Review: Die Farbe aus dem All (Film)

So, bleiben wir mal beim Thema Horror und widmen uns diesmal einer Lovecraft-Adaption, die mich tatsächlich positiv überrascht hat.

Die Farbe aus dem All

Color Out of Space, USA/MY/PT 2019, 111 Min.

Die Farbe aus dem All | © Koch Media
© Koch Media

Regisseur:
Richard Stanley
Autoren:
Richard Stanley (Drehbuch)
Scarlett Amaris (Drehbuch)
H.P. Lovecraft (Buch-Vorlage)

Main-Cast:

Nicolas Cage (Nathan)
Joely Richardson (Theresa)
Madeleine Arthur (Lavinia Gardner)
Brendan Meyer (Benny Gardner)
Julian Hilliard (Jack Gardner)
Elliot Knight (Ward Phillips)
Josh C. Waller (Sheriff Pierce)
Q’orianka Kilcher (Mayor Tooma)
Tommy Chong (Ezra)

Genre:
Horror | Mystery | Science-Fiction

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus Die Farbe aus dem All | © Koch Media
© Koch Media

Nathan und Theresa Gardner haben ihren Traum verwirklicht, aus der hektischen Großstadt zu entfliehen und leben nun auf der Farm von Nathans Vater im malerischen Neuengland. Ihre drei Kinder, die Teenager Benny und Lavinia sowie der kleine Jack, sind von der Abgeschiedenheit zwar weit weniger angetan, doch im großen Ganzen führen die Gardners ein gutes Leben. Eines Nachts aber kracht ein merkwürdig pinkfarbener Meteorit in ihren Vorgarten und verbreitet nicht nur einen bestialischen Gestank, sondern bringt auch das Leben der Gardners in gehörige Unordnung. Während sich das Interesse der hiesigen Presse schnell verflüchtigt, ist plötzlich auch der außerirdische Stein verschwunden, doch im Garten beginnen merkwürdige Pflanzen zu sprießen, während elektronische Geräte verrückt zu spielen beginnen und Jack mit etwas oder jemandem im Brunnen zu kommunizieren meint. Letztlich sind es Lavinia und Benny, die darauf kommen, dass selbst auf den Ablauf der Zeit kein Verlass mehr zu sein scheint, während sich ihre Mutter Theresa ebenfalls zunehmend merkwürdiger benimmt und es für vieles, was vor sich geht, keine rationale Erklärung mehr gibt…

Rezension:

Ich muss ja zugeben, mit vergleichsweise geringen Erwartungen an Die Farbe aus dem All herangegangen zu sein, denn allein der Verweis, er stamme "von den Machern von Mandy" ist normalerweise ein untrügliches Indiz, dass man Trittbrettfahrerei betreiben möchte, derweil Nicolas Cage in den letzten Jahren definitiv weit mehr schlechte als wirklich lohnende Filme auf seinem Konto zu verbuchen hat. Davon aber einmal abgesehen, handelt es sich eben um eine Adaption der Kurzgeschichte The Colour Out of Space von Horror-Großmeister H.P. Lovecraft, die allerdings von Regisseur und Drehbuchautor Richard Stanley teils auch deutlich freier interpretiert und in die heutige Zeit versetzt worden ist, was freilich gutgehen kann, aber eben nicht muss. Alles Gründe also, vergleichsweise skeptisch an das Werk zu gehen, was im Umkehrschluss nun ein Grund sein könnte, dass ich ziemlich begeistert bin von dieser anfänglich ruhigen, zunehmend überbordenden Groteske mit Bodyhorror-Einschlag und manch fiesem Gore-Effekt, deren psychedelischer Anstrich ihr ebenso gut zu Gesicht steht wie Cages Markenzeichen der übertriebenen Performance.

Szenenbild aus Die Farbe aus dem All | © Koch Media
© Koch Media

Um direkt aber einmal beim Hauptdarsteller zu bleiben, gibt Cage sich anfänglich überraschend ruhig, geerdet und kontrolliert, mimt mit Gefühl und Hingabe den liebevollen Vater und Ehemann Nathan, der mit Empathie und Ruhe den Familienzusammenhalt fördert. Auch sonst beginnt Die Farbe aus dem All auffallend ruhig, beinahe schon poetisch, während sich Wahnsinn und Bedrohung erst langsam steigern und schließlich erst in der zweiten Hälfte des grob zwei Stunden umfassenden Reigens wirklich an Fahrt und Farbenpracht gewinnen. Inder Hinsicht bietet sich dann tatsächlich nicht nur wegen Cage ein Vergleich zu Mandy an, auch wenn das "von den Machern" in diesem Fall nur bedeutet, dass beide Filme sich einige Produzenten (unter anderem Elijah Wood) teilen. Tatsächlich ist der Film aber weit näher an Jeff VanderMeers Southern-Reach-Trilogie und der Verfilmung Auslöschung, was die merkwürdig pervertierte Natur, die Farbspektren, die ungreifbare, fremdartige Bedrohung angeht, ohne aber ein Abklatsch zu sein, zumal auch VanderMeer sich durchaus von Lovecraft inspirieren lassen haben könnte. Fakt ist, dass es Richard Stanley wirklich vorbildlich gelingt, zunächst zaghaft und vorsichtig an der Spannungsschraube zu drehen, um in seinem beklemmend phantasmagorischen Werk schlussendlich alle Dämme brechen zu lassen.

So überwiegen anfänglich noch Skepsis und Verwirrung, während man sich fragt, ob es schlichtweg inszenatorische Schlampigkeit ist, wenn sich unvermittelt Tag und Nacht abwechseln, manche Szenen ebenso abrupt enden, wie sie begonnen haben, doch kristallisiert sich bald heraus, dass auch dies Teil der verdrehten Realität ist, wie sie sich nahe der Absturzstelle des Meteoriten präsentiert, derweil schließlich ein einschneidendes Ereignis dafür sorgt, dass dann auch ein Nicolas Cage (Primal) wieder gänzlich frei drehen und in bester Over-the-Top-Manier dem Wahnsinn freien Lauf lassen darf. Bis dahin aber standen ebenso sehr die weiteren Familienmitglieder im Zentrum der Ereignisse und auch wenn deren Charakterisierung sich überwiegend auf Stereotype stützt, steht doch keines der Kinder im Schatten des Vaters, derweil einzig Joely Richardson (In Darkness) einen vergleichsweise undankbar blassen Part zugeschustert bekommt, dafür aber in dramaturgischer Hinsicht für einige Schlüsselszenen verantwortlich zeichnet, mit denen sich dann Stanley gemeinsam mit Co-Drehbuchautorin Scarlett Amaris von der Buchvorlage endgültig befreit. Das mag den Hardcore-Lovecraft-Fans nicht gefallen, doch im Grunde bleibt man auch hier konsequent im Wirkkreis der "Farbe aus dem All", auch wenn vieles drastischer wirken mag als in den Schilderungen des Cthulhu-Mythos-Schöpfers.

Szenenbild aus Die Farbe aus dem All | © Koch Media
© Koch Media

Trotz Freiheiten und Modernisierung der Schilderungen sehe ich in Die Farbe aus dem All also durchaus eine vergleichsweise werkstreue, dem Vorbild gerecht werdende Adaption, an der eben sowohl Fans des exaltierten Cage-Schauspiels als auch des Lovecraft‘schen Horrors ihre Freude haben dürften, was noch verstärkt wird durch die optischen und inszenatorischen Spielereien, mit denen Stanley aufzuwarten vermag, denn auch wenn man speziell in Sachen CGI hier mitnichten beste Ergebnis erwarten sollte, passt tatsächlich das spürbar Künstliche ausnahmsweise in diesem Fall sogar sehr gut, gerät die Farm der Gardners schließlich unter den Einfluss einer ganz und gar fremdartigen, außerweltlichen Entität. Ein paar – für mein Empfinden überraschend effektive – Jump-Scares, prosthetische Effekte und verstörende Bildmontagen runden das Gezeigte inszenatorisch gekonnt ab, während natürlich die zeitlich sprunghafte Erzählweise sehr eigen wirkt, aber ebenfalls zum Konzept und der erfreulich immersiven Erfahrung beiträgt, die der Film als Ganzes sein kann, wenn man sich seinen erzählerischen und gestalterischen Eigenheiten zu öffnen bereit ist.

Fazit & Wertung:

Mit Die Farbe aus dem All gelingt Regisseur Richard Stanley eine überzeugende Adaption der Lovecraft-Kurzgeschichte, die nicht nur mit allerhand inszenatorischen Highlights aufwartet, sondern auch unerbittlich immer weiter in Richtung Surrealismus und Wahnsinn abdriftet und Nicolas Cage in der zweiten Hälfte wieder in die Vollen gehen darf.

8 von 10 Veränderungen in Flora und Fauna

Die Farbe aus dem All

  • Veränderungen in Flora und Fauna - 8/10
    8/10

Fazit & Wertung:

Mit Die Farbe aus dem All gelingt Regisseur Richard Stanley eine überzeugende Adaption der Lovecraft-Kurzgeschichte, die nicht nur mit allerhand inszenatorischen Highlights aufwartet, sondern auch unerbittlich immer weiter in Richtung Surrealismus und Wahnsinn abdriftet und Nicolas Cage in der zweiten Hälfte wieder in die Vollen gehen darf.

8.0/10
Leser-Wertung 7/10 (1 Stimmen)
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DVD:

Blu-ray:

vgw

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Kommentare (3)

  1. Eli 8. Januar 2021
  2. Stepnwolf 9. Januar 2021
  3. Greifenklaue 11. Januar 2021

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