Review: The Master (Film)

Komm, einer geht noch, hab ich mir so gedacht, also Artikel meine ich, genauer im September, denn der ist in kaum vier Stunden rum. Von daher ein letztes Mal: Hier meine neueste Film-Kritik für den heutigen Abend:

The Master

The Master, USA 2012, 144 Min.

The Master | © Senator
© Senator

Regisseur:
Paul Thomas Anderson
Autor:
Paul Thomas Anderson

Main-Cast:
Joaquin Phoenix (Freddie Quell)
Philip Seymour Hoffman (Lancaster Dodd)
Amy Adams (Peggy Dodd)
in weiteren Rollen:
Laura Dern (Helen Sullivan)
Ambyr Childers (Elizabeth Dodd)
Jesse Plemons (Val Dodd)
Rami Malek (Clark)
Kevin J. O’Connor (Bill William)
Christopher Evan Welch (John More)
Madisen Beaty (Doris Solstad)
Lena Endre (Mrs. Solstad)
Patty McCormack (Mildred Drummond)

Genre:
Drama

Trailer:

 

Inhalt:

Freddie Quell kehrt traumatisiert und zerrüttet aus dem Zweiten Weltkrieg zurück und in Ermangelung von Alternativen nimmt der gelernte Fotograf so ziemlich jeden Job an, doch hält es ihn nie lange an einem Ort, was mitunter daran liegt, dass er mit seinen Vorgesetzten, Kollegen und auch Kunden regelmäßig aneinander gerät, weshalb er sich damit begnügt, wahllos Affären zu beginnen und sich systematisch dem Alkoholexzess anheimfallen zu lassen. Eines Nachts allerdings gerät Quelle wie durch Zufall auf die Yacht von Lancaster Dodd, der seines Zeichens Glaubensführer einer Sekte namens Der Ursprung ist und Freddie bereitwillig in seinen Reihen willkommen heißt.

Szenenbild aus The Master | © Senator
© Senator

Von Lancaster Dodds charismatischem Auftreten fasziniert, begibt sich Freddie zunächst bereitwillig in dessen Arme, doch Dodds Frau Peggy ist der mürrische Alkoholiker, der bald zum persönlichen Schoßhund von Lancaster avanciert, beinahe schon zu Beginn an ein Dorn im Auge, doch ihr Mann lässt sich nicht beirren, den fehlgeleiteten Mann weiterhin in ihren Kreisen willkommen zu heißen. Doch so entrückt und kaputt Freddie Quell auf Außenstehende auch wirken mag, beginnt er bald, die obskure Sekte in Frage zu stellen…

Rezension:

Ich bin ja durchaus nicht unvertraut mit den Arbeiten von Paul Thomas Anderson, wusste also wohl grob, worauf ich mich bei The Master einlasse und befand mich wohl auch genau in der richtigen Stimmung für solch ein Werk, doch wusste mich Anderson diesmal weit weniger in seinen Bann zu ziehen, als es ihm mit anderen Filmen in der Vergangenheit gelungen ist. Insbesondere gemessen an der nicht gerade mageren Spielzeit von über 140 Minuten gestaltet sich nämlich das Treiben leider nicht gerade stringent und oftmals nicht gänzlich nachvollziehbar, was sicherlich aber nur halb so schlimm wäre, würde zumindest offenbar werden, wohin die Reise geht und was genau Anderson mit seinem Werk zu bezwecken meint, doch erschlossen sich mir selbst solch grundlegende Intentionen nur unzureichend, während das Werk Minute um Minute, Szene für Szene vor sich hinplätscherte, zwar durchaus mit einer Vielzahl Charaktermomenten zu begeistern wusste, für die fast ebenso selbstverständlich samt und sonders Joaquin Phoenix und Philip Seymour Hoffman verantwortlich zeichneten, um mich am Ende ein wenig ratlos zurückzulassen.

Szenenbild aus The Master | © Senator
© Senator

Schon der Anfang von The Master gestaltet sich reichlich surreal und merkwürdig, wobei die teils dissonanten Töne hierbei ihr Übriges tun und Anderson nimmt sich Zeit, die Figur des Freddie Quell zu etablieren, der allerdings – wenn auch wirklich großartig dargestellt von Phoenix – als Sympathie- geschweige denn Identifikationsfigur kaum taugt, doch mit dem Auftritt Philip Seymour Hoffmans wird fast ebenso schnell klar, dass der eloquente und für sich einnehmende Sektierer Lancaster Dodd dafür beinahe ebenso wenig geeignet scheint, doch findet Quell hier den dringend benötigten Gegenpart zu seinem egozentrischen und selbstzerstörerischen Verhalten und die Geschehnisse nehmen an Spannung zu, um in einem minutenlangen Dialog zwischen Quell und Dodd zu kulminieren, der allein schon jeden Filmpreis der Welt verdient hätte.

Dennoch sind solche Szenen, von denen man dankenswerterweise noch einige im Verlauf der Handlung findet, nicht alles und umso spürbarer ist es die eigentliche Handlung, an der Andersons Film krankt, denn es wird nie so recht klar, welche Ziele Dodd bezüglich Freddie verfolgt und was er mit ihm zu tun gedenkt, ebenso wie sich das Innenleben des spürbar kaputten Säufers und Querulanten Freddie nur äußerst marginal offenbart, so dass man hier gemeinsam mit den Protagonisten durch ein zwar sicherlich interessantes, aber in seiner Quintessenz wenig sinnführendes Panoptikum mal mehr, mal weniger merkwürdiger Begebenheiten mäandert, das noch dazu durchsetzt ist von den Erinnerungen Freddies, die zwar ihre Daseinsberechtigung haben und zumindest ein Stück weit das Gefühl zu geben wussten, die Figur langsam aber sicher zumindest ein wenig besser zu verstehen, doch bleibt allein die Sekte von Dodd derweil merkwürdig ungreifbar, weil man hier einfach zu wenig darüber erfährt, was es genau mit dem Ursprung auf sich hat und vor allem, was Anderson uns, den Zuschauern, mit seiner Interpretation denn zu sagen gedenkt.

Szenenbild aus The Master | © Senator
© Senator

Was zumindest offensichtlich wird, ist, dass Anderson ein Porträt des vom Zweiten Weltkrieg verstörten Amerika zu zeichnen gedachte, wofür er sich der beiden bewusst konträr gehaltenen Figuren des Freddie Quell, eines desillusionierten und ziellosen Kriegsheimkehrers und des Lancaster Dodd, eines verkopften und polemischen Gurus bedient hat, doch fokussiert dadurch The Master eben auch sehr stark auf seine beiden Hauptfiguren, vergisst dadurch nicht nur eine zielgerichtete Erzählung, sondern vernachlässigt auch alle weiteren Figuren schmählich, was sich insbesondere bei Amy Adams bemerkbar macht, die als Peggie Lancasters Frau verkörpert, die – wie immer wieder angedeutet und gezeigt wird – weitaus mehr Einfluss auf die Geschicke ihres Mannes hat, als dieser es nach außen hin zuzugeben bereit ist, teils wie der eigentliche Kopf hinter dem Ursprung wirkt, doch in seiner puren Faszination versäumt es Anderson gänzlich, diesen selbst gestreuten Brotkrumen nachzugehen und so verkommt Adams‘ Figur zu einer recht unbefriedigenden Verkörperung der Andeutung einer tieferen Wahrheit, die der Film schließlich aber schuldig bleibt und merkwürdig nichtssagend endet, keine Katharsis, keine Epiphanie bereithält, was für sich genommen zwar auch schon wieder ein Statement darstellt, das allerdings nicht wirklich befriedigt, wenn man bedenkt, was aus dem Sekten-Drama – gerade hinsichtlich der formidablen Besetzung und der eigentlich großartigen Grundidee hätte werden können. Dafür allerdings fehlt der Erzählung merklich der rote Faden und so wort- und bildgewaltig das Werk daherkommt, ist es zwar einerseits die künstlerische Abstraktion, die man feiern könnte, andererseits die Unzugänglichkeit der Geschichte, die man in gleichem Maße bemängeln muss.

Fazit & Wertung:

Paul Thomas Anderson ist durchaus für sperrige Werke bekannt und The Master macht hier keine Ausnahme, doch verrennt sich der Ausnahmeregisseur hier einmal zu oft in einem Gros an Ideen, die er jedoch samt und sonders nur anschneidet, statt sie bis zum Ende durchzuexerzieren, was sich insbesondere bei Amy Adams‘ Rolle bemerkbar macht, wohingegen es Joaquin Phoenix und Philip Seymour Hoffman gerade im gemeinsamen Spiel gelingt, Akzente höchster Schauspielkunst zu setzen, die allein schon sehenswert wäre, doch tröstet dies nicht darüber hinweg, dass die Geschichte kaum einem roten Faden folgt und auch recht unbefriedigend ihr Ende findet.

6 von 10 mitreißenden Predigten

The Master

  • Mitreißende Predigten - 6/10
    6/10

Fazit & Wertung:

Paul Thomas Anderson ist durchaus für sperrige Werke bekannt und The Master macht hier keine Ausnahme, doch verrennt sich der Ausnahmeregisseur hier einmal zu oft in einem Gros an Ideen, die er jedoch samt und sonders nur anschneidet, statt sie bis zum Ende durchzuexerzieren, was sich insbesondere bei Amy Adams‘ Rolle bemerkbar macht, wohingegen es Joaquin Phoenix und Philip Seymour Hoffman gerade im gemeinsamen Spiel gelingt, Akzente höchster Schauspielkunst zu setzen, die allein schon sehenswert wäre, doch tröstet dies nicht darüber hinweg, dass die Geschichte kaum einem roten Faden folgt und auch recht unbefriedigend ihr Ende findet.

6.0/10
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The Master ist am 26.07.13 auf DVD und Blu-ray bei Senator im Vertrieb von Universum Film erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

DVD:

Blu-ray:

vgw

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Eine Reaktion

  1. bullion 30. September 2015

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