Review: The Green Knight (Film)

Kommen wir heute mal wieder zu einem ganz und gar ungewöhnlichen, aber auch samt und sonders sehenswerten Film, der allerdings sicherlich in seiner manchmal etwas sperrigen Art die Meinungen spalten wird oder bereits hat. Ich für meinen Teil habe viel Gefallen dran gefunden, muss aber auch sagen, dass es zuweilen gern ein wenig konkreter hätte sein dürfen. Aber was greife ich schon wieder vor, schließlich habe ich mehr als genug zu diesem Fantasy-Reigen geschrieben und das folgt jetzt.

The Green Knight

The Green Knight, IE/CA/USA 2021, 130 Min.

The Green Knight | © EuroVideo
© EuroVideo

Regisseur:
David Lowery
Autor:
David Lowery

Main-Cast:

Dev Patel (Gawain)
Alicia Vikander (Essel / The Lady)
Joel Edgerton (The Lord)
Sarita Choudhury (Mother)
Sean Harris (King)
Ralph Ineson (Green Knight)

Genre:
Abenteuer | Drama | Fantasy

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus The Green Knight | © EuroVideo
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Während man sich am Weihnachtsabend im Thronsaal von König Arthur genüsslich Speis und Trank zuwendet, reitet eine knorrige, ja geradezu baumartige Gestalt auf ihrem Pferd herein und lädt zu einer Art Weihnachtswettkampf, dessen simple Finesse darin besteht, dass ein Freiwilliger den Grünen Ritter schlagen möge, einzig bedenkend, dass der Ritter es ihm in einem Jahr und einem Tag mit ebenjenem Schlag vergelten werde. Gawain, noch nicht ganz ein Ritter, doch längst kein Junge mehr, ist es ohnehin ein Dorn im Auge, dass niemand eine Heldengeschichte von ihm zu erzählen wüsste und s meldet er sich freiwillig, dem Grünen Ritter zu begegnen. In dem Willen, den Anwesenden zu imponieren, schlägt er dem Ritter mit einem einzigen Hieb den Kopf ab, nur um zu beobachten, wie der Ritter sein abhandengekommenes Haupt aufsammelt und davonreitet, wissend, dass man sich in einem Jahr erneut begegnen wird. Besagtes Jahr vergeht freilich viel zu schnell und während Weihnachten naht, hadert der junge Gawain mit seinem Schicksal, entschließt sich aber letztlich, den Weg zur Kapelle anzutreten, wo ihn der Grüne Ritter erwartet…

Rezension:

Zu meinem großen Glück wusste ich ja dank David Lowerys A Ghost Story grob, was für eine Art Film mich erwarten würde, denn ich kann und mag mir kaum ausmalen, wie es jemandem erginge, der The Green Knight mit der Erwartungshaltung zu sehen beginnt, ein klassisches Mittelalter-Abenteuer oder gar Mainstream-Fantasy präsentiert zu bekommen. Vom Look und der Optik her mag sich das Werk sicherlich kaum verstecken brauchen, doch davon abgesehen gibt es nicht mehr allzu viel, womit Regisseur und Autor Lowery das Publikum nicht zu verprellen imstande wäre, denn egal, ob es um ein dramaturgisches Konzept in drei Akten, eine zufriedenstellende Auflösung oder tiefschürfend charakterisierte (Neben-)Figuren geht, Enttäuschung lauert theoretisch allerorten bei diesem Film, der sich so ziemlich allem verweigert und verschließt, was man dieser Tag als üblich betrachten würde.

Szenenbild aus The Green Knight | © EuroVideo
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Stattdessen erwartet einen eine mehr assoziativ inszenierte und episodisch angelegte Heldenreise mit einem verkappten Ritter in spe, der so ziemlich alle Tugenden missen lässt, die ihn als Ritter unter König Arthur prädestinieren könnten, was ihm aber freilich selbst kaum gewahr wird. Das kann man mögen oder verurteilen, doch Fakt ist, dass The Green Knight zwar keine einfachen Antworten liefert und auch nicht mit der einen unumstößlichen Deutungshoheit entschlüsselt werden könnte, dafür aber im Subtext so einiges mit sich bringt, über das es sich nachzudenken lohnt. Ob es nun um die Tugenden des Rittertums gehen mag, und wie Gawain ihnen gerecht zu werden versucht (und dabei scheitert), ob es um das Spannungsverhältnis zwischen Christentum und Paganismus, Gesellschaft und Natur gehen mag, der Film bietet einiges an, derweil allein die zahllosen Begegnungen für Gawain als solche natürlich schon vor inszenatorischer Finesse strotzen und audiovisuell einiges bereithalten, wenn man sich eben nicht schon dem Verdruss ergeben hat, einen dergestalt eigenwilligen Film vorgesetzt zu bekommen.

So bin ich zwar durchweg fasziniert gewesen von The Green Knight, aber nicht durchweg begeistert, weil gerade diese fragmentarische Art des Erzählens zu Lücken und Irritationen führt, die sich auch nicht mit "künstlerischem Anspruch" wegdiskutieren lassen. Mancherorts drängt sich auch das Gefühl auf, Lowery habe seine Inszenierung auch einfach ganz bewusst kryptisch gehalten, wie etwa, was das Aufeinandertreffen mit einer Schar Wegelagerer anbelangt oder auch die Tatsache, dass Alicia Vikander (Liebe zwischen den Meeren) als "Essel" und "The Lady" in einer Doppelrolle besetzt worden ist. Darüber hinaus, wenn man den Vergleich zum Quellenmaterial, der ursprünglichen Geschichte Sir Gawain and the Green Knight nicht scheut, nimmt sich Lowery einige Freiheiten heraus. Manches Mal sind diese mehr als nachvollziehbar, wie etwa, dass Gawain in der Filmfassung noch längst kein "fertiger" Ritter ist, was dessen Heldenreise wie auch sein inneres Zerwürfnis unterstreicht, manches wird aber lediglich rätselhafter, was die Rolle von Lord und Lady angeht, aber auch die Moral von der Geschicht und ihre Auflösung, denn auch in dieser Hinsicht bleibt der Film bewusst vage und deutungsoffen. Umso bemerkenswerter ist in diesem Kontext die Leistung von Dev Patel (Lion), denn mehr als einmal entpuppt sich dessen Gawain auch als ungemein fehlbar und opportun, was ihn nicht unbedingt zum Sympathieträger in seinem eigenen Film macht, der wohlgemerkt in dieser Fassung aber auch nicht einmal seinen Namen trägt.

Szenenbild aus The Green Knight | © EuroVideo
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Viel von dem, was man aus dem Film aber möglicherweise mitzunehmen vermag, ob es sich hierbei nun um Gedanken oder auch Eindrücke und Gefühle handelt, steht und fällt mit dem Anspruch, was man sich von The Green Knight erhofft und erwartet, denn in der Beziehung gibt sich der Film meines Erachtens sogar noch ein wenig sperriger als Lowerys eingangs erwähnte Gespenstergeschichte, die immerhin noch einem klar nachvollziehbaren Narrativ folgt, während hier nicht einmal ersichtlich ist, warum der Film teils quasi alternative Zeitlinien erforscht oder warum Lowery beispielsweise die Begegnung mit Winifred hinzugedichtet hat, wie sie in der ursprünglichen Erzählung nicht vorkommt. Trotz der vielen Fragezeichen, die der Film aber in jedem Fall hinterlässt, gelingt David Lowery gleichsam aber auch ein allgemeingültiges, in vielen Punkten allegorisches Heldenepos der etwas anderen Art, voller ikonischer Bilder und Begegnungen, das sich im Grunde auch inszenatorisch am Ausgangsmaterial orientiert und dennoch selbstbewusst eigene Wege geht.

Fazit & Wertung:

David Lowery schafft mit The Green Knight eine höchst eigenwillige, aber auch überaus sehenswerte Interpretation der Heldenreise, auf die sich der angehende Ritter Gawain begibt, um seinem Schicksal zu begegnen und sich seiner Bestimmung zu stellen. Die episodische, oft assoziative Inszenierung lässt dabei viele Deutungsmöglichkeiten zu und offen, verweigert sich aber gleichsam einer klassischen Dramaturgie, was man berücksichtigen sollte, bevor man sich auf diesen zweistündigen Reigen einlässt.

7,5 von 10 Etappen einer beschwerlichen Reise

The Green Knight

  • Etappen einer beschwerlichen Reise - 7.5/10
    7.5/10

Fazit & Wertung:

David Lowery schafft mit The Green Knight eine höchst eigenwillige, aber auch überaus sehenswerte Interpretation der Heldenreise, auf die sich der angehende Ritter Gawain begibt, um seinem Schicksal zu begegnen und sich seiner Bestimmung zu stellen. Die episodische, oft assoziative Inszenierung lässt dabei viele Deutungsmöglichkeiten zu und offen, verweigert sich aber gleichsam einer klassischen Dramaturgie, was man berücksichtigen sollte, bevor man sich auf diesen zweistündigen Reigen einlässt.

7.5/10
Leser-Wertung 9/10 (1 Stimmen)
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The Green Knight ist am 09.12.21 auf DVD, Blu-ray und 4K UHD Blu-ray bei EuroVideo erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

DVD:

Blu-ray:

vgw

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Eine Reaktion

  1. Wortman 25. April 2022

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