Review: Lucy (Film)

Und zack, da bin ich auch schon wieder, just wie gestern angekündigt, denn der Strom an medialen Erzeugnissen reißt natürlich nicht ab und selbst wenn ich jeden Tag drei Artikel raushauen würde, käme ich vermutlich nicht hinterher, doch einer sollte dann nach Möglichkeit schon drin sein, zumal mir aufgrund Frankfurter Buchmesse nun sowieso eine sicherlich nicht nur eintägige Durststrecke ins Haus steht.

Lucy

Lucy, FR 2014, 89 Min.

Lucy | © Universal Pictures
© Universal Pictures

Regisseur:
Luc Besson
Autor:
Luc Besson

Main-Cast:
Scarlett Johansson (Lucy)
Morgan Freeman (Professor Norman)
in weiteren Rollen:
Choi Min-sik (Mr. Jang)
Amr Waked (Pierre Del Rio)
Julian Rhind-Tutt (The Limey)
Pilou Asbæk (Richard)
Analeigh Tipton (Caroline)
Nicolas Phongpheth (Jii)

Genre:
Action | Science-Fiction | Thriller

Trailer:

 

Inhalt:

Kaum eine Woche ist es her, dass Lucy den windigen Richard kennengelernt hat und schon verlangt er von ihr, ihm bei der Übergabe eines ominösen Koffers behilflich zu sein. Lucy lehnt vehement ab, doch in dem Moment, wo sich die an den Koffer geketteten Handschellen um ihr Handgelenk schließen bleibt ihr ja wohl kaum noch eine Wahl, als das Hotel in Taipeh zu betreten und die ihr unbekannte Ware bei Mr. Jang abzuliefern, doch Lucys Gespür hat sie nicht getäuscht, segnet Richard durch die Schergen von Jang schließlich alsbald das Zeitliche, während sie in Gewahrsam genommen wird. Ohne wirklich eine Wahl zu haben, kürt Mr. Jang sie zur unfreiwilligen Drogenkurierin, die die neue Superdroge CPH4 in ihrem Bauch gemeinsam mit drei weiteren Personen nach Europa bringen soll.

Szenenbild aus Lucy | © Universal Pictures
© Universal Pictures

Doch noch bevor Lucy den Flughafen erreicht, gelangt sie in die Fänge äußerst gewaltbereiter Gangster, die sie ohne viel Federlesens zusammentreten und damit die Droge in ihrem Körper freisetzen. Was niemand derweil geahnt hat ist allerdings, dass sie daraufhin in die Lage versetzt wird, weitaus mehr als nur die üblichen zehn Prozent ihrer Gehirnkapazität zu nutzen, woraufhin sie sich beinahe spielend aus der Gefangenschaft befreien kann und nach einem kurzen Zwischenstopp bei ihrer Freundin Caroline den Entschluss fasst, den anderen Drogenkurieren nach Europa zu folgen und derweil den weltberühmten Hirnforscher Professor Samuel Norman zu kontaktieren, von dem sie sich Antworten erhofft hinsichtlich dessen, was mit ihr passiert. Mr. Jang indes ist ihr bereits dicht auf den Fersen, nicht ahnend, zu was die junge Frau seit ihrer Überdosis in der Lage ist.

Rezension:

Nach Malavita – The Family von 2013, bei dem Luc Besson ebenfalls für Drehbuch und Regie verantwortlich zeichnete, der aber immerhin auf einer Buch-Vorlage fußte, übernahm er nun bei Lucy erneut das inszenatorische wie dramaturgische Zepter in Personalunion und schuf diesmal wieder ein originär aus seiner Feder stammendes Werk. Wie es sich dabei für Besson gehört, allerdings weitaus mehr als je in einem seiner Filme, ist das Ganze natürlich gehörig over-the-top inszeniert, doch wo dies ansonsten noch als Stilmittel und Beiwerk galt, erhebt er dies hier nun zur Kunstform für sich und allein die wissenschaftlich längst schon überholte Prämisse, der Mensch nutze nur 10% seiner Hirnkapazität, ist noch mit das Bodenständigste an seinem neuesten Werk, denn was er sich da zusammenfabuliert, welche Möglichkeiten es eröffnen würde, die totale Kontrolle über das eigene Gehirn zu erlangen, ist selbst wenn man beide Augen fest zusammendrückt nicht einmal annähernd nachvollziehbar, geschweige denn glaubhaft, doch kann es ihm um derart profunde Dinge auch nicht gegangen sein, als er die Idee zu Lucy niederschrieb.

Szenenbild aus Lucy | © Universal Pictures
© Universal Pictures

So ist es nämlich allein schon – man stelle sich nur vor – eine in Lucys Körper freigesetzte Droge, die ihr die Geheimnisse des Universums offenbart und sie mehr und mehr zu Höchstleistungen antreibt, die darin gipfeln, Geist und Materie beeinflussen zu können, Dinge und Personen zum Schweben zu bringen und sich später selbst zu dematerialisieren und beliebig umzuformen. Und dabei lasse ich bewusst noch das eigentliche Finale des Films außen vor, das so dermaßen über wirklich alle Stränge schlägt, dass es mir den Film zuletzt beinahe noch ein wenig verleidet hat, denn ansonsten ist Lucy in meinen Augen Kino im besten Sinne, verzaubert und hypnotisiert, lässt Gedanken an Logik und Kohärenz vergessen und lädt geradezu dazu ein, sich Luc Bessons wilden Spinnereien hinzugeben, zumal er mit Scarlett Johansson so ziemlich die Idealbesetzung für die sich von der White Trash-Schlampe – erinnert anfänglich sehr an Don Jon – zum gottgleichen, eiskalten, jeglichen Mitgefühls beraubten Überwesen – erinnert wiederum an Under the Skin – wandelnden Frau namens Lucy gefunden zu haben scheint.

Als wäre all das nicht genug, präsentiert er Lucy in einem von Beginn an überbordenden Videoclip-Ästhetik-Stil, reichert das kaum neunzigminütige Geschehen noch mit augenzwinkernden Einspielern aus dem Tierreich oder gar dem Pleistozän an, wo wir einem der ersten menschenähnlichen Wesen begegnen, was natürlich nicht nur purer Selbstzweck ist, denn wer sein Gehirn zu nutzen weiß, für den stellen auch Zeit und Raum kein Hindernis dar, wie man während des Films erfahren wird. Wie gesagt ist alles, was in Bessons Film passiert, um es böse zu formulieren, ausgemachter Bullshit, doch eben Bullshit, der Spaß macht, dem man gar nicht böse sein will, weil er so herrlich unterhält, weil die ebenfalls eingestreuten Vorträge von Morgan Freeman so etwas wie Ernsthaftigkeit suggerieren und vor allem gar nicht mal in allem, was er so von sich gibt, so Unrecht haben, zumindest wenn man es statt von einer wissenschaftlichen Warte aus von einer philosophischen zu betrachten probiert.

Vor allem aber – um nicht weiter auf dem Nonsens-Plot des Films herumzureiten – ist Luc Besson aber auch so etwas wie ein moderner Anti-Actionfilm gelungen, denn die sucht man hier eigentlich vergeblich, ist Lucy schließlich bald schon bei jeglicher Konfrontation in der Lage, ihre Gegner mit einem Handstreich zu entwaffnen, Kugeln im Flug aufzuhalten oder ihre Kontrahenten gleich an der Decke schweben zu lassen, also alles, was man als über die Maßen intelligenter Mensch eben so tun könnte, wenn das Hirn nur mitspielen würde, nun ja. Dennoch ist das höchst interessant zu betrachten, da es eben jede Auseinandersetzung auch im Grunde rein obligatorisch werden lässt, weshalb es auch so wichtig gewesen sein wird, rein mit der Prämisse und der daraus resultierenden überbordenden Optik zu punkten, denn handelsübliche, klassische Spannung will sich bei Lucy nach den ersten paar Minuten nicht mehr wirklich einstellen.

Szenenbild aus Lucy | © Universal Pictures
© Universal Pictures

Vielleicht ist das auch mitunter ein Grund, weshalb für mich das Finale nur bedingt funktioniert hat, denn es versteht sich von selbst, dass Luc Besson hier alle Grenzen zu sprengen getrachtet hat, gäbe ein Showdown zwischen übermächtiger Heldin und durch und durch profan menschlichem Antagonist auch schlicht nicht viel her, doch ist es mir zum Ende hin leider dann doch zu viel des Guten gewesen; eine Entwicklung, die sich schon ab Erreichen der 30%-Marke – übrigens stets unübersehbar als bildschirmfüllende Texteinblendung vorhanden – anzukündigen begonnen hat. Dass bei dieser Fokussierung aufs Übermenschsein von Johanssons Figur der Rest des Cast durchweg auf der Strecke bleibt, versteht sich wohl von selbst, doch dank Morgan Freeman, der zumindest Akzente zu setzen imstande ist als Koryphäe in der Hirnforschung und Amr Waked als Pierre Del Rio, Polizist und Gegenpart zum gottgleichen Wesen, verkommt Lucy zumindest nicht vollends zur One-Woman-Show.

Fazit & Wertung:

Schon von der Prämisse des Films ausgehend ahnt man, dass Luc Bessons Lucy sich herzlich wenig um Logik und dergleichen schert, doch tut das ausnahmsweise der von Minute zu Minute – eher Prozent zu Prozent – ausufernder abstruser werdenden Handlung ausnahmsweise keinen Abbruch, weil der Film auch als philosophisch angehauchtes, mit einer gehörigen Portion Pseudo-Action und ordentlich Tempo angereichertes Gedankenexperiment formidabel funktioniert, wenn er auch gegen Ende ein wenig zu sehr über die Stränge schlägt und damit auch das letzte bisschen Bodenhaftung verliert.

7 von 10 ungeahnten Kräften des menschlichen Gehirns

Lucy

  • Ungeahnte Kräfte des menschlichen Gehirns - 7/10
    7/10

Fazit & Wertung:

Schon von der Prämisse des Films ausgehend ahnt man, dass Luc Bessons Lucy sich herzlich wenig um Logik und dergleichen schert, doch tut das ausnahmsweise der von Minute zu Minute – eher Prozent zu Prozent – ausufernder abstruser werdenden Handlung ausnahmsweise keinen Abbruch, weil der Film auch als philosophisch angehauchtes, mit einer gehörigen Portion Pseudo-Action und ordentlich Tempo angereichertes Gedankenexperiment formidabel funktioniert, wenn er auch gegen Ende ein wenig zu sehr über die Stränge schlägt und damit auch das letzte bisschen Bodenhaftung verliert.

7.0/10
Leser-Wertung 7.67/10 (3 Stimmen)
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Meinungen aus der Blogosphäre:
Cellurizon: 7/10 Punkte
Filmherum: 3/5 Punkte
Der Kinogänger: 8/10 Punkte

Lucy ist am 12.01.15 auf DVD und Blu-ray im Vertrieb von Universal Pictures erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

DVD:

Blu-ray:

vgw

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