Review: Patient Zero (Film)

Kommen wir heute wieder zu einem Nischenfilm, der nicht unbedingt den besten Ruf genießt und zugegebenermaßen auch einiges falsch macht, dank toller DarstellerInnen und einer interessanten Prämisse bei mir aber durchaus ein wenig punkten konnte.

Patient Zero

Patient Zero, UK 2018, 93 Min.

Patient Zero | © Sony Pictures Home Entertainment Inc.
© Sony Pictures Home Entertainment Inc.

Regisseur:
Stefan Ruzowitzky
Autor:
Mike Le

Main-Cast:

Matt Smith (Morgan)
Natalie Dormer (Dr. Gina Rose)
John Bradley (Scooter)
Clive Standen (Knox)
Agyness Deyn (Janet)
Stanley Tucci (The Professor)

Genre:
Endzeit | Horror | Thriller

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus Patient Zero | © Sony Pictures Home Entertainment Inc.
© Sony Pictures Home Entertainment Inc.

Nachdem ein Virus in der nicht allzu fernen Zukunft weite Teile der Weltbevölkerung infiziert und sie in rasende, blutrünstige Bestien verwandelt hat, verbleibt nur noch ein geringer Prozentsatz Überlebender und Nicht-Infizierter, die sich an unzugänglichen Orten verbarrikadiert haben. Zu einer Gruppe Überlebender, die sich gemeinsam mit Militärs in einer unterirdischen Anlage verschanzt haben, gehört auch Morgan, der aus ungeklärten Gründen die Fähigkeit besitzt, mit den Infizierten zu sprechen, deren Äußerungen für Außenstehende nur wie Knurren und Brüllen klingen. Der Plan, den Wissenschaftlerin Dr. Gina Rose verfolgt, ist simpel: Die Soldaten lesen Infizierte auf und verbringen sie zur Befragung durch Morgan in die Anlage. Der verhört die Gefangenen hinsichtlich Ort und Zeit ihrer Infektion, um so auf die Spur von "Patient Zero" zu kommen, der es den Forschenden vielleicht ermöglicht, ein Heilmittel zu entwickeln. Die Lage in der bunkerartigen Einrichtung allerdings ist ohnehin angespannt und dann sieht sich Morgan auch noch einem infizierten Professor gegenüber, der weit reflektierter und intelligenter wirkt als seine Artgenossen…

Rezension:

Der von Stefan Ruzowitzky (Cold Blood) realisierte Patient Zero ist wieder ein schönes Beispiel dafür, wie ich manchen Filmen allein aufgrund ihrer Besetzung eine Chance gebe und hier vereinen sich eben gleich drei von mir hochgeschätzte Darsteller, so dass Thema und Genre-Zuordnung letztlich nur das Tüpfelchen auf dem i gewesen sind, um mich zu einer Sichtung zu bewegen. Und obwohl das Cover bereits Genre-Flick schier schreit, ist die Prämisse des Ganzen – und deren Ausführung – durchaus clever geraten und vermag dem vermeintlich ausgelutschten Zombie-, beziehungsweise hier Infizierten-Subgenre neue Facetten abzuringen, auch wenn man natürlich auch hier die willentliche Aussetzung der Ungläubigkeit zu aktivieren hat, um akzeptieren zu können, dass eben einzig allein Morgan und niemand sonst in der Lage ist, mit den Infizierten zu kommunizieren. Ansonsten aber gibt man sich einen regelrecht wissenschaftlichen Anstrich mit der forcierten Suche nach Patient Null, um über diese Bande ein Heilmittel zu finden. Endlich einmal irrt also nicht eine unglückliche Bande Überlebender durch die Ödnis und kämpft ums nackte Überleben, sondern durchaus versierte und abgeklärte Individuen nehmen sich der Sache mit ausgeprägtem Pragmatismus an, selbst wenn man sich die genretypischen Reibereien zwischen Militärs und Forschern auch hier nicht verkneifen mag.

Szenenbild aus Patient Zero | © Sony Pictures Home Entertainment Inc.
© Sony Pictures Home Entertainment Inc.

Im Mittelpunkt der Geschehnisse stehen dabei der von Matt Smith (Doctor Who) verkörperte Morgan sowie die von Natalie Dormer (Picnic at Hanging Rock) porträtierte Dr. Gina Rose, die gleichsam eine überzeugend solide Rolle in ihrer Figur abgeben und zugegebenermaßen eben zwei Hauptgründe gewesen sind, dem Film überhaupt eine Chance zu geben, der nun auch nicht unbedingt mit wohlwollenden Kritiken bedacht worden ist, wenn man sich auf einschlägigen Seiten und Portalen so umsieht. Dabei hat Patient Zero die teils vernichtenden Kritiken beileibe nicht verdient, denn insbesondere zu Beginn präsentiert er sich als atmosphärisch ausgereiftes, intensives Kammerspiel, dass allein die Konversationen zwischen Morgan und dem jeweiligen Infizierten zu einer dramaturgischen Spannungssituation hochstilisiert, der man sich bereitwillig hingeben kann. Hier punktet speziell Smith mit dem zuweilen durchscheinenden Jähzorn seiner Figur, die ihre ganz eigenen Beweggründe hat, auf ein Heilmittel zu hoffen. Bezüglich Morgan und Gina bedient man zwar auch allerhand Stereotypen, aber das steht in Anbetracht der ansonsten gelungenen Prämisse, vor allem aber der ausgeprägten Kammerspiel-Atmosphäre hintenan. Und es ist auch nicht so, dass die fragmentarischen Hintergründe beider Figuren nicht auch ihren Zweck erfüllen und später noch Bedeutung sein würden, weshalb man darüber wohlwollend hinwegsehen kann.

Mit dem Erscheinen des von Stanley Tucci (Spotlight) personifizierten Professors allerdings schwingt sich Patient Zero noch einmal zu neuen dramaturgischen wie inszenatorischen Höhen auf, wenn Morgan überraschend und zum ersten Mal ein ihm ebenbürtiger Mann gegenübersitzt, der seine immer gleichen wie durchschaubaren Verhörmethoden nur mit einem müden Lächeln quittiert. Überhaupt ist Tucci die Freude an dieser gegen den Strich seiner sonstigen Rollenwahl gebürsteten Figur deutlich anzumerken und so zählen die Szenen mit ihm ohne Frage zu den stärksten des Films, weshalb man seinen Part gerne noch hätte ausbauen können, auch wenn er ohnehin ein gewichtiges Element für den Fortgang der Handlung darstellt. So haben wir es mit einem Werk zu tun, das anfänglich durchaus neugierig zu machen versteht, nur langsam hinter die Kulissen der Beweggründe und Zusammenhänge blicken lässt, im zweiten Drittel aber ungemein an Faszination und Intensität hinzugewinnt.

Szenenbild aus Patient Zero | © Sony Pictures Home Entertainment Inc.
© Sony Pictures Home Entertainment Inc.

Leider aber – und vielleicht ist das der Hauptgrund für die vielen Schmähungen – beginnt sich Patient Zero dann im finalen Akt/Drittel selbst zu torpedieren und rutscht bereitwillig in die Untiefen generischen Infizierten-Horrors ab, inklusive – bitte wertet das bei diesem Thema nicht als Spoiler – Eindringen in die vermeintlich sichere Anlage, hektischen Verfolgungsjagden und Verzweiflungstaten, was dann nicht nur die erzählerische Finesse und die kammerspielartige Atmosphäre ad absurdum führt, sondern eben auch die Cleverness und Faszination missen lässt, die den Film anfänglich so interessant gemacht haben. Vor allem aber das Ende selbst kommt dermaßen abrupt und unbefriedigend, dass ich mich noch während des Abspanns fragen musste, was da passiert sein mag, dass anscheinend urplötzlich alle Beteiligten die Lust an dem Projekt verloren haben. Dadurch endet das Werk leider reichlich unbefriedigend und bittet kaum eine echte Konklusion, was das Gesamtbild natürlich nachhaltig trübt, wiederum aber nicht automatisch bedeutet, dass man dem ansonsten sehr gelungenen Kammerspiel als Genre-Fan nicht trotzdem eine Chance geben könnte/sollte.

Fazit & Wertung:

Stefan Ruzowitzkys Patient Zero hätte womöglich das Zeug zum echten Geheimtipp gehabt, denn er ringt dem Infizierten-Sujet gehörig neue Facetten ab und punktet mit beklemmender, intensiver Atmosphäre und gelungener Dramaturgie, driftet allerdings im letzten Drittel so konsequent in Richtung generischen Survival-Horror ab, dass es eine wahre Schande ist.

6,5 von 10 wutentbrannten Infizierten

Patient Zero

  • Wutentbrannte Infizierte - 6.5/10
    6.5/10

Fazit & Wertung:

Stefan Ruzowitzkys Patient Zero hätte womöglich das Zeug zum echten Geheimtipp gehabt, denn er ringt dem Infizierten-Sujet gehörig neue Facetten ab und punktet mit beklemmender, intensiver Atmosphäre und gelungener Dramaturgie, driftet allerdings im letzten Drittel so konsequent in Richtung generischen Survival-Horror ab, dass es eine wahre Schande ist.

6.5/10
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Patient Zero ist am 25.10.18 auf Blu-ray bei Sony Pictures Home Entertainment Inc. erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

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vgw

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