhör-Taktiken - 6.5/10
    6.5/10

Fazit & Wertung:

Die von George Kay und Jim Field Smith inszenierten drei Folgen des Anthologie Criminal: Vereinigtes Königreich warten durchaus mit interessanten, aber auch kaum außergewöhnlichen Fällen auf und insbesondere die doch eigentlich im Fokus stehende Verhörsituation hätte zuweilen deutlich packender und intensiver gestaltet werden können, so dass auch das Gefühl eines Kammerspiels kaum je vollständig zur Entfaltung kommt. Solide produziert, routiniert inszeniert, aber leider auch voller verschenkter Möglichkeiten.

6.5/10
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Episodenübersicht:

01. Edgar (7/10)
02. Stacey (6,5/10)
03. Jay (6,5/10)

 
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Criminal: Vereinigtes Königreich ist seit dem 20.09.19 exklusiv bei Netflix verfügbar.

vgw

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