Review: Ungehorsam (Film)

Auch in dieser Woche habe ich wieder insgesamt drei Film-Kritiken im Gepäck, die unterschiedlicher kaum sein könnten und den Anfang macht dann mal dieses Drama um eine tragische Liebe, von dem ich mir zugegebenermaßen ein wenig mehr erwartet hatte in Anbetracht der Besetzung.

Ungehorsam

Disobedience, USA/UK/IE 2017, 114 Min.

Ungehorsam | © Sony Pictures Home Entertainment Inc.
© Sony Pictures Home Entertainment Inc.

Regisseur:
Sebastián Lelio
Autoren:
Sebastián Lelio (Drehbuch)
Rebecca Lenkiewicz (Drehbuch)
Naomi Alderman (Buch-Vorlage)

Main-Cast:
Rachel Weisz (Ronit Krushka)
Rachel McAdams (Esti Kuperman)
Alessandro Nivola (Dovid Kuperman)

Genre:
Drama | Romantik

Trailer:

 

Inhalt:

Ungehorsam | © Sony Pictures Home Entertainment Inc.
© Sony Pictures Home Entertainment Inc.

Als Ronit vom Tod ihres Vaters erfährt, kehrt sie aus New York nach London zurück, um der Beisetzung beizuwohnen. In der kleinen jüdisch-orthodoxen Gemeinde ist man regelrecht überrascht, sie zu sehen, denn viele wussten nicht einmal, dass ihr Rabbi eine Tochter hatte, während viele alte Bekannte ihr gelinde gesagt skeptisch gegenüberstehen. Einzig Ronits Jugendfreundin Esti scheint sich zu freuen, sie wiederzusehen, und ist mittlerweile verheiratet mit Dovid, der die Nachfolge von Ronits Vater antreten soll. Die tiefe Kluft zwischen der traditionellen Gemeinde und der in ihren Augen aufmüpfigen Ronit ist dabei jederzeit präsent, doch dessen ungeachtet beginnen Esti und Ronit in Erinnerungen zu schwelgen und an ihre früheren Gefühle zueinander, die dann auch Stein des Anstoßes in der Gemeinde gewesen sind. Die Spannung zwischen den beiden ist jedoch nicht von der Hand zu weisen und insbesondere Ronit ist nicht bereit, sich der verurteilenden Haltung der Gemeinde zu unterwerfen…

Rezension:

Nach meinem Gefühl weitestgehend unbeachtet hat vor gut einem Jahr das von Sebastián Lelio inszenierte Drama Ungehorsam seinen Weg auch in die hiesigen Geschäfte gefunden und allein die Beteiligung der beiden namhaften Hauptdarstellerinnen schien derweil einen Blick wert zu sein, weshalb ich jüngst auch zugegriffen habe, ohne genau zu wissen, was mich eigentlich erwarten würde, gleichwohl sich die lesbische Liebesgeschichte ja im Grunde bereits vom Cover her erahnen lässt. Ganz bewusst aber schrieb ich von einem Drama und eben nicht einer Romanze, denn auch wenn die beiden Hauptakteure romantische Gefühle zueinander hegen, ist es doch weit mehr die Reaktion der jüdischen Gemeinde, die hier im Vordergrund steht und es den beiden Frauen verwehrt, ihre Gefühle auch auszuleben. Im Grunde also eine klassische Geschichte von verbotener Liebe, die ihren Reiz durch ihre Aktualität erhält, denn anders als in den großen Dramen eines Shakespeare – die Rede ist natürlich von Romeo & Julia – sind es eben nicht zwei verfeindete Familien, sondern der Liebe der beiden steht eine ganze, traditionalistisch wie verbohrt denkende Gemeinde gegenüber, deren Weltbild schlicht nicht akzeptieren will, dass zwei Frauen sich zueinander hingezogen fühlen können.

Ungehorsam | © Sony Pictures Home Entertainment Inc.
© Sony Pictures Home Entertainment Inc.

Zunächst einmal schwingt dieser Konflikt dann auch ganz und gar als Subtext mit und es braucht tatsächlich eine ganze Weile, bis innerhalb des Films aufgeklärt wird, welche Vergangenheit die von Rachel Weisz (Liebe zwischen den Meeren) verkörperte Ronit und die von Rachel McAdams (Game Night) dargestellte Esti verbindet. Dabei bezieht sich der Filmtitel Ungehorsam aber mitnichten nur auf die beiden Protagonistinnen, sondern findet sich auch als Leitmotiv an vielen anderen Stellen, wobei der Begriff hier auch mitnichten ein wertende Konnotation beinhalten soll. Nichtsdestotrotz muss ich für meinen Teil sagen, dass Lelios Film in seiner ganzen Darbietung doch sehr getragen und wenn schon nicht düster, so doch zumindest ausnehmend trist daherkommt. Das ließe freilich Raum für starke darstellerische Leistungen und ließe diese in den Fokus rücken, doch durch den Umstand, dass hier die meiste Zeit Gefühle totgeschwiegen und verheimlicht werden, wartet der Film mit weit weniger starken Einzelmomenten auf, als man das zunächst meinen würde. Es gibt sie, ohne Frage, und dann weiß der im Original als Disobedience betitelte und auf dem gleichnamigen Roman von Naomi Alderman (Die Gabe) beruhende Film gehörig für sich einzunehmen, doch überwindet er die selbst geschaffene, sich aus dem Sujet ergebende Distanz zu den Figuren zu selten, um durchweg zu überzeugen.

Das bedeutet mitnichten, dass es sich nicht um einen gelungenen Film handeln würde, doch dessen melancholische Prägung und die zurückgenommene Dramaturgie lassen ihn zuweilen auch etwas behäbig wirken, so dass es einerseits wirkt, als würde die veranschlagte Spielzeit von knapp zwei Stunden kaum reichen, um das Drama adäquat zur Geltung und Entfaltung zu bringen, andererseits aber auch so, als würde dem Gefühl nach vergleichsweise wenig in der Zeit passieren. Dass Ungehorsam kein reißerischer oder peppiger Film werden würde, war mir freilich schon im Vorfeld klar, doch bleibt er dennoch meines Erachtens durch die konsequente Tristesse ein wenig hinter seinen Möglichkeiten zurück, zumal er dadurch einen gewissen Fatalismus unterstellt, eine Unabänderlichkeit attestiert, die erst im letzten Drittel geringfügig aufgebrochen zu werden vermag.

Ungehorsam | © Sony Pictures Home Entertainment Inc.
© Sony Pictures Home Entertainment Inc.

Nichtsdestotrotz ist Ungehorsam aber lohnendes wie gelungenes Charakter-Kino, in dem sowohl Rachel Weisz als auch Rachel McAdams in diametral angelegten Rollen zu überzeugen wissen, wobei auch Alessandro Nivola (A Most Violent Year) als gar nicht mal so unwissender Rabbi und Ehemann von Esti nicht unerwähnt bleiben soll, der die heimliche Liebschaft dann auch zu einer Dreiecksbeziehung der etwas anderen Art erhebt. In den besten Momenten fallen das Mitfühlen und Bangen, Verständnis und Empathie dann auch nicht schwer, zumal einen auch die Lage des Ehemannes Dovid mitnichten kalt lässt, doch mir persönlich hätte ein kleiner Hoffnungsschimmer, ein Sonnenstrahl in diesem durch und durch fatalistischen Werk gutgetan, das zwar mit beeindruckender und lobenswerter Konsequenz zu Werke geht, dadurch zuweilen aber auch recht angestaubt und behäbig wirkt. Für Freunde starker, melancholisch geprägter Dramen ist Lelios Buch-Adaption zwar allein der schauspielerischen Leistung des Hauptdarsteller-Trios wegen einen Blick wert, doch hätte das Geschehen in meinen Augen durchaus noch etwas einnehmender inszeniert werden können, ohne die Botschaft und den Ansatz des Films zu verwässern.

Fazit & Wertung:

Sebastián Lelio schafft mit Ungehorsam ein gefühlvolles und von Tragik und Bedauern geprägtes Film-Drama um eine tragische Liebe, ergeht sich in seiner auf dem gleichnamigen Buch fußenden Adaption aber auch des Öfteren ein wenig zu sehr in der vorherrschenden Melancholie und Tristesse. Um schwere(re) Kost mag es sich zweifelsohne handeln, doch überträgt sich die geschaffene Distanz innerhalb des Films zuweilen eben auch auf den geneigten Zuschauer, so dass die Figuren für den Betrachter in vielerlei Hinsicht unnahbar bleiben.

6,5 von 10 Momenten unverhohlener Missbilligung

Ungehorsam

  • Momente unverhohlener Missbilligung - 6.5/10
    6.5/10

Fazit & Wertung:

Sebastián Lelio schafft mit Ungehorsam ein gefühlvolles und von Tragik und Bedauern geprägtes Film-Drama um eine tragische Liebe, ergeht sich in seiner auf dem gleichnamigen Buch fußenden Adaption aber auch des Öfteren ein wenig zu sehr in der vorherrschenden Melancholie und Tristesse. Um schwere(re) Kost mag es sich zweifelsohne handeln, doch überträgt sich die geschaffene Distanz innerhalb des Films zuweilen eben auch auf den geneigten Zuschauer, so dass die Figuren für den Betrachter in vielerlei Hinsicht unnahbar bleiben.

6.5/10
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Ungehorsam ist am 06.09.18 auf DVD und Blu-ray bei Sony Pictures Home Entertainment Inc. erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

DVD:

Blu-ray:

vgw

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