Review: The Card Counter (Film)

Okay, widmen wir uns heute mal einem eher unzugänglichen Film, der aber dennoch einiges an Qualitäten ins Feld führt, mich aber auch nicht hundertprozentig zu überzeugen wusste.

The Card Counter

The Card Counter, USA/UK/CN/SE 2021, 111 Min.

The Card Counter | © LEONINE
© LEONINE

Regisseur:
Paul Schrader
Autor:
Paul Schrader

Main-Cast:
Oscar Isaac (William Tell)
Tiffany Haddish (La Linda)
Tye Sheridan (Cirk)
Willem Dafoe (Gordo)

Genre:
Krimi | Drama | Thriller

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus The Card Counter | © LEONINE
© LEONINE

Nachdem William Tell lange Jahre im Gefängnis verbracht hat, reist er nun von Stadt zu Stadt und verdient sich sein spärliches Salär als Kartenzähler beim Blackjack in kleineren Casinos. Auch dem Pokern ist William nicht abgeneigt und vermag überproportional häufig zu gewinnen, hält sich aber auch hier vornehmlich bedeckt und gewinnt nie so viel, dass man ihm argwöhnen würde. Eines Tages, William lauscht einem Vortrag bei einer Sicherheitskonferenz, begegnet ihm der junge Cirk. Der will William für seine Rachepläne einspannen, denn der Vortragende ist niemand Anderes als Gordo, einer der Befehlshaber und Hintermänner der Gräueltaten und Folterungen in Abu-Ghraib. Während aber viele Soldaten schwer bestraft und weggesperrt wurden – Cirks Vater indes hat sich das Leben genommen –, blieb Gordo unbehelligt. Als einer dieser inhaftierten Soldaten sollte es Tell doch ein Anliegen sein, ihm das Handwerk zu legen, doch hat er wenig Interesse, seine Vergangenheit wiederaufleben zu lassen und nimmt lieber das Angebot an, sich für die Teilnahme an einem großen Pokerturnier bezahlen zu lassen. Im Schlepptau hat er nun allerdings auch Cirk, der die Sache noch längst nicht auf sich beruhen lassen will…

Rezension:

Mir persönlich ist der hier nun in Personalunion als Regisseur und Drehbuchautor in Erscheinung tretende Paul Schrader am ehesten bekannt durch seine Kollaborationen mit Martin Scorsese, namentlich dem Kultfilm Taxi Driver und dem kaum minder sehenswerten Bringing Out the Dead. Und natürlich ist es nur logisch, naheliegend und wenig überraschend, dass sich bestimmte Elemente und Motive auch hier finden, schließlich haben alle Autor*innen so ihre Themen und Schwerpunkte. Dennoch ist The Card Counter aber natürlich ein auch für sich allein zu bestehen wissendes Werk, dem man allerdings die Handschrift von Schrader durchaus anmerkt. Der vermag es zuweilen dann auch, gewisse Erwartungen zu unterlaufen, wenn sich die Geschichte dann eben gerade nicht in die erwartete Richtung entwickelt, doch die meiste Zeit ist es dann doch ein gleichermaßen geradlinig inszeniertes wie dennoch undurchschaubares Geschehen, auf das man sich hier einlässt.

Szenenbild aus The Card Counter | © LEONINE
© LEONINE

So liegen hier Licht und Schatten – leider, so muss man sagen – nah beieinander, denn wenn sich der Film in großen Teilen vornehmlich als Charakter-Drama versteht und präsentiert, kommt es ihm eben leider nicht zupass, dass Protagonist William Tell sich nicht nur beim Pokern nicht in die Karten schauen lässt. William erzählt und kommentiert zwar durchaus einiges aus dem Off, doch geht es dabei überwiegend um Regeln, Taktiken und Fachbegriffe beim Blackjack oder Pokern, nicht etwa Erklärungen dafür, was in ihm vorgeht oder weshalb er sein Motelzimmer-Interieur ausnahmslos in weiße Laken hüllt. Nicht falsch verstehen, ein Hauch des Mysteriösen und Unnahbaren braucht so verkehrt nicht sein, doch gibt sich die Figur bis zuletzt dermaßen verschlossen, dass es zwar als Charakterporträt, jedoch nicht als -studie taugen mag. Umso aufrüttelnder, surrealer und erschreckender gerät dadurch immerhin der erste alptraumhafte Ausflug nach Abu-Ghraib, der in seiner experimentell-verstörenden Machart seinesgleichen sucht und durch Mark und Bein geht. Sicherlich lassen sich hier dann auch mit Leichtigkeit Gründe finden, weshalb sich William Tell der Welt so verschließt, doch gehen die erzählerischen Aspekte Folter-Vergangenheit und Casino-Gegenwart leider nur schwerlich Hand in Hand.

Das erstreckt sich dann leider auch im weiteren Verlauf als Urteil auf die weiteren Figuren, denn egal ob es sich um die Zockermanagerin La Linda (Tiffany Haddish) oder den rachsüchtigen Cirk (Tye Sheridan, The Night Clerk) handelt, sie beide gewinnen nur unzureichend an Profil und sind merklich lediglich Begleiterscheinungen im Leben von William Tell, während man sich manches Mal zu fragen beginnt, was ihn dazu veranlasst, sich ausgerechnet diesen beiden Personen hinzuwenden, denn von "sich öffnen" kann auch hier meist keine Rede sein. Fairerweise muss man aber auch festhalten, dass diese Unnahbarkeit nichts daran ändert, dass Oscar Isaac (Moon Knight) wieder einmal eine großartige Performance abliefert, denn so still und introvertiert sein Charakter hier auch skizziert wird, wenn er selbst in der nur vermeintlich schillernden Welt der Casinos schier mit der Umwelt zu verschmelzen scheint, so eruptiv und erschreckend sind die wenigen Ausbrüche seiner Figur, die dann doch auf wortlose Art tief blicken lassen.

Szenenbild aus The Card Counter | © LEONINE
© LEONINE

Dadurch ist und bleibt The Card Counter ein durchaus noch sehens- und lohnenswerter Film, fühlt sich doch aber sehr in der Arthouse-Ecke wohl und dürfte manche verprellen, die sich etwas Konventionelleres und Aussagekräftigeres gewünscht hätten als dieses zuweilen beinahe lethargisch zu nennende Drama mit seinen experimentellen Ausbrechern. Die gehören derweil zu den Highlights schlechthin, gerade weil sie sich so gar nicht in die sonst so biedere Erzählung einfügen wollen und das freilich auch gar nicht sollen, handelt es sich schließlich um unbestrittene und unumstößliche Grausamkeiten, die eben hier auch maßgeblich dafür verantwortlich sind, dass William Tell sich dergestalt der Welt verschlossen hat. Wermutstropfen bei diesem zentralen Konflikt ist allerdings, dass Willem Dafoe (Van Gogh) als Antagonist Gordo gefühlt nur eine Stippvisite absolviert und die meiste Zeit durch Abwesenheit glänzt. Kein Wunder aber, konzentrieren sich schließlich weite Teile des Films eben auch auf das namensgebende Kartenzählen und da spielt Gordo und ganz allgemein Williams Vergangenheit eben überhaupt keine Rolle.

Fazit & Wertung:

Paul Schrader liefert mit The Card Counter ein durchaus vielschichtiges und ambitioniertes Werk, doch gehen die einzelnen Versatzstücke und Ansätze nicht immer reibungslos Hand in Hand, derweil es ein zwar wortkarg, aber umso pointierter agierender Oscar Isaac ist, der den Film zusammenhält. Sehenswert, aber mitnichten zugängliche, geschweige denn leichte Kost.

7 von 10 Tricks und Taktiken beim Kartenzählen

The Card Counter

  • Tricks und Taktiken beim Kartenzählen - 7/10
    7/10

Fazit & Wertung:

Paul Schrader liefert mit The Card Counter ein durchaus vielschichtiges und ambitioniertes Werk, doch gehen die einzelnen Versatzstücke und Ansätze nicht immer reibungslos Hand in Hand, derweil es ein zwar wortkarg, aber umso pointierter agierender Oscar Isaac ist, der den Film zusammenhält. Sehenswert, aber mitnichten zugängliche, geschweige denn leichte Kost.

7.0/10
Leser-Wertung 0/10 (0 Stimmen)
Sende

The Card Counter ist am 27.05.22 auf DVD und Blu-ray bei Weltkino Filmverleih im Vertrieb von LEONINE erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

DVD:

Blu-ray:

vgw

Sharing is Caring:

Hinterlasse einen Kommentar