Review: Der Metropolist | Seth Fried (Buch)

Heute – wer hätte es geahnt – beehre ich euch mit einer weiteren Buch-Kritik.

Der Metropolist

The Municipalists, USA 2019, 320 Seiten

Der Metropolist von Seth Fried | © Heyne
© Heyne

Autor:
Seth Fried
Übersetzerin:
Astrid Finke

Verlag (D):
Heyne
ISBN:
978-3-453-32014-7

Genre:
Science-Fiction | Komödie | Abenteuer

 

Inhalt:

In Suitland, Maryland, gleich neben D.C., steht ein großer grauer Bau, in dem das Bundesamt für kommunale Infrastruktur, BKI, untergebracht ist. Das Hauptgebäude verfügt über stolze 185 000 Quadratmeter nutzbare Fläche.

Henry Thompson ist langjähriger Mitarbeiter beim Bundesamt für kommunale Infrastruktur und mehr als angetan von Metropolis, dem Vorzeigewerk der Städteplaner. Bei Kollegen wie auch Vorgesetzten ob seiner Pedanterie nicht eben beliebt, geht für Thompson ein Traum in Erfüllung, als er zum Außeneinsatz nach Metropolis geschickt wird, auch wenn es ihm nicht wirklich passt, die holografisch projizierte KI OWEN an die Seite gestellt zu bekommen. Denn die zeichnet sich durch allzu unkonventionelles Gebaren aus und hat gar eine Programm-Routine entwickelt, um Trunkenheit zu simulieren. Gemeinsam sollen die beiden inkognito in Erfahrung bringen, was in der Stadt der Zukunft vor sich geht und OWEN stachelt Henry zunehmend dazu an, seine Prinzipientreue und Paragraphenhörigkeit infrage zu stellen. Ob das allerdings reicht, um der Lage Herr zu werden, wird sich erst zeigen müssen…

Rezension:

Kommen wir heute zu einem für mein Leseverhalten eher ungewöhnlichen Buch, bei dem ich mich auch lange gefragt habe, ob es mir wirklich liegen würde, doch allein der Slogan "Pulp Fiction Meets Science-Fiction" hat mich dann doch schlussendlich regelrecht genötigt, einen Blick zu riskieren, sprich, die Lektüre zu beginnen. Leider schießt aber schon diese Proklamation deutlich am Ziel vorbei, denn so richtig etwas gemein hat Der Metropolist mit beidem nicht, derweil ich mich übrigens frage, wie und warum aus der Mehrzahl – im Original ist das Buch als The Municipalists betitelt – die Einzahl wurde. Aber gut, darum geht es hier nicht, gleichwohl der pedantische Henry und der freigeistige OWEN – seines Zeichens eine via Krawattenklammer projizierte KI – die meiste Zeit gemeinsam die Straßen von Metropolis unsicher machen. Mit den Schilderungen seitens Henry, was es mit seinem Job beim Bundesamt für kommunale Infrastruktur auf sich hat, beginnt der Roman derweil noch geradezu vielversprechend, doch spätestens beim Team-Up mit OWEN landen wir schlussendlich bei einer doch eher generischen Ermittlungsarbeit innerhalb der vielgepriesenen Stadt, bei der es gilt, verschwundene Personen ausfindig und vermeintliche Terroristen dingfest zu machen.

Die Behörde war vor siebzig Jahren als forscher Ableger des Verkehrsministeriums entstanden, geschaffen von ein paar Dutzend Politikstrebern, die stolz darauf waren, sich mit höheren Ebenen anzulegen. Aber angesichts des Urbanisierungstempos auf der Welt waren Städte zum neuen Wettlauf ins All geworden. Unser Budget war explodiert, und mittlerweile koordinierten wir mit staatlichen und kommunalen Verwaltungsorganen die Finanzierung und Beratung Tausender bedeutender urbaner Verbesserungsprojekte jedes Jahr.

Das wäre nicht weiter tragisch, doch ausgerechnet das, worauf der Roman zu fußen meint, nämlich die futuristische Stadt Metropolis als solche, wird einem als Leser kaum nahegebracht und die meiste Zeit geht es um die Kabbeleien zwischen Mensch und KI, die nach geltenden Schemata natürlich grundverschieden sind und Ansichten hegen, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Wenn nun daraus in Der Metropolist Kurzweil und Unterhaltung erwachsen würden, wäre ich ja bereit gewesen, über jedwede andere Schwäche wohlwollend hinwegzusehen, doch für meinen Geschmack war der Humor dann doch die meiste Zeit zu flach und abgegriffen, als dass Autor Seth Fried mich damit hätte abholen können. So wirkt auch die Pedanterie und Prinzipientreue von Henry mehr als Mittel zum Zweck, um die Unterschiede zwischen ihm und OWEN zu skizzieren, denn beides existiert nur auf dem Papier, so dass Henry in weiterer Folge keine Probleme damit zu haben scheint, Gesetze zu brechen und zu unlauteren Mitteln zu greifen, selbst wenn er sich meinetwegen diesbezüglich kurz windet.

So wirkt allein das gegensätzliche Duo schon reichlich berechnend konstruiert, was man auch von dem Fall als solchen behaupten kann, denn Fried scheint diesen tatsächlich nur als Vehikel für zunehmend absurdere Situationen zu nutzen, während die grundsätzlich vielversprechenden Fragestellungen zu Gentrifizierung zwar im Dialog angerissen werde, aber keine weitergehende Bewandtnis haben. Wie gesagt, Der Metropolist muss nicht einmal den Anspruch haben, sich mit diesen Themen eingehender beschäftigen zu wollen, doch möge er dann bitte die unterhaltsame Lektüre bieten, die er verspricht und da muss ich sagen, schon weitaus Vergnüglicheres und Unterhaltsameres gelesen zu haben, auch wenn zumindest OWEN mir mit der einen oder anderen Aktion zumindest ein Schmunzeln hat entlocken können, wobei sich diese Momente über die Dauer des Romans hinweg sicherlich an einer Hand abzählen lassen. Nun war die Lektüre zwar mitnichten so enttäuschend, dass ich selbige abgebrochen hätte und man kann sich dem rund 320 Seiten starken Buch durchaus widmen, doch für eine echte Empfehlung langt es leider bei weitem nicht.

Der Aufruhr in Metropolis und Suitland veranlasste unseren Verwaltungsrat, eine Aufsichtskommission einzusetzen, die den Großteil unserer Projekte auf Eis legte, während sie eine Revision von Garretts Geschäftsleitung durchführte. Jetzt schon wurde versucht, jegliche Ermittlungen hinsichtlich der Cyberattacke unter Verschluss zu halten, trotz Garretts Bitten, sich an das FBI zu wenden.

Dafür wirkt die Geschichte dann auch einerseits zu gehetzt, andererseits wiederum zu behäbig, denn Szenen, in denen Henry und OWEN um Leib und Leben kämpfen, wechseln munter mit schlussendlich ermüdenden Monologen zum Wesen des Kommunalismus und der daraus hervorgegangenen Metropole Metropolis, wobei noch nicht einmal klar wird, zu welcher Zeit das Ganze spielen soll, denn einerseits verkaufen uns ungemein fähige KIs und Projektoren das Ganze als strahlende Zukunftsvision, andererseits scheint sich das Ganze – wenn überhaupt – nur wenige Jahre in der Zukunft abzuspielen, was für mich schlecht zusammengepasst hat, gerade in Anbetracht dessen, dass Metropolis als Handlungsort wie auch Vorzeige-Utopia der Städteplanung merkwürdig diffus und substanzlos geblieben ist, obwohl Henry in einer Tour davon schwärmt. Nein, hier hätte es einiges mehr gebraucht, um aus Der Metropolist entweder einen lohnenden Science-Fiction-Roman oder eine gelungene Komödie zu machen, doch in dieser verqueren Mischung versagt das Werk die meiste Zeit auf beiden Ebenen. Lesen kann man es, doch wird nichts davon länger haften bleiben und ein paar vermeidbare Längen wird man ebenfalls in Kauf nehmen müssen, um wenigstens bei der eigentlichen, abenteuerlichen Hetzjagd seinen Spaß zu haben, wobei diese Einschätzung natürlich schwer vom persönlichen Humor abhängt. Meinen hat Seth Fried hier zumindest deutlich zu selten zu treffen gewusst.

Fazit & Wertung:

Seth Fried kreiert mit Der Metropolist eine Buddy-Komödie vor futuristisch angehauchter Kulisse, doch gelingt es ihm meines Erachtens nur leidlich, den angestrebten Unterhaltungswert und Witz in seine Erzählung zu integrieren, die ansonsten mit leichten Längen und einer nur unzureichend ausgearbeiteten Welt zu kämpfen hat, was ein doch eher durchschnittliches, tendenziell eher enttäuschendes Stück Unterhaltungsliteratur ergibt.

6 von 10 merkwürdigen Manierismen einer allzu menschlichen KI

Der Metropolist

  • Merkwürdige Manierismen einer allzu menschlichen KI - 6/10
    6/10

Fazit & Wertung:

Seth Fried kreiert mit Der Metropolist eine Buddy-Komödie vor futuristisch angehauchter Kulisse, doch gelingt es ihm meines Erachtens nur leidlich, den angestrebten Unterhaltungswert und Witz in seine Erzählung zu integrieren, die ansonsten mit leichten Längen und einer nur unzureichend ausgearbeiteten Welt zu kämpfen hat, was ein doch eher durchschnittliches, tendenziell eher enttäuschendes Stück Unterhaltungsliteratur ergibt.

6.0/10
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Weitere Details zum Buch und dem Autor findet ihr auf der Seite von Heyne. Dort findet sich übrigens auch eine Leseprobe.

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Der Metropolist ist am 15.07.19 bei Heyne als Klappenbroschur erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über den Link und unterstützt damit das Medienjournal!

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