Review: No One Lives – Keiner überlebt! (Film)

Die Horrorctober-Beitragsreihe geht in die siebte Runde und passend zur just passierten Halbzeit kredenze ich eine Film-Kritik zu einem Werk, um das ich bereits seit Jahren herumgeschlichen bin, bevor ich mir nun anlässlich der Aktion einen Ruck zum Kauf gegeben habe.

No One Lives
Keiner überlebt!

No One Lives, USA/UK 2012, 86 Min.

No One Lives - Keiner überlebt! | © NSM Records
© NSM Records

Regisseur:
Ryûhei Kitamura
Autor:
David Cohen

Main-Cast:

Luke Evans (Driver)
Adelaide Clemens (Emma Ward)
Lee Tergesen (Hoag)
Laura Ramsey (Betty)
Derek Magyar (Flynn)
Beau Knapp (Denny)
America Olivo (Tamara)
Tyrus (Ethan)
Lindsey Shaw (Amber)

Genre:
Horror | Thriller

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus No One Lives - Keiner überlebt! | © Tiberius Film
© Tiberius Film

Betty und ihr Freund sind mit ihrem gesamten Hab und Gut auf dem Weg zu ihrer neuen Bleibe. Ihre Beziehung scheint zwar schon bessere Tage gesehen zu haben und ein romantisches Abendessen allein wird nicht reichen, ihre Probleme aus der Welt zu schaffen, doch viel schwerer wiegt, dass sie von einem Gangster behelligt werden, der ohnehin gerade auf Krawall gebürstet zu sein scheint. Bandenchef Harris unterbindet das zwar schnell, doch der jähzornige Flynn will die Sache nicht auf sich beruhen lassen, stellt dem Pärchen nach und überfällt sie auf nächtlicher Landstraße. Während Betty und ihr Freund in einer nahegelegenen Tankstelle festgehalten werden, findet Flynn hinter einer Trennwand im Kofferraum des Paares zu seiner Überraschung eine verängstigte junge Frau, die ihm prompt mitteilt, dass ihr Entführer sie alle töten werde. Als dann der Kontakt zu seinem Kumpel in der Tankstelle abreißt, deuten erste Zeichen darauf hin, dass die Gangsterbande sich womöglich wirklich mit dem Falschen angelegt hat…

Rezension:

Einige Jahre schon stand Ryûhei Kitamuras No One Lives – Keiner überlebt! auf meiner persönlichen Watchlist, nachdem mir schon Midnight Meat Train (den ich auch mal wieder gucken – und rezensieren – könnte) ausnehmend gut gefallen hat, doch bin ich weder bei der Gratis-Amazon-Prime-Sichtung noch der Blu-ray für einen schlappen Fünfer schwach geworden, was schlicht daran liegt, dass man hierzulande selbst in der 18er-Variante wieder mit einer gekürzten Fassung abgespeist wird, womit zwar "nur" rund anderthalb Minuten fehlen, für mich zumindest sich der Kauf damit allerdings erledigt hatte, weshalb ich mich nun – ebenfalls Horrorctober zum Dank – überwunden habe, ein wenig mehr Geld für die österreichische Blu-ray von NSM Records auf den Tisch zu legen, um diesen etwas andersartigen Slasher-Film dann auch in ganzer Länge und Brutalität genießen zu können. Der hebt sich allein schon durch Ausgangslage und Prämisse wohltuend vom sonst vorherrschenden Einheitsbrei ab und präsentiert Protagonist und anfänglich Opfer zeitgleich auch als den Film dominierenden Soziopathen, der mit eiskalter Präzision und Skrupellosigkeit gegen eine Gruppe Rednecks vorgeht, die sich ganz offenkundig mit dem Falschen angelegt haben.

Szenenbild aus No One Lives - Keiner überlebt! | © Tiberius Film
© Tiberius Film

So hat es hier weder kreischende Teenies und nächtliche Einschüchterungsaktionen, nein, auch auf moralischer Eben sind die Fronten nicht ganz so klar, wie es sonst oft der Fall ist, denn auch wenn wir sicher nicht darüber streiten müssen, dass der namenlos bleibende Protagonist ein Mensch gewordenes Monster darstellt, sind seine Opfer eben diesmal nicht unbescholtene Normalos, sondern selbst zu allem fähige Kriminelle, um die es subjektiv nicht gerade schade ist, was allein schon als Aufhänger und Aussage für die FSK schwierig gewesen sein dürfte, denn moralisch begibt sich Kitamura in No One Lives ganz ohne Frage auf wackliges Terrain. Sich dergestalt ambivalent zu positionieren, bringt aber auch mit sich, auch inszenatorisch keine Gefangenen mehr machen zu müssen und so ist es erfreulich, dass man dem Regisseur und Drehbuchautor anscheinend auch hier weitestgehend freie Hand gelassen hat, nachdem und obwohl sein Vorgängerfilm schon in den USA – die ja doch deutlich liberaler gegenüber ausufernden Gewaltspitzen sind – aufgrund seiner kompromisslosen Inszenierung keine breite Vermarktung erfahren hat.

Einmal mehr versichert sich Kitamura dabei eines überraschend namhaften Darstellers und holt hier nun nach Bradley Cooper im "Mitternachtsfleischzug" den charismatischen Luke Evans (Dracula Untold) ins Boot, der als Killer eine so ungemeine Präsenz an den Tag legt, dass im Grunde schon seine Beteiligung die Sichtung rechtfertigt, denn auch wenn der Film selbst nicht mit augenzwinkerndem Humor sein Geschehen aufzulockern versucht und der schlicht als "Driver" betitelte Protagonist wie auch Antagonist mit eiskalter, berechnender Akkuratesse zu Werke geht und kaum eine Miene verzieht, merkt man Evans schlichtweg an, welchen Spaß ihm diese gegen den Strich gebürstete Rolle bereitet haben muss. Noch weitaus interessanter wird es allerdings, wenn mit Emma Ward eines seiner früheren Opfer zum Geschehen stößt, denn nicht nur wird die von Adelaide Clemens verkörpert, die hier – im Gegensatz zum enttäuschenden Silent Hill: Revelation – etwas von ihrem schauspielerischen Talent zeigen kann, vor allem aber in einer faszinierenden wie erschreckenden Co-Abhängigkeit zu dem Psychopathen steht, der Wert darauf legt, nicht als profaner Serienkiller abgestempelt zu werden und sich auf einer gänzlich anderen Stufe der menschlichen Hackordnung verortet, dem man mit verstreichender Laufzeit zunehmend zuzustimmen geneigt ist.

Szenenbild aus No One Lives - Keiner überlebt! | © Tiberius Film
© Tiberius Film

Die genannte Redneck-Bande erfährt da nicht annähernd so viel Profil und dient in vielerlei Hinsicht als Kanonenfutter, doch liegt der Fokus in No One Lives unbestreitbar wie ungewöhnlich ganz und gar beim mordenden Bösewicht, während Emma dem Stereotyp der Damsel-in-Distress wohl noch am nächsten kommt, aber auch nicht ganz in dieses Schema passen will, wie sich aufgrund durch wohldosierter wie effektiver Rückblenden später erschließen wird. Und genau wie seine Tötungsmaschine geht auch Kitamura hier mit einer Ernsthaftigkeit zu Werke, die sich sehen lassen kann, so dass man nicht auf auflockernden Galgenhumor zu hoffen braucht, was aber nicht heißen soll, dass das Gemetzel nicht auf eine merkwürdige wie verstörende Art durchaus Spaß machen würde, wenn man sich dem Genre zugewandt und verbunden fühlt und es abkann, wenn hier genussvoll Menschen zerstückelt und auf einfallsreichste Weise ins Jenseits befördert werden. Damit gelingt Kitamura, einerseits Klischees und Erwartungen zu bedienen und sie andererseits ein ums andere Mal zu unterlaufen, denn allein die nur geringfügig abgewandelte Ausgangslage und der damit einhergehende milde Twist in ersten Drittel sorgen dafür, dass sich dieser Slasher so frisch anfühlt wie schon lange kein Vertreter des Genres mehr.

Fazit & Wertung:

Ryûhei Kitamuras macht auch mit No One Lives – Keiner überlebt! seinem Ruf alle Ehre und inszeniert einen kompromisslosen und dergestalt reichlich brutalen Slasher der etwas anderen Art, der sich mit einem Augenzwinkern zahlreicher Stereotype bedient und sie auf Basis seiner ungewöhnlichen Prämisse dennoch zu unterminieren versteht. Heimliches Highlight allerdings ist der ungemein charismatische Luke Evans, der mit sichtlicher Freude den akribisch zu Werke gehenden Killer gibt.

7,5 von 10 kreativen Tötungsarten

No One Lives – Keiner überlebt!

  • Kreative Tötungsarten - 7.5/10
    7.5/10

Kurzfassung

Ryûhei Kitamuras macht auch mit No One Lives – Keiner überlebt! seinem Ruf alle Ehre und inszeniert einen kompromisslosen und dergestalt reichlich brutalen Slasher der etwas anderen Art, der sich mit einem Augenzwinkern zahlreicher Stereotype bedient und sie auf Basis seiner ungewöhnlichen Prämisse dennoch zu unterminieren versteht. Heimliches Highlight allerdings ist der ungemein charismatische Luke Evans, der mit sichtlicher Freude den akribisch zu Werke gehenden Killer gibt.

7.5/10
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No One Lives – Keiner überlebt! ist am 02.10.13 in gekürzter Fassung ab 18 Jahren (81 Min. Laufzeit) auf DVD und Blu-ray bei Tiberius Film erschienen und ist zeitgleich in Österreich bei NSM Records in einer ungekürzten Variante (86 Min. Laufzeit) veröffentlicht worden, wobei die Blu-ray-Ausgabe am 21.12.18 eine Neuauflage als Amaray spendiert bekommen hat. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

DVD:

Blu-ray:

vgw

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