Review: Never Grow Old (Film)

Kein spektakulärer, kein großartiger, kein begeisternder Film zum Wochenende, aber dann doch einer, der mir immerhin richtig gut gefallen hat und vieles richtig macht, was ich ja speziell von gestrigem Machwerk nicht hätte behaupten können.

Never Grow Old

Never Grow Old, IE/BE/FR/LU/UK 2019, 100 Min.

Never Grow Old | © Koch Media
© Koch Media

Regisseur:
Ivan Kavanagh
Autor:
Ivan Kavanagh

Main-Cast:
Emile Hirsch (Patrick Tate)
Déborah François (Audrey Tate)
John Cusack (Dutch Albert)
in weiteren Rollen:
Danny Webb (Preacher Pike)
Tim Ahern (Sheriff Parker)
Sam Louwyck (Dumb-Dumb)

Genre:
Western | Drama

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus Never Grow Old | © Koch Media
© Koch Media

Dem beschaulichen Örtchen Garlow ist es dank der überaus präsenten und überaus frommen Kirchengemeinde gelungen, Prostitution, Glücksspiel und Alkohol den Rücken zu kehren und entsprechend friedlich und beschaulich ist es in der kleinen Ortschaft, was einzig für den Bestatter Patrick Tate langsam existenzbedrohend wird. Die Umstände ändern sich allerdings drastisch, als der gesetzlose Dutch Albert mit seiner Bande in dem Ort einfällt und sich breitzumachen beginnt. Insbesondere sucht er auch die Nähe zu Patrick und heuert ihn alsbald für mehr als zwielichtige Begräbnisse an, während er ihm immer wieder indirekt zu drohen versteht. Während Patrick in den Augen der frommen Gemeinde immer mehr in Ungnade fällt, nistet sich Dutch Albert kurzerhand im hiesigen Salon ein und lockt allerhand zwielichtige Gestalten an, während sowohl der Sheriff als auch der Pfarrer der Gemeinde dieser Entwicklung hilflos gegenüberstehen…

Rezension:

Sicherlich kein klassisches Freitagsfilm-Material, ist Never Grow Old dennoch tatsächlich das Beste, von dem ich (filmisch) diese Woche berichten kann, weil er in seiner bewussten Geradlinigkeit und Grimmigkeit genau der fiese, kleine Western gewesen ist, den ich mir erwartet und letztlich auch bekommen habe. Dabei bedient sich Ivan Kavanagh in seiner Doppelfunktion als Drehbuchautor und Regisseur bedient sich dabei ganz klassischer Themen und Ansätze, um eine mehr als schnörkellose Geschichte zu erzählen, die in ihrer Art und Aufmachung vielleicht ein wenig vorhersehbar wirken mag, aber insbesondere atmosphärisch zu punkten versteht. Dabei geht es Kavanagh auch merklich gar nicht mal so sehr um einen spannungsgeladenen Plot, sondern vielmehr einen detaillierten Blick auf menschliche Abgründe und die tun sich hier im weiteren Verlauf zuhauf auf.

Szenenbild aus Never Grow Old | © Koch Media
© Koch Media

Der von John Cusack (Maps to the Stars) mit merklich Spielfreude und Hingabe verkörperte Neuankömmling Dutch Albert gibt natürlich dabei den Archetyp des Fieslings und Antagonisten, der sich seiner Überlegenheit mehr als bewusst ist, die in diesem Fall daraus resultiert, dass er schlichtweg mit weitaus weniger moralischen Skrupeln zu Werke geht als die überaus fromme Gemeinde. So sind es schiere Präsenz und natürlich Waffengewalt, die ihm – allein, weil er es will – schon eine Vormachtstellung in Garlow sichern, derweil das Gesetz – hier vertreten durch einen einsamen und heillos überforderten Sheriff – ihm ratlos und ohne Handhabe gegenübersteht. Und mit dieser amoralischen Überlegenheit macht sich Albert in Never Grow Old zunächst auch den verschüchterten Patrick gefügig, der eben kein Revolverheld aus dem Bilderbuch ist, sondern ein einfacher Bestatter und liebender Familienvater, dem im Grunde gar keine Alternative bleibt, als das Blutgeld seitens Dutch Albert anzunehmen und sich ihm unterzuordnen. Die Stimme der Vernunft obliegt dabei zunächst dessen Frau Audrey (Déborah François), die sich deutlich resoluter gegen die eindringenden Mächte zur Wehr zu setzen gedenkt, die sie und ihren Mann zu korrumpieren versuchen.

Nichtsdestotrotz konzentriert sich Never Grow Old die meiste Zeit vorrangig auf sein Duo aus Patrick Tate und Dutch Albert, wobei die Geschichte die meiste Zeit aus Sicht des zunehmend an sich zweifelnden und mit sich hadernden Bestatters geschildert wird. In dessen Rolle überzeugt Emile Hirsch (Killer Joe) auf ganzer Linie und vermag es vor allem, den inneren Widerstreit deutlich zu machen, der den unbescholtenen, aber auch nicht gerade wehrhaften Bürger zwischen Resignation und Fügsamkeit sowie andererseits Wut und Empörung schwanken lässt. Cusack als Albert derweil fällt es zu, lediglich den hereinbrechenden Schrecken zu verkörpern, dessen Einfluss sich in immer mehr Lebensbereichen der kleinen Ortschaft niederschlägt. Sowohl der Pfarrer als auch der Sheriff – ebenso wie Alberts Gefolge und natürlich Patricks Frau – haben zwar ebenfalls ihren Part zu spielen, doch läuft es eben auf eine Auge-um-Auge-Konfrontation zwischen den beiden Hauptfiguren hinaus. Das Setting als solches ist dabei ähnlich reduziert wie der dramaturgische Aufbau und so spielen weite Teile des Geschehens entweder auf dem leicht abgeschieden gelegenen Hof der Familie Tate oder in Garlow ab, das mit seinen matschigen, unbefestigten Straßen, den kreuz und quer gezimmerten Häuschen und Kemenaten ungemein authentisch daherkommt, was allgemein für das Szenenbild und die Art der Inszenierung gelten darf.

Szenenbild aus Never Grow Old | © Koch Media
© Koch Media

Dabei leistet sich Never Grow Old im weiteren Verlauf auch hie und da die eine oder andere Gewaltspitze, sollte aber im Kern stets als Western-Drama angesehen werden, denn ausgedehnte Schusswechsel oder Duelle zur Mittagszeit wird man hier vergeblich suchen. Stattdessen skizziert Kavanagh ein deutlich weniger romantisiertes, dafür konsequentes und fatalistisches Bild der damaligen Zeit und so endet der Griff zur Waffe nicht selten mit dem Tod, während ein jeder für seine Verfehlungen und Versäumnisse zu büßen hat und der strahlende Revolverheld, der den schon fast plakativ stets in schwarz gewandeten Dutch Albert in seine Schranken weist, auf ewig auf sich warten lässt. Fernab einiger Vorkommnisse am Wegesrand ist der Fortgang der Geschichte entsprechend geradlinig und vorhersehbar und es spricht sehr für die Art der Inszenierung, dass der etwas mehr als anderthalbstündige Reigen dennoch zu keinem Zeitpunkt langweilt. Dennoch möchte ich nicht verhehlen, dass man sicher noch mehr aus der Geschichte hätte machen können, die nichtsdestotrotz mit einer interessanten Prämisse aufwartet und daraus auch einiges zu machen versteht, wenn man eben nicht in Erwartung schießwütiger Kontrahenten an die Sache herangeht.

Fazit & Wertung:

Ivan Kavanagh inszeniert mit Never Grow Old ein zwar die meiste Zeit ruhig erzähltes, aber auch intensiv geschildertes Western-Drama, das mit dreckiger, düsterer Atmosphäre, grimmiger Attitüde und einem vorherrschenden Fatalismus zu überzeugen versteht, derweil der eigentliche Plot zugegebenermaßen geradlinig und schnörkellos daherkommt. Insbesondere dank der beiden Hauptdarsteller Hirsch und Cusack aber ein durchaus überzeugender Genre-Beitrag.

7 von 10 unterschwelligen Drohungen

Never Grow Old

  • Unterschwellige Drohungen - 7/10
    7/10

Fazit & Wertung:

Ivan Kavanagh inszeniert mit Never Grow Old ein zwar die meiste Zeit ruhig erzähltes, aber auch intensiv geschildertes Western-Drama, das mit dreckiger, düsterer Atmosphäre, grimmiger Attitüde und einem vorherrschenden Fatalismus zu überzeugen versteht, derweil der eigentliche Plot zugegebenermaßen geradlinig und schnörkellos daherkommt. Insbesondere dank der beiden Hauptdarsteller Hirsch und Cusack aber ein durchaus überzeugender Genre-Beitrag.

7.0/10
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Never Grow Old ist am 22.08.19 auf DVD und Blu-ray bei Koch Media erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

DVD:

Blu-ray:

vgw

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