Review: Goodbye Christopher Robin (Film)

Während ich einem ereignisreichen Wochenende entgegenblicke, versorge ich euch noch schnell für heute mit einer neuen Film-Kritik, derweil der morgige Artikel natürlich in weiser Voraussicht längst auf Termin liegt. Genießt die freien Tage, auch wenn das Wetter – hier zumindest – ja wohl nicht so doll werden soll.

Goodbye Christopher Robin

Goodbye Christopher Robin, UK 2017, 107 Min.

Goodbye Christopher Robin | © Twentieth Century Fox
© Twentieth Century Fox

Regisseur:
Simon Curtis
Autoren:
Frank Cottrell Boyce
Simon Vaughan

Main-Cast:
Domhnall Gleeson (Alan Milne)
Margot Robbie (Daphne Milne)
Kelly Macdonald (Olive)
in weiteren Rollen:
Will Tilston (Christopher Robin Aged 8)
Alex Lawther (Christopher Robin Aged 18)

Genre:
Biografie | Drama

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus Goodbye Christopher Robin | © Twentieth Century Fox
© Twentieth Century Fox

Theaterautor A. A. Milne kehrt psychisch schwer gezeichnet aus dem Ersten Weltkrieg ins Londoner Westend zurück und nicht nur aufgrund seiner posttraumatischen Belastungsstörung fällt es ihm merklich schwer, sein "normales" Leben wieder aufzunehmen, geschweige denn, sich der Trivialität einer Theater-Komödie zu widmen. Stattdessen gedenkt Milne sich einem Buch zu widmen, das verhindert, dass es erneut zu solch einem Krieg kommt. Doch mit dem Buch will es nicht recht vorangehen und der Trubel der Stadt lässt immer wieder Erinnerungen an den Krieg hochkommen, weshalb Milne schlussendlich beschließt, mit seiner Frau Daphne, dem gemeinsamen Sohn Christopher Robin und dem Kindermädchen Olive nach Sussex aufs Land zu ziehen. Mit dem Buch kommt Milne allerdings dennoch nicht voran, worüber die Eheleute in Streit geraten und letztlich flüchtet Daphne zeitweilig zurück nach London. Als dann auch noch Olive abreisen muss, um ihre schwerkranke Mutter zu pflegen, ist Milne plötzlich gezwungen, Zeit mit seinem eigenen Sohn zu verbringen. Und während sie gemeinsam die Wälder durchstreifen und sich gegenseitig von den Geschichten der Stofftiere von Christopher Robin berichten, reift in Milne eine ganz und gar andersartige Buch-Idee, die sich den Abenteuern des Bären Winnie Puuh widmen soll…

Rezension:

Mittlerweile scheint es ja groß in Mode zu sein, Filme plötzlich nur noch auf DVD und nicht auf Blu-ray zu veröffentlichen und so verhält es sich auch bei Goodbye Christopher Robin, weshalb ich hier einmal mehr auf die Digital-Variante ausgewichen bin, um den Film in HD genießen zu können. Der stand wiederum schon länger auf meiner Watchlist, was zunächst einmal schlicht und ergreifend an der Besetzung gelegen hat, denn ohne konkret zu wissen, was mich überhaupt erwarten würde – dass es in irgendeiner Form um Winnie Puuh gehen würde war mir natürlich freilich bewusst –, stellten Gleeson und Robbie schon ein ziemliches Totschlagargument dar, dem ich mich kaum verschließen konnte. Erzählt wird hier nun also die Geschichte, wie Milne seinerzeit von seinem Sohn zu dem weltberühmten Kinderbuch-Klassiker inspiriert worden ist, aus dem Jahrzehnte später – dank Disney – ein ganzes Franchise erwachsen sollte und was dieser Ruhm für die Kindheit des realen Christopher Robin bedeutet hat.

Szenenbild aus Goodbye Christopher Robin | © Twentieth Century Fox
© Twentieth Century Fox

Dabei beginnt Goodbye Christopher Robin mit einem ziemlich offenkundigen Foreshadowing-Moment, der erst spät im Geschehen wieder aufgegriffen werden wird, bevor man sich als Zuschauer unvermittelt und gemeinsam mit Milne auf dem Schlachtfeld inmitten des Ersten Weltkriegs wiederfindet, nur um von dort mit ihm gemeinsam in einen prunkvollen Londoner Festsaal zu stolpern, was für sich genommen schon eine extrem effektive und gelungene Einstellung ist, um einerseits kurz und knapp die Eckdaten zu Milne zu umreißen und andererseits bereits in den ersten Minuten seine posttraumatische Belastungsstörung zu thematisieren. Nach diesem vielversprechenden einstieg wird es zugegebenermaßen allerdings zunächst auch recht generisch, wenn in knappen Momenteindrücken und Passagen Milnes Theaterverdrossenheit, seine Buchpläne, die Geburt von Christopher Robin – der übrigens von allen nur Billy Moon genannt wird – und letztlich der Entschluss, London den Rücken zu kehren, in bester Biopic-Manier kurz und pragmatisch abgehandelt werden.

So findet im Grunde die eigentliche Geschichte in dem Moment ihren Anfang, wo Milne und seine Familie im ländlichen Sussex ankommen und ihr neues Domizil beziehen, wobei man aus heutiger Sicht schon irritiert sein muss, wie gleichgültig sich beide Elternteile gegenüber dem eigenen Kind verhalten und welche Gefühlskälte allgemein vorherrscht. Aber auch davon abgesehen sollte man sich von dem Gedanken freimachen, es handele sich bei Goodbye Christopher Robin um ein Feel-Good-Movie, denn auch wenn es anrührende, zum Schmunzeln verleitende oder sporadisch witzige Szenen geben mag, ist es grundsätzlich doch ein sehr getragen wirkendes und ernsthaftes Drama, das insbesondere in der zweiten Hälfte schon recht eindeutig in Richtung Tragik tendiert. Gleichwohl sind es die kleinen Lichtblicke, die Träumereien von Milne, sein zunehmend liebevoller Umgang mit dem eigenen Kind und natürlich die Auftritte der weltberühmten Kuscheltiere, die einen trotzdem mit dem Gefühl zurücklassen, einen "schönen" Film gesehen zu haben. Regisseur Simon Curtis (My Week with Marilyn) greift dafür zwar meinem Gefühl nach einmal zu oft in die Klischeekiste und erweist sich zuweilen als erzählerisch manipulativ, doch hält sich das noch im Rahmen des Erträglichen, zumal es an der grundlegenden Faszination der Geschichte wenig ändert.

Szenenbild aus Goodbye Christopher Robin | © Twentieth Century Fox
© Twentieth Century Fox

Während der von Domhnall Gleeson (Brooklyn) verkörperte A. A. Milne allerdings eine merkliche Wandlung im Verlauf des Films durchläuft und grundsätzlich vergleichsweise gut und einsichtig herüberkommt, hat Margot Robbie (Terminal) als dessen Frau Daphne einen vergleichsweise undankbaren Part und wird relativ einseitig "böse" dargestellt, derweil Curtis wie auch die Drehbuchautoren Frank Cottrell Boyce und Simon Vaughan keinen Hehl daraus machen, kein Interesse daran haben, ihre Figur weiter auszuloten. Umso mehr versteht im Umkehrschluss Kelly Macdonald (Boardwalk Empire) als Kindermädchen Olive zu brillieren, zumal sie längere Zeit das emotionale Zentrum von Goodbye Christopher Robin darstellt, da beide Elternteile eben dem Kind ungemein distanziert begegnen, was aber wohl auch nah an der Wahrheit gelegen haben mag. Und umso mehr wärmt es das Herz, wenn Milne sich langsam von dem von Will Tilston verkörperten Christopher Robin erweichen lässt. Heimliches Highlight ist es dann auch, wenn der bis dahin so distinguiert auftretende Milne die Plüschtiere am Küchentisch sprechen lässt, wie man es von ihren Disney-Pendants gewohnt ist, wobei sein Sohn ihm schnell den Mund verbietet und meint, seine Mutter könne das besser. Obwohl ich mir also der vorhandenen formalen Schwächen in diesem Film bewusst bin, hat er mich doch die meiste Zeit sehr berührt und entsprechend bin ich durchaus bereit, über die eine oder andere dramaturgische Freiheit hinwegzusehen.

Fazit & Wertung:

Simon Curtis widmet sich mit Goodbye Christopher Robin nicht nur der Entstehungsgeschichte des bekannten Bären Winnie Puuh, sondern skizziert gleichsam quasi das Schicksal eines der ersten Kinderstars. Bei der Inszenierung mag sich Curtis einige Freiheiten herausgenommen haben und neigt zuweilen ein wenig zum Kitsch, doch in der Summe weiß die Geschichte ungemein zu berühren und insbesondere Domhnall Gleeson versteht als Schriftsteller A. A. Milne zu glänzen, wohingegen Margot Robbie beinahe gänzlich verschenkt wird.

7,5 von 10 einfallsreich ausgedachten Plüschtier-Abenteuern

Goodbye Christopher Robin

  • Einfallsreich ausgedachte Plüschtier-Abenteuer - 7.5/10
    7.5/10

Fazit & Wertung:

Simon Curtis widmet sich mit Goodbye Christopher Robin nicht nur der Entstehungsgeschichte des bekannten Bären Winnie Puuh, sondern skizziert gleichsam quasi das Schicksal eines der ersten Kinderstars. Bei der Inszenierung mag sich Curtis einige Freiheiten herausgenommen haben und neigt zuweilen ein wenig zum Kitsch, doch in der Summe weiß die Geschichte ungemein zu berühren und insbesondere Domhnall Gleeson versteht als Schriftsteller A. A. Milne zu glänzen, wohingegen Margot Robbie beinahe gänzlich verschenkt wird.

7.5/10
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Goodbye Christopher Robin ist am 18.10.18 lediglich auf DVD bei Twentieth Century Fox erschienen und alternativ bei Prime Video verfügbar. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

DVD:

Prime Video:

vgw

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