Review: Van Gogh – An der Schwelle zur Ewigkeit (Film)

Endlich habe ich auch mal wieder zu einer der heimischen Blu-rays greifen können, die sich hier so stapeln und freue mich, heute von einem Film berichten zu können, der das Arthouse-Label verdienen würde wie kaum ein anderer.

Van Gogh
An der Schwelle zur Ewigkeit

At Eternity’s Gate, IE/CH/UK/FR/USA 2018, 111 Min.

Van Gogh - An der Schwelle zur Ewigkeit | © LEONINE
© LEONINE

Regisseur:
Julian Schnabel
Autoren:
Jean-Claude Carrière
Julian Schnabel
Louise Kugelberg

Main-Cast:
Willem Dafoe (Vincent van Gogh)

in weiteren Rollen:

Rupert Friend (Theo van Gogh)
Mads Mikkelsen (Priest)
Mathieu Amalric (Doctor Paul Gachet)
Emmanuelle Seigner (Md Ginoux)
Anne Consigny (Teacher)
Amira Casar (Johanna Van Gogh)
Oscar Isaac (Paul Gauguin)

Genre:
Biografie | Drama

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus Van Gogh - An der Schwelle zur Ewigkeit | © LEONINE
© LEONINE

Obgleich er schon hunderte Gemälde fertiggestellt und sich in diversen Richtungen ausprobiert hat, ist dem niederländischen Maler Vincent van Gogh bislang kein Erfolg vergönnt gewesen, woraufhin er 1888 mit Mitte dreißig beschließt, ins verschlafene wie malerische Dorf Arles im Süden Frankreichs zu ziehen. Von der Natur inspiriert und betört, erlebt van Gogh alsbald eine Hochphase der Produktivität und malt zahllose Bilder, während er seinen Freund und Kollegen Paul Gauguin einlädt, in der Abgeschiedenheit Gesellschaft zu leisten. Doch immer öfter plagen van Gogh Verwirrtheit und Wahnvorstellungen, er landet in Spitälern und bei ratlosen Ärzten, während man sich zunehmend vor ihm zu fürchten beginnt. Als es dann zum Zerwürfnis mit Gauguin kommt, verliert van Gogh zunehmend Halt und Stabilität, letztlich gar sein linkes Ohr…

Rezension:

Vincent van Gogh war und ist wohl einer der bekanntesten Maler der Geschichte und demnach auch nicht gerade Kunst-Versessenen sicherlich durchgängig ein Begriff, weshalb sich auch schon einige an dessen Geschichte abgearbeitet haben. Und in diesen Reigen gesellt sich nun auch Julian Schnabel als Regisseur von Van Gogh – An der Schwelle zur Ewigkeit, wobei ihm – wie man schnell erkennen wird – kein klassisches Biopic vorgeschwebt haben mag, das er dem Künstler zu widmen gedachte. Das beginnt schon damit, dass er sich in seinem rund zweistündigen Werk auf van Goghs letzte Jahre konzentriert und dabei speziell dessen Schaffensperiode in dem ländlichen Dörfchen Arles im Blick hat, wo die Werke entstanden sind, an die man unweigerlich denken mag, wenn man den Namen van Gogh vernimmt. Neu ist auch, dass Julian Schnabel selbst Maler ist und einen eher impressionistisch geprägten Blick auf das Leben und Wirken von van Gogh wirft, der seinerseits als bedeutender Maler des Post-Impressionismus gilt und dabei Merkmale des Expressionismus vorwegnahm.

Szenenbild aus Van Gogh - An der Schwelle zur Ewigkeit | © LEONINE
© LEONINE

Diesem Umstand geschuldet, ist Van Gogh aber auch nicht unbedingt ein Film für die Massen geworden, denn oft genug ergehen sich Schnabel und dessen Kameramann darin, die Welt aus Sicht von van Gogh einzufangen, schwelgerische, geradezu elegische Landschaftsaufnahmen zu kreieren oder mit wackeliger Handkamera gleich selbst in die Perspektive des Malers zu wechseln, dessen unsteter blick voller Staunen und Inspiration durch die Welt huscht. Speziell die als "Wackelkamera" verschriene Filmweise ließ mich auch anfangs stutzen, wobei sich dieser Part der gefilmten Szenen doch in Summe angenehm zurücknimmt du nur in den ersten Minuten ziemlich dominant wirkt. Der impressionistische Ansatz geht aber noch weiter und man kaum davon sprechen, dass der Film einem gängigen Narrativ folgt, so dass man schnell den Überblick verlieren mag, wie viel Zeit eigentlich genau vergangen ist, deckt Schnabels Film schließlich grob die letzten zweieinhalb Jahre des Künstlers ab, der insbesondere in dieser Zeit unter Alpträumen, Wahnvorstellungen und Verwirrtheitszuständen zu leiden begann, derweil auch das Abtrennen des linken Ohrs weithin bekannt sein dürfte. Interessant hierbei ist, dass sich um die genauen Hintergründe – ausschlaggebend soll ein Streit mit dem befreundeten Maler Paul Gauguin gewesen sein – genauso viele Mysterien ranken wie um van Goghs letztliches Dahinscheiden, so dass Schnabel zwar eine Version der Ereignisse skizziert, in vielem aber auch bewusst vage bleibt.

Dabei zählen die Szenen mit Gauguin durchaus zu den stärksten, aber auch wortreichsten, des Films, wobei der ebenfalls nicht unbekannte französische Maler von einem superb aufspielenden Oscar Isaac (Inside Llewyn Davis) verkörpert wird. Weit schillernder und großartiger ist aber freilich noch die Darstellung von Willem Dafoe (The Hunter) als Vincent van Gogh, die spielend vergessen lässt, dass der Mime rund dreißig Jahre zu alt sein mag, um den damals gerade mal 35 Jahre alten Maler zu verkörpern. Der lässt nämlich in so gekonnter Manier gleichermaßen Leidenschaft und Verwirrung, Passion und Manie, Schmerz und Resignation in van Goghs Gesicht entstehen und spüren, dass man von einer Idealbesetzung sprechen kann, obwohl dem eigentlich mehrere Dekaden an Lebenszeit entgegen stehen würden. Kein Wunder, dass diese Performance sowohl Oscar-, als auch Golden-Globe-Nominierung nach sich gezogen hat, wobei das nur die Spitze der Filmpreisnominierungen darstellt. Die weiteren Bekanntschaften in van Goghs letzten Lebensjahren derweil begrenzen sich überwiegend auf kurze Begegnungen – abgesehen von seinem Bruder Theo (Rupert Friend), der mit wachsender Sorge mehrfach an Vincents Seite eilt –, so dass beispielsweise auch Mads Mikkelsen (Polar) trotz prominenter Nennung im Grunde kaum mehr als ein prägnantes Cameo als Priester absolviert, doch trägt Dafoe den Film natürlich spielend im Alleingang.

Szenenbild aus Van Gogh - An der Schwelle zur Ewigkeit | © LEONINE
© LEONINE

Als Biopic und Charakterstudie ist Van Gogh – An der Schwelle zur Ewigkeit ohne Frage faszinierend, doch muss man eben auch bereit sein, sich der ungewöhnlichen und oft assoziativen Inszenierung zu öffnen, die verständlicherweise nicht überall Anklang finden wird, hier aber inszenatorisch ungemein passend daherkommt. Dabei schwelgt Schnabel weit weniger in den eigentlichen Werken van Goghs, als dass er sich vielmehr dessen Sinneseindrücken und Erleben widmet, wobei man natürlich im Laufe des Films so einiges zu sehen bekommt, was dem Pinsel des Malers entstammt. Durch die Art und Form des Gezeigten vermittelt der Film gleichermaßen Faszination als auch Tragik des jung verstorbenen Malers, der selbst im Film andeutet, "vielleicht […]ein Maler [zu sein] für Menschen, die noch nicht geboren sind". Auf alle Fälle mag man – ungeachtet des persönlichen Geschmacks – Schnabels Versuch einer Annäherung als zutiefst künstlerische Huldigung verstehen, die weniger durch stringente Erzählform, dafür aber umso mehr mit ihren impressionistischen Bildern zu punkten weiß.

Fazit & Wertung:

Julian Schnabel präsentiert mit Van Gogh – An der Schwelle zur Ewigkeit ein mehr als ungewöhnliches Biopic des niederländischen Malers, das sich auf schwelgerisch-impressionistische Art den letzten Lebens- und Schaffensjahren des Künstlers widmet, mit seiner eigenwilligen Inszenierung aber wahrscheinlich auch manchem vor den Kopf stößt.

8,5 von 10 eilends auf die Leinwand gebrachten Gemälden

Van Gogh – An der Schwelle zur Ewigkeit

  • Eilends auf die Leinwand gebrachte Gemälde - 8.5/10
    8.5/10

Fazit & Wertung:

Julian Schnabel präsentiert mit Van Gogh – An der Schwelle zur Ewigkeit ein mehr als ungewöhnliches Biopic des niederländischen Malers, das sich auf schwelgerisch-impressionistische Art den letzten Lebens- und Schaffensjahren des Künstlers widmet, mit seiner eigenwilligen Inszenierung aber wahrscheinlich auch manchem vor den Kopf stößt.

8.5/10
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Van Gogh – An der Schwelle zur Ewigkeit ist am 04.10.19 auf DVD und Blu-ray bei LEONINE erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

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vgw

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