Review: Kiss Me First | Staffel 1 (Serie)

Heute mal wieder ein paar Worte zu einer noch recht jungen Netflix-Serie, auf die ich zwar sehr gespannt gewesen bin, die mich jetzt aber auch nicht so richtig vom Hocker zu hauen wusste. Ansonsten melde ich mich dann jetzt für heute wieder ab, denn es gilt, mein heimisches Medienregal innerhalb der Wohnung um einige Meter zu verschieben. Was sich so zwar nicht schlimm anhört, nimmt natürlich bei meiner immensen Sammlung an Zeugs durchaus einiges an Zeit in Anspruch. In diesem Sinne; frohes Schaffen.

Kiss Me First
Staffel 1

Kiss Me First, UK/USA 2018-, ca. 46 Min. je Folge

Kiss Me First | © Netflix
© Netflix

Serienschöpfer:
Bryan Elsley
Lottie Moggach (Buch-Vorlage)

Ausführende Produzenten:
Bryan Elsley
Melanie Stokes

Regisseur:
Misha Manson-Smith
Autor:
Bryan Elsley

Main-Cast:
Tallulah Haddon (Leila / Shadowfax)
Simona Brown (Mania / Tess)
Matthew Aubrey (Jonty)
Matthew Beard (Adrian)
in weiteren Rollen:
George Jovanovic (Calummy / Cyryl)
Geraldine Somerville (Ruth Palmer)
Freddie Stewart (Kyle / Force)
Haruka Abe (Tippi / Tomiko)
Misha Butler (Jocasta / Jack)
Samuel Bottomley (Denier / Ben Graham)
Philip Arditti (Azul)

Genre:
Science-Fiction | Mystery | Drama

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus Kiss Me First | © Channel 4
© Channel 4

Teenagerin Leila hat schon immer den Großteil ihrer Zeit vor dem Computer verbracht, doch nach dem Tod ihrer Mutter nimmt dieses Verhalten noch weit drastischere Ausmaße an und Leila nutzt jedes bisschen Geld, um sich Zeit in dem Virtual-Reality-Spiel Azana zu erkaufen, in dem sie eine starke und draufgängerische Kämpferin namens Shadowfax verkörpert. Dort lernt sie auch ein Mädchen namens Mania kennen, die ihr von einem geheimen Ort innerhalb der Spielrealität berichtet, der von Eingeweihten "Red Pill" genannt wird und auf keiner Karte verzeichnet ist. Dort hat Adrian, der Anführer dieser Gruppe Außenseiter ein regelrecht paradiesisches Refugium errichtet und auch Leila/Shadowfax fühlt sich direkt willkommen. Bald lernen sich Shadowfax und Mania auch in der echten Welt als Leila und Tess kennen und es entspinnt sich eine Freundschaft, die allerdings durch Leilas Argwohn getrübt wird, als ein Mitglied der Gruppe von "Red Pill" spurlos verschwindet und ihr Verdacht auf Adrian fällt, der möglicherweise doch nicht der gutmeinende Wohltäter ist, als der er sich gibt…

Rezension:

Als ich jüngst regelrecht über Kiss Me First gestolpert bin, fühlte ich mich nicht ganz zufällig spontan an Ready Player One erinnert, denn auch wenn ich den gleichnamigen Film bisher noch nicht gesehen habe, habe ich doch zumindest das zugrundeliegende Buch von Ernest Cline gelesen und wie es der Zufall will, handelt es sich auch bei diesem Netflix-Original um eine Buch-Adaption, wobei in der Vorlage keine Rede ist von einer virtuellen Welt namens Azana, denn dort lernen sich die Protagonistinnen noch ganz "klassisch" über das Internet kennen. Serienschöpfer Bryan Elsley hatte hier aber wohl mehr vor und ersann daher genanntes Azana, was freilich auch der Serie ihren besonderen Pfiff gibt, die ansonsten quasi gänzlich in heruntergekommener Vorstadt-Tristesse spielen würde, die sich hier natürlich wunderbar an den lichtdurchfluteten und kantengeglätteten Fiktiv-Welten stößt, die in nicht nur optischem Kontrast zum deprimierenden Real Life stehen. Vom Look her dürften sich übrigens insbesondere schnell all jene wohlfühlen, die auch schon The End of the F***ing World gesehen und gemocht haben, denn hie wie dort handelt es sich um eine Co-Produktion von Netflix und dem britischen Channel 4.

Szenenbild aus Kiss Me First | © Channel 4
© Channel 4

Entsprechend gespannt war ich nun auf diese zunächst sechsteilige Serie, die mit Sie hat etwas getan (1.01) auch durchaus vielversprechend beginnt und der es dabei gelingt, nicht nur Hauptfigur Leila – die von der aus Taboo bekannten Tallulah Haddon verkörpert wird – als auch die in der Buchvorlage namensgebende Tess – die wiederum aus The Night Manager bekannte Simona Brown – vorzustellen und gleichsam ein Gefühl der Lebensumstände sowie der Gesetzmäßigkeiten von Azana zu vermitteln, womit die Grundpfeiler für einen vielversprechenden Plot gesetzt wären, zumal auch "Red Pill" bereits thematisiert wird und mit Adrian (Matthew Beard) eine angenehm undurchsichtige Figur eingeführt wird. So vielversprechend aber Kiss Me First auch wirken mag, verzetteln sich Autor Bryan Elsley und Regisseur Misha Manson-Smith leider in meinen Augen so manches Mal, denn die Art und Weise, wie jedes Mitglied der Grippe um Adrian als extrem problembehaftet dargestellt wird – und dabei kein Klischee ausgespart wird – wirkt schon reichlich überzogen, auch wenn natürlich gerade das der Aufhänger dafür sein soll, dass besagte Gruppe zusammengefunden hat. So soll es sich also samt und sonders um ausgewiesene Außenseiter, vom Leben enttäuschte und von den Liebsten vernachlässigte Personen handeln, doch trotzdem vertraut man einander untereinander prompt und auch Leila findet nichts dabei, als eines Abends Tess ungefragt und unangekündigt vor ihrer Tür steht, was meiner Meinung nach nicht immer schlüssig vermittelt wird.

Von diesem Punkt ausgehend wird leider aber auch der Plot zunehmend verworren und gibt sich mysteriöser, als er sein dürfte oder müsste, wobei auch zunehmend die Grenzen zwischen realer und virtueller Welt zu verwischen scheinen, was nicht schlimm wäre, wenn das einem Zweck dienen oder später aufgeklärt werden würde, doch hier dient es im Grunde nur dazu, Verwirrung zu stiften und die Entrücktheit des Ganzen zu unterstreichen, wenn plötzlich mehrere Monde am Himmel stehen oder animierte Fantasiewesen zum Angriff ansetzen. So versucht sich Kiss Me First meines Erachtens insbesondere in Anbetracht der Kürze der Staffel an zu vielen Versatzstücken und Ansätzen, denn vielleicht wollte man den Zuschauer auch darauf stoßen, dass Leila, Tess und Konsorten sich niemals in der "echten" Welt befunden haben, was auch okay wäre, nur dann hätte man es auch zu irgendeinem Zeitpunkt als schockierende Offenbarung inszenieren müssen, zumal dann die angeblichen Todesfälle, denen Leila im Verlauf der Episoden auf den Grund zu gehen versucht, allesamt belanglos werden würden.

Szenenbild aus Kiss Me First | © Channel 4
© Channel 4

So kann ich die vielversprechenden Ansätze sowohl erkennen als auch anerkennen, doch wird leider eher wenig daraus gemacht, wenn der Plot zunehmend verworren wird und sich ausgerechnet in der letzten Episode Du kannst nicht nach Hause gehen (1.06) völlig verrennt, nachdem die vorangegangene Folge Die Hexe kommt (1.05) schon so etwas wie einen Lichtblick dargestellt hat und sich auch wunderbar als Staffelfinale hätte präsentieren können. Auch die virtuellen Welten von Azana können sich optisch durchaus sehen lassen und wurden liebevoll gestaltet, geraten aber eben im weiteren Verlauf der Staffel immer weiter in den Hintergrund, womit dann auch dieser treffliche Kontrast nicht mehr gegeben ist, wenn wir uns ja doch nur wieder in ´"unserer" Welt bewegen. Und auch wenn es zum Ende noch einmal Ausflüge nach Azana gibt, hat hier die allgemeine Konfusion der Erzählung leider schon längst überhandgenommen, denn wenn man schon eine Mystery-Story zum Besten geben möchte, sollte es doch auch erhellende Momente geben, die hier aber zugunsten von noch mehr Ungereimtheiten und Rätseln beinahe gänzlich ausgespart werden. Andererseits macht Kiss Me First in Sachen "anfüttern" auch einiges richtig, denn ich würde mir eine etwaige zweite Staffel durchaus ansehen und sei es nur, um Antworten auf die Fragen zu bekommen, wie das alles nun wirklich zusammenhängt und was sich Elsley womöglich dabei gedacht haben mag.

Fazit & Wertung:

Die Netflix- und Channel-4-Co-Produktion Kiss Me First bietet ein paar spannende Ansätze, doch verrennt sich schnell im zunehmend verworrener werdenden Narrativ, das irgendwann nur noch darauf ausgelegt zu sein scheint, den Mystery-Aspekt des Ganzen zu betonen. Ein in sich nicht immer schlüssiges, antiklimatisches Finale tut hierbei sein Übriges, um nur mäßig überzeugend die sechsteilige erste Staffel zu beenden, die sich ein wenig zu sehr in ihrer Kombination aus Virtual Reality und Tristesse gefällt, ohne dies für ein tiefgründigeres Storytelling zu nutzen zu wissen.

6,5 von 10 virtuellen Ausflügen nach Azana

Kiss Me First | Staffel 1

  • Virtuelle Ausflüge nach Azana - 6.5/10
    6.5/10

Fazit & Wertung:

Die Netflix- und Channel-4-Co-Produktion Kiss Me First bietet ein paar spannende Ansätze, doch verrennt sich schnell im zunehmend verworrener werdenden Narrativ, das irgendwann nur noch darauf ausgelegt zu sein scheint, den Mystery-Aspekt des Ganzen zu betonen. Ein in sich nicht immer schlüssiges, antiklimatisches Finale tut hierbei sein Übriges, um nur mäßig überzeugend die sechsteilige erste Staffel zu beenden, die sich ein wenig zu sehr in ihrer Kombination aus Virtual Reality und Tristesse gefällt, ohne dies für ein tiefgründigeres Storytelling zu nutzen zu wissen.

6.5/10
Leser-Wertung 6.5/10 (4 Stimmen)
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Episodenübersicht: Staffel 1

01. Sie hat etwas getan (7/10)
02. Mach, dass es aufhört (6/10)
03. Aus dem Gleis (6,5/10)
04. Freunde verraten uns (6/10)
05. Die Hexe kommt (7/10)
06. Du kannst nicht nach Hause gehen (5,5/10)

 
– – –

Kiss Me First | Staffel 1 ist seit dem 29.06.18 exklusiv bei Netflix verfügbar.

vgw

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