Und da wären wir auch schon wieder mit einer neuen und aktuellen Film-Kritik zu einem Werk, das – so ehrlich muss man auch mal sein – allein aufgrund von Ewan McGregors Mitwirken mein Interesse geweckt hat, gehört er schließlich schon seit langen Jahren zu meinen Lieblingsschauspielern und wusste mich schon in unterschiedlichsten Rollen zu begeistern. Hier nun darf er mal, was selten genug vorkommt, den Bösewicht mimen, doch ob das reicht, um den Film sehenswert zu machen, das müsst ihr schon selbst nachlesen in dem Text, der nun kommt.
Son of a Gun
Son of a Gun, AU 2014, 108 Min.
© Ascot Elite
Julius Avery
Julius Avery
Jacek Koman (Sam Lennox)
Matt Nable (Sterlo)
Tom Budge (Josh)
Krimi | Drama | Thriller
Trailer:
Inhalt:
© Ascot Elite
Aufgrund einer kleinen Straftat kommt der neunzehnjährige Jesse Ryan – JR genannt – für ein halbes Jahr in eine australische Justizvollzugsanstalt. Während er sich anfangs bemüht, sich bedeckt zu halten und kein Aufsehen zu erregen, gerät er ins Visier seiner Mithäftlinge, als er seinen Zellenkumpan vor einem neuerlichen sexuellen Übergriff bewahren möchte. Verständlicherweise sind dessen Peiniger alles andere als erbaut und haben bald den vergleichsweise schwächlichen JR ebenfalls als Opfer im Visier, doch der wird gerade im richtigen Moment unter die Fittiche des berühmt-berüchtigten Räubers Brendan Lynch genommen, der im Gegenzug von JR fordert, ihn nach seiner Entlassung zu befreien, müsste Lynch schließlich ansonsten noch wenigstens zwanzig Jahre absitzen.
Die Monate vergehen, JR wird entlassen und nimmt Kontakt zu Brendan Lynchs früherem Auftraggeber Sam Lennox auf, der ihm Geld und Unterkunft besorgt. Sein Glück noch gar nicht fassen könnend, begegnet JR prompt der hübschen Tasha, in die er sich umgehend verguckt, doch zunächst gilt es, Lynch zu befreien und tatsächlich gelingt der Plan. Frisch in die Freiheit entlassen, plant Lynch, erst einmal Gras über die Sache wachsen zu lassen, doch sein Freund Sam lockt ihn mit einem unsagbar lukrativen Job und prompt ist er wieder mitten im Geschäft – und mit ihm JR, der noch längst keine Ahnung hat, wie die Geschäfte in dem Business laufen und der sich lieber früher als später mit Tasha und einem Batzen Geld absetzen wollen würde.
Rezension:
Ein Gangsterfilm aus Down Under namens Son of a Gun – seines Zeichens Regiedebüt von Kurzfilm-Awardpreisträger Julius Avery – mit Ewan McGregor scheint auf den ersten Blick eine recht sichere Wahl zu sein, verspricht der Film schließlich allein schon in den gerade einmal 108 Minuten Spielzeit wild durch zahlreiche Genres zu mäandern, sich vom Knast-Drama zum Flucht-Actioner, von dort zum Heist-Film und schlussendlich zum Rache-Thriller zu wandeln und dabei die ungleiche Partnerschaft zwischen McGregors berühmt-berüchtigten Brendan Lynch und Brenton Thwaites‘ Rolle des neunzehnjährigen JR als dessen Protegé in Szene zu setzen, die – wie sollte es auch anders sein – von üblichen Konfliktherden, vor allem natürlich Geld, Frauen und Misstrauen auf die Probe gestellt wird. So scheint es zumindest, denn die Wahrheit ist leider viel simpler, der Plot weit vorhersehbarer und die Figuren weit schablonenhafter, als man gehofft hätte, doch das größte Problem des Films ist schlicht und ergreifend, dass er, welches Genre er auch gerade zu bedienen versucht, auf so ziemlich jedes Klischee und jedes abgedroschene Handlungskonstrukt, jede altbekannte Figurenkonstellation zurückgreift und dem jeweiligen Sujet nichts, aber wirklich gar nichts neues hinzuzufügen weiß.
© Ascot Elite
Das beginnt schon mit der einleitenden Geschichte im Knast, die aber zumindest mit gerade einmal siebzehn Minuten Dauer zumindest schnittig und nicht gerade weitschweifig erzählt wird, wobei dadurch eben auch deutlich wird, dass hier lediglich der Aufhänger für die Geschichte von Son of a Gun geschaffen wird und die Szenen einzig den selbstzweckhaften Zweck erfüllen, aufzuzeigen, wie Brendan und JR aneinandergeraten sind. Es folgt, was folgen muss, denn Thwaites‘ Figur wird, prompt dass sie aus dem Gefängnis entlassen worden ist, vom schönen Schein der Unterwelt gelockt und mit luxuriösem Appartement und reichlich Bargeld gefügig gemacht, während er eine reizende junge Frau kennenlernt, die ebenfalls unter die Fittiche der Verbrecher geraten ist und mit der JR abzuhauen träumt, doch zunächst gilt es, Brendan Lynch aus dem Gefängnis zu befreien, womit die Probleme natürlich erst richtig anfangen. So weit, so bekannt, ist das wirklich alles nett erzählt und Alicia Vikander als Love-Interest macht eine wirklich gute Figur, schafft es aber auch nicht, ihrer Rolle großartig Charakter zu verleihen, weil das Drehbuch ihr da auch gar keine Chance zu geben möchte, ist ihre Existenz an sich schließlich gänzlich plotgebunden und dient nur dazu, einen neuerlichen Konflikt zwischen Brendan und JR zu schüren, der sich bis zum Ende des Films durchziehen wird.
Es schließt sich der Heist-Part des Films an, denn Brendan Lynch, frisch dem Gefängnis entflohen, leckt natürlich sofort Blut, als ihm reichlich Geld in Aussicht gestellt wird. Auch hier, alles nett, alles schön, aber in keiner Sekunde überraschend, anders oder neu, einfach nur routiniert gefilmt und gespielt, ein Raub wie er im Buche steht, inklusive der gängigen Fehlschläge, Verluste und Verfolgungsjagden. Da gelingt es selbst McGregor nicht, seiner Figur Tiefe zu verleihen und das, obwohl dieser Brendan Lynch eigentlich eine richtig interessante, abgründige, charismatische Figur sein könnte und überhaupt noch das Interesse an dem Film bestehen bleiben lässt, denn er allein ist, der zumindest mit einem eigentümlichen Moralkodex und einem schubladenartigen Klischee- und Rollendenken bei Son of a Gun noch etwas hätte reißen können, doch Avery scheint sich dieser Möglichkeiten und des Charismas von McGregor und seiner Figur nie bewusst gewesen zu sein, denn anders ist es nicht zu erklären, dass der Fokus stattdessen vollends auf dem merklich blasseren und uninteressanteren JR liegt und Brendan Lynch nur ganz knapp vor Vikanders Figur Tasha die zweite Geige in dem Streifen spielen darf.
© Ascot Elite
Nein, irgendwie hat man das alles schon gesehen und das oft auch weitaus besser, obwohl das australische Setting, die Kameraarbeit, der Look des Films und der Figuren durchaus zu gefallen wissen, sogar die auf den ersten Blick waghalsige Genremixtur überraschend leichtfüßig ein ums andere Mal den Wechsel zu vollziehen versteht und für gesteigerte Kurzweil sorgt, aber dadurch, dass wirklich keine Entwicklung des Films, kein Charakter, ja selbst kein Dialog irgendeine Überraschung bereithält, wähnt man sich allenthalben in einem nicht ganz zweistündigen Déjà-vu gefangen, sofern man in seinem Leben schon irgendwann einmal einen (guten) Film aus einem der genannten Genres gesehen hat, was dann auch wieder die Kurzweil zu unterminieren droht. Son of a Gun ist also handwerklich durchaus gelungen und auch ansprechend besetzt, ist ansonsten aber so sehr Mittelmaß, wie ich es noch nie bei einem Film erlebt habe, ja er ist nicht einmal schlecht, in dem was er tut oder gerne sein möchte, aber auch nicht gut, nicht langweilig, aber auch nicht spannend. Ein Film, der schwierig zu produzieren gewesen sein muss, denn all diese Klischees und Versatzstücke abzugrasen, erfordert schon einiges an Durchhaltevermögen.
Son of a Gun
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Begründete Anfälle von Misstrauen und Paranoia - 5/10
5/10
Fazit & Wertung:
Julius Averys Son of a Gun weiß optisch zu gefallen und punktet mit einem grimmigen Ewan McGregor, doch der Plot als solches ist so inspirationslos wie vorhersehbar, dass keine der Stationen des Films in irgendeiner Weise zu überraschen weiß, was natürlich auf lange Sicht den Unterhaltungswert des eigentlich ganz ordentlich produzierten Krimi-Thrillers merklich nach unten zieht, weil frische Ideen hier echte Mangelware sind.
Meinungen aus der Blogosphäre:
Cellurizon: 3/10 Punkte
Son of a Gun ist am 14.04.15 auf DVD und Blu-ray im Vertrieb von Ascot Elite erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!
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