Review: Chaos im Netz (Film)

Kann ich mich einmal für etwas begeistern, bleibe ich bekanntermaßen auch am Ball und so kommt es, dass ich relativ prompt nun auch das zweite Abenteuer von Wreck-It Ralph nachgeholt habe.

Chaos im Netz

Ralph Breaks the Internet, USA 2018, 112 Min.

© Walt Disney

Trailer:

Inhalt:

© Walt Disney

Während Ralph mittlerweile mit seinem Leben mehr als zufrieden ist und nichts daran findet, tagein tagaus dasselbe Haus zu zerstören, was dann von seinem Freund und Arbeitskollegen Felix Jr. in Windeseile wieder auf Vordermann gebracht wird, hat Vanellope schon vor geraumer Zeit angefangen, sich zu langweilen, denn die ewig gleichen Rennstrecken und der wenig überraschende Alltag in "Sugar Rush" öden sie zusehends an. Ralph will ihr helfen und entwirft im Schweiße seines Angesichts eine neue, in die Landschaft gepflügte Rennstrecke, doch dummerweise geht dabei das Lenkrad in der Spielhalle kaputt und der Besitzer befürchtet, den Automaten aufs Abstellgleis zu verfrachten, da längst keine Ersatzteile mehr gefertigt und vertrieben werden. Unvermittelt sehen sich die Einwohner von "Sugar Rush" mit der Obdachlosigkeit konfrontiert und Vanellope und Ralph fassen den Plan, in dieses ominöse Internet aufzubrechen, wo tatsächlich eines der dringend benötigten Lenkräder in einem Online-Auktionshaus angeboten wird. Das allerdings gilt es, mit echtem Geld zu bezahlen und davon haben die beiden freilich noch nie etwas gehört oder besessen. Gut, dass so mancher Bewohner des Internet mit Ideen aufzuwarten weiß, wie man an die dringend benötigten Dollars kommen könnte…

Rezension:

Nachdem ich jüngst erst den herrlich unterhaltsamen wie einfallsreichen Ralph reichts für mich entdeckt habe, der sich auf liebevollste Art und Weise den Arcade-Games früherer Tage angenommen hat, durfte natürlich auch Ralphs neuer, immerhin rund sechs Jahre später entstandener Ausflug ins Internet nicht lange auf sich warten lassen und so habe ich mich jüngst nun auch an Chaos im Netz begeben, wie der originär als Ralph Breaks the Internet betitelte Streifen hierzulande benannt worden ist. Und bekanntermaßen haben es zweite Teile schwer, auch nur annähernd an die Genialität und unverbrauchte Frische des jeweiligen Erstlings heranzureichen, wobei es sich hier tatsächlich um eine der ruhmreichen Ausnahmen handelt, was freilich auch damit zusammenhängt, dass man sich mit dem Vorstoß in die Weiten des World Wide Web eine wortwörtlich neue Welt eröffnet, so dass es längst nicht mehr nur um eine Handvoll Spielfiguren geht, die in simpel gestrickten Spielautomaten-Abenteuern ihr Dasein fristen, denn Ralph (John C. Reilly, #9) bekommt es hier natürlich auch mit der vollen Social-Media-Breitseite zu tun, von zahlreichen bekannten Internetseiten und Portalen ganz zu schweigen.

© Walt Disney

Dass es aber auf zu neuen Ufern geht, hat natürlich auch Nachteile und so bekommt man von dem großartigen Duo Felix (Jack McBrayer, 30 Rock) und Calhoun (Jane Lynch, Manhunt: Unabomber) diesmal herzlich wenig zu sehen, auch wenn es schön ist, dass sie doch zumindest dabei sind und einen (stiefmütterlich) behandelten Subplot spendiert bekommen. Dafür aber bietet Chaos im Netz reichlich Gelegenheit, aus Sicht der unbedarften Freunde Ralph und Vaneloppe (Sarah Silverman, Take This Waltz) doch eine ganze Anzahl recht herrlicher Seitenhiebe auf das Internet selbst zu verteilen, zumal auch diesmal Disney keine Mühen gescheut hat, reichlich prominente Seiten auch in ihrer Version des Netzes vertreten zu sehen, so dass man sich direkt heimisch fühlt in dieser digitalen Scheinwelt, deren größtes Highlight es aber ist, dass Vanellope hier im weiteren Verlauf auf die versammelte Schar Disney-Prinzessinnen trifft, die ihr zudem näher zu bringen versuchen, wie man als waschechte Prinzessin seine Probleme lösen kann, indem man gedankenverloren in bedeutsames Wasser starrt und bald schon unweigerlich die Musik zu einem erhellenden Song einsetzt. Insbesondere schön wird dieser selbstreferenzielle Seitenhieb dadurch, dass man schon beim ersten Teil der irrigen Annahme war, es müsse sich doch eher um eine Pixar-Produktion handeln, denn hier unterstreicht man mehr als deutlich, aus welchem Hause die Ralph-Storys stammen.

Für insbesondere Vanellope darf aber freilich auch ein Rennspiel wieder nicht fehlen und dieses erinnert nicht von ungefähr an GTA, hält derweil in Gestalt von Shank – mit der Stimme von niemand Geringerem als Gal Gadot (Wonder Woman) – einen der interessantesten Neuzugänge im Cast bereit, während Sprecher-Profi Alan Tudyk (The Tick) nach King Candy hier nun KnowsMore, die freundliche Suchmaschine verkörpern darf. Im Kern des Ganzen geht es aber erst einmal darum, das nötige Kleingeld für ein defektes Lenkrad am "Sugar-Rush"-Automaten zu ergattern und hierfür nimmt Ralph alle erdenklichen Mühen in Kauf, sich zum viralen Hit im Netz zu entwickeln. Diesbezüglich wirkt Chaos im Netz zuweilen herrlich satirisch und spart auch die Schattenseiten nicht aus, auch wenn die unweigerlichen Hasskommentare in Richtung des sensiblen Ralph hier doch allzu rasch abgehandelt werden. Freilich stehen aber trotz cleverer und spitzfindiger Inszenierung Spaß und Kurzweil im Vordergrund und davon bietet auch der zweite Teil mehr als reichlich, wirkt zuweilen gar schmissiger als schon sein Vorgänger, weshalb ich auch gegen einen dritten Besuch bei Vaneloppe, Ralph und ihren Freunden nichts hätte, sollte das Skript ähnlich gelungen daherkommen wie hier.

© Walt Disney

Bei aller Umtriebigkeit und cleveren Idee, bei reichlich Humor und teils genialen, oft entlarvenden Einfällen ist Chaos im Netz aber auch hier wieder eine Geschichte über Freundschaft und zeigt ein weiteres Mal auf, wieso die Disney-Formel oftmals so erfolgreich und einnehmend ist, wenn man zu gleichen Teilen Emotionen und Lacher miteinander zu kombinieren vermag. Denn auch wenn Ralph und Vanellope unbestritten beste Freunde sind, teilen sie doch mitnichten sämtliche Ansichten und während sich die abenteuerlustige Rennfahrerin nach Abenteuern und neuen Erfahrungen sehnt, muss Ralph zunächst lernen, sie los- und ziehen zu lassen, ohne dass daran zwangsläufig ihre Freundschaft zerbrechen müsste. Bis es aber soweit ist, leistet er sich im weiteren Verlauf einen doch ziemlich schwerwiegenden Fauxpas, den man einer weniger sympathischen Figur kaum so schnell vergeben könnte wie hier, denn der amerikanische Originaltitel ist hier durchaus Programm und alsbald gerät das gesamte Internet in Gefahr. Eigentlich ein überflüssiges, weil selbstverständliches Detail, sieht freilich die ganze Chose auch wieder wahnsinnig gut aus und insbesondere die Interpretation des Internets weiß zu gefallen, so dass einen hier in Summe nicht ganz zwei Stunden durchweg überzeugender wie geistreicher Unterhaltung mit Herz erwarten.

Chaos im Netz ist am 06.06.19 auf DVD und Blu-ray bei Walt Disney erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!