Eigentlich hätte ich heutigen Artikel gern im Oktober schreiben und veröffentlichen wollen, womit es nur einer von vielen Horrorfilmen (im weiteren Sinne) gewesen wäre, denen ich mich hätte widmen wollen. So beginne ich nun stattdessen erst jetzt mit der nachträglichen Aufarbeitung, was letztendlich aber auch keinen Unterschied macht, wie ich finde.
Glass
Glass, USA/CN 2019, 129 Min.
© Walt Disney
M. Night Shyamalan
M. Night Shyamalan
James McAvoy (Patricia / Dennis / Hedwig / The Beast / Barry / Heinrich / Jade / Ian / Mary Reynolds / Norma / Jalin / Kat / B.T. / Kevin Wendell Crumb / Mr. Pritchard / Felida / Luke / Goddard / Samuel / Polly)
Bruce Willis (David Dunn)
Samuel L. Jackson (Elijah Price)
Anya Taylor-Joy (Casey Cooke)
Sarah Paulson (Dr. Ellie Staple)
Spencer Treat Clark (Joseph Dunn)
Drama | Horror | Thriller
Trailer:
Inhalt:
© Walt Disney
Gemeinsam mit seinem Sohn betreibt der unverwundbare David Dunn eine Sicherheitsfirma, wobei die gleichzeitig als Fassade fungiert, denn Hauptaugenmerk von David liegt auf seinen nächtlichen Streifzügen, um Verbrecher und dergleichen in ihre Schranken zu weisen. Seit geraumer Zeit schon sucht David nun nach dem an einer dissoziativen Identitätsstörung leidenden Wendell Crumb, der seinerseits vier Cheerleaderinnen entführt hat. Dank Davids einzigartiger Kraft, Menschen mit einer einzigen Berührung zu durchschauen, kommt er Wendell und seien zahllosen Alter Egos recht bald auf die Spur, muss aber auch die Bekanntschaft mit der "Bestie" machen, die in Wendells Innerem lauert. Zu dem fulminanten Aufeinandertreffen gesellen sich alsbald aber auch Einsatzkräfte der Polizei und sowohl David als auch Wendell werden in eine psychiatrische Einrichtung verbracht, wo sich mit Elijah Price alias Mr. Glass noch ein alter Bekannter von David Dunn befindet. Dr. Ellie Staple derweil hat es sich nun zur Aufgabe gemacht, die Inhaftierten davon zu überzeugen, nicht wirklich Superkräfte zu besitzen, was sich allerdings als nicht gerade leichte Aufgabe erweist…
Rezension:
Dem Gefühl nach habe ich ähnlich lange gebraucht, mich an Glass heranzuwagen, wie Shyamalan benötigt hat, seine – wohlgemerkt im Nachhinein – schon immer so konzipierte Superhelden-und/oder-Comic-Huldigungs-Trilogie zu vervollständigen, deren Grundstein er immerhin bereits um die Jahrtausendwende mit Unbreakable gelegt hat. Dabei entbehrt es durchaus nicht einer gewissen Tragik, sich den Film jetzt erst anzusehen, nachdem Bruce Willis aufgrund diagnostizierter Aphasie mittlerweile sein Karriereende verkündet hat. Gemessen daran, dass ihm in den vergangenen Jahren eine gewisse Lustlosigkeit bei der Interpretation seiner Rollen unterstellt worden ist, macht er hier allerdings als David Dunn eine durchaus überzeugende Figur, auch wenn es sicherlich nicht überraschen wird, dass sowohl er als auch alle anderen einmal mehr von James McAvoy an die Wand gespielt werden, der, wie schon drei Jahre zuvor in Split, Wendell Crumb – und damit gleich ein ganzes Konsortium an Figuren – verkörpert, was auch hier wieder ungemein faszinierend gerät. Damit war es das aber leider auch in Sachen Faszination, denn ansonsten ist der als Höhepunkt und Abschluss der Reihe angedachte Teil leider eher enttäuschend geraten, wenn man von gelungenen Einzelmomenten und Meta-Spielereien einmal absieht.
© Walt Disney
Die nunmehr als Unbreakable- oder auch Eastrail-177-Trilogie betitelte Reihe erhält damit einen eher unrühmlichen Abschluss, auch wenn ich es keinesfalls bereue, Glass eine Chance gegeben zu haben. Doch wenn schon das Erscheinen von David Dunn am Ende von Split irritiert haben mag, merkt man hier umso mehr, dass alte Ideen neu arrangiert worden sind, während man einiges hinzugebastelt hat, um letztlich quasi irgendwie auf Spielfilmlänge zu kommen. Das geht mal mehr, mal weniger gut, doch nach einem vielversprechenden Auftakt und der ersten Begegnung zwischen Dunn und Bestie flacht das Geschehen leider zusehends ab, was unter anderem an dem Sanatoriums-Setting liegen mag. Das hat man einmal zu oft bereits in exakt dieser Form gesehen und als würde es nicht genügen, dass die gesamte Szenerie schier "Low Budget!" zu rufen scheint, wirkt das Ganze auch noch optisch und inszenatorisch eher eintönig. Dabei wäre die Kulisse ja wie gemacht für einen psychologischen (Horror-)Thriller, wie die Filme gerne zuweilen kategorisiert werden, doch was hier an Therapiesitzungen und Gesprächen mit Dr. Ellie Staple (Sarah Paulson, American Horror Story) kredenzt wird, kommt ebenfalls kaum über Westentaschen-Psychologie hinaus.
Vor allem aber – und das war mir aufgrund der persönlichen Erwartungshaltung ein Dorn im Auge – spielt der namensgebende Glass und somit Samuel L. Jackson (Killer’s Bodyguard) hier nicht einmal die zweite Geige, denn während Crumb die Szenerie dominiert und Dunn zumindest dessen – freilich ebenfalls inhaftierten – Kontrahenten gibt, glänzt Glass zunächst durch buchstäbliche Apathie, auch wenn man längst kein Genie sein muss, zu ahnen, dass das womöglich nur gespielt ist. So konzentriert sich dann Glass auch weitaus mehr darauf, die bis dato nur lose zusammenhängenden Filme und Geschichten miteinander zu verknüpfen, als auf der eigentlichen Genre-Ebene zu punkten, denn spannend, gruselig, beklemmend oder überraschend ist der Film im originären Sinne selten, sondern mäandert die meiste Zeit so vor sich hin. Und so begrüßenswert es dann beispielsweise grundsätzlich sein mag, dass man unter anderem Anya Taylor-Joy (Das Damengambit) hat gewinnen können, spielt ihre Figur im eigentlichen Ablauf der Ereignisse eine weitestgehend zu vernachlässigende Rolle, was leider auch für die weiteren Figuren gilt, mit denen Shyamalan in letzter Konsequenz wenig anzufangen weiß.
© Walt Disney
Stattdessen treibt er seine Meta-Ebene der Comic-Anspielungen zusehends auf die Spitze, was mir grundsätzlich durchaus gefallen hat – oder zumindest hätte –, denn leider entbehrt es Glass oftmals einer grundlegend überzeugenden oder einnehmenden Dramaturgie, während das Aufeinandertreffen der drei "Begabten" natürlich reichlich konstruiert und gewollt wirkt. Ins selbe Horn stößt dann auch ein mehr als hanebüchener Twist gegen Ende, den sich der Regisseur wohl mal wieder nicht hat verkneifen können und der einmal mehr versucht, vieles in ein neues Licht zu rücken, was hier aber krachend scheitert. Krachen ist ansonsten aber ein gutes Stichwort, denn selbst, wenn man es am Ende vermeintlich noch mal krachen lassen möchte, mündet das Ganze letztlich – überspitzt formuliert – in eine Parkplatz-Rangelei. So gibt es zwar allerhand überzeugende Performances, manch gelungene Idee und Szene und grundsätzlich stimmiges Setting, doch scheitert der Film an so vielen Fronten entweder am eigenen Anspruch oder der Tatsache, dass er wie gewollt hinten drangeklatscht wirkt, dass es schon nicht mehr feierlich ist. Da mag man dann durchaus dankbar sein, dass dies der Abschluss der Trilogie ist, die es wohl so nie gebraucht hätte, denn bei diesem Fokus auf Wendell Crumb hätte man auch schlicht "Split 2" drehen und es dabei bewenden lassen können.
Glass
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Erfolglose Therapie-Versuche - 5.5/10
5.5/10
Fazit & Wertung:
Für Genre-Fans und vor allem Anhänger der vorangegangenen zwei Filme Unbreakable und Split mag M. Night Shyamalans Glass gerade noch funktionieren, aber eigentlich weiß er sich weder als Einzelwerk noch Trilogie-Abschluss so richtig zu behaupten. Dafür wirkt die Geschichte schlicht zu überschaubar und konstruiert, während die vermeintliche Hauptfigur die meiste Zeit doch arg stiefmütterlich behandelt wird.
Glass ist am 23.05.19 auf DVD, Blu-ray und 4K UHD Blu-ray bei Walt Disney erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!
DVD:
Blu-ray:
Ich zitiere mich mal selbst: “Für mich einer der intelligentesten Superheldenfilme ever und ein grandioser Abschluss einer Trilogie, die wohl niemand vermutet hatte, als Unbreakable 2000 in den Kinos lief. Außerdem: James McAvoy! 😮 10 von 10 Punkten” Ich scheine mit dieser Meinung etwas alleine dazustehen, aber ich bin einfach eine “Shyamalan-Versteherin”. ;)