Nach langer Zeit erwarten wir nachher mal wieder Besuch und daher gilt es, die Bude auf Vordermann zu bringen, weshalb ich mich mit der Einleitung kurz fasse und euch schlichtweg ein schönes Wochenende wünsche.
Coco
Lebendiger als das Leben
Coco, USA 2017, 105 Min.
© Walt Disney
Lee Unkrich
Adrian Molina (Co-Regisseur)
Adrian Molina
Matthew Aldrich
Anthony Gonzalez (Miguel [Stimme])
Gael García Bernal (Héctor [Stimme])
Benjamin Bratt (Ernesto de la Cruz [Stimme])
Alanna Ubach (Mamá Imelda [Stimme])
Renée Victor (Abuelita [Stimme])
Jaime Camil (Papá [Stimme])
Animation | Abenteuer | Fantasy
Trailer:
Inhalt:
© Walt Disney
Der zwölfjährige Miguel wünscht sich nichts sehnlicher, als Musiker zu werden und seinem großen Vorbild Ernesto de la Cruz nachzueifern, doch ausgerechnet seine Familie blickt seit Generationen voller Argwohn auf jedwede musikalische Ader, denn dereinst hat Miguels Ururgroßvater die Familie verlassen, um ebenfalls erfolgreicher Künstler zu werden, was dessen Frau Imelda nie verwunden hat. Einen entsprechend schweren Stand hat Miguels Wunsch für sein weiteres Leben und so muss er sich heimlich zu einem Talentwettbewerb schleichen, der pünktlich zum Dia de los muertos – dem Tag der Toten – veranstaltet wird, doch seine strenge Oma Abuelita kommt dahinter und entreißt ihm die Gitarre. Miguel weiß sich nicht anders zu helfen, als für den Wettbewerb die Gitarre des gefeierten Ernesto de la Cruz zu entwenden, doch verschlägt es ihn dadurch prompt ins Reich der Toten. Um von dort heimkehren zu können, benötigt er den Segen eines Familienmitglieds, doch als er in der jenseitigen Welt seiner Ururoma Imelda begegnet, knüpft sie ihren Segen an die Bedingung, dass Miguel für immer der Musik abschwört. Das will der natürlich nicht hinnehmen und sucht die Hilfe des ebenfalls verstorbenen und im Reich der Toten immens berühmten Ernesto de la Cruz…
Rezension:
Auf den ersten Blick mag es seltsam anmuten, dass sich ein amerikanisches Studio – in dem Fall Pixar – der mexikanischen Tradition des Dia de los muertos annimmt, um daraus einen Animationsfilm zu zimmern, zumal die Sache sicherlich schnell in die Hose hätte gehen können. Doch zum Glück nähern sich die Autoren und Animationsexperten dem Thema mit der gebotenen Ernsthaftigkeit und Ehrfurcht, so dass ich – allerdings natürlich nur von der Warte des Außenstehenden – attestieren kann, das man sich Glaube und Tradition mit größtem Respekt genähert hat und eine in vielerlei Hinsicht magische Welt erschaffen hat, was eben nicht nur für das Reich der Toten gilt, in dem sich weite Teile von Coco – Lebendiger als das Leben! abspielen, sondern eben auch die reich geschmückten Ofrendas, Altäre zum Gedenken der Toten, sowie die allgemein üppig gehaltene Dekoration zu diesem besonderen Festtag. Entsprechend ist man ganz nah bei Miguel, wenn der zum ersten Mal – und freilich reichlich unvermittelt – das Reich der Toten in seinen ganzen Ausmaßen erkennt, während der Junge natürlich allgemein als uneingeschränkter Sympathieträger gezeichnet wird.
© Walt Disney
Das ist auch nicht weiter verwerflich, nur lässt sich hieran eine der wohl größten Schwächen von Coco festmachen, denn die gesamte Konstellation, dass Miguel ausgerechnet Musiker werden möchte, während seine Familie die Läden verrammelt, wenn auf der Straße auch nur ein (musikalischer) Ton zu hören ist, wirkt schon reichlich platt konstruiert, während findige Zuschauer ohnehin früh ahnen werden, dass vieles in der Familiengeschichte der Riveras nicht so gewesen sein dürfte, wie es im ersten Filmdrittel propagiert wird. Und so grob die Prämisse daherkommt, gestaltet sich leider auch Miguels Abenteuer in der jenseitigen Welt, was mitnichten heißen soll, dass es dort echte Längen oder gar Langeweile zu verzeichnen gäbe, sondern nur, dass man hier eben gerne ähnlich innovativ hätte sein dürfen, wie es das Thema und der damit einhergehende Look – der ausnahmslos gelungen ist – quasi schon provoziert hätten. Hier muss dann aber die spektakuläre Optik über manch fadenscheinige Entwicklung oder zusammengebastelte Wendung hinwegtrösten, was mal mehr, mal minder gut gelingt. Und während Miguel als Protagonist über jeden Zweifel erhaben ist, wirkt seine restliche Familie doch schon reichlich borniert und oft grenzwertig bösartig, wenn sie ihm seine heißgeliebte Gitarre entreißen und zerstören oder eben seine Rückkehr ins Reich der Lebenden daran koppeln, dass er niemals wieder ein Instrument in die Hand nehmen dürfe.
Ebenfalls nicht uneingeschränkt sympathisch, zumindest zu Beginn, ist der Tote Hector, der sich Miguel alsbald als Führer durch das Land der Toten anbietet, um dadurch zu erreichen, dass der nach seiner Rückkehr ein Foto von Hector auf einer Ofrenda platziert. Denn nur, wer dergestalt in den Köpfen der Lebenden unvergessen ist, darf anlässlich des Dia de los muertos die aus Ringelblumenblättern bestehende Brücke passieren, die das Reich der Lebenden mit dem der Toten verbindet und ganz allgemein eines der Herzstücke des Films ausmacht. Gesprochen wird der in der amerikanischen und spanischen Sprachfassung des Films von dem weithin bekannten Gael García Bernal (Mozart in the Jungle), der neben Benjamin Bratt (Ich – Einfach unverbesserlich 2) als Ernesto de la Cruz eines der bekannteren Sprachtalente des Films darstellt, derweil der junge Anthony Gonzalez dem zwölfjährigen Miguel seine Stimme leihen und sogar selbst singen darf, denn insbesondere für einen Pixar-Film ist das Ganze doch erstaunlich gesangs- und musiklastig geworden. Leider muss ich hier sagen, dass mich die komponierten Songs, allen voran Remember Me beziehungsweise Denk stets an mich in der deutschen Fassung, nicht uneingeschränkt zu überzeugen wussten und dem Gefühl nach auch zu wenig mexikanisch geklungen haben, als dass man ihnen hätte abkaufen können, Ernesto de la Cruz wäre damit zu einer lokalen Legende geworden.
© Walt Disney
Mir ist bewusst, dass sich das in Summe vielleicht sogar richtig negativ anhören mag, doch keine Sorge, Coco wartet neben der formidablen Optik auch noch mit reichlich anderen Qualitäten auf, die schon mit Miguels Hund Dante beginnen, der eine erstaunliche Wandlung durchmachen wird und sich hinziehen bis zu kleinsten Momenten im jenseitigen Reich, die einen vor Rührung schon einmal kurz innehalten lassen. Und da wären wir an dem Punkt, an dem Regisseur Lee Unkrich mit dem Co-Verantwortlichen Adrian Molina merklich Boden gut macht, denn der nicht von ungefähr nach Miguels Uroma betitelte Film hat vor allem anderen das Herz am rechten Fleck und wenn man sich in den finalen fünf Minuten weit mehr als nur ein einsames Tränchen verdrücken muss, dann weiß man, dass die Autoren auch einiges richtig gemacht haben müssen. Wäre nun also der Rest des Films ähnlich überzeugend geraten wie sein emotionaler Kern und damit einhergehende Botschaft, er hätte spielend zum modernen Klassiker avancieren können, doch auch so reicht es freilich wieder einmal für eine uneingeschränkte Empfehlung, auch wenn dieser Pixar-Wurf nicht ganz so vorbehaltlos großartig geraten sein mag wie beispielsweise Alles steht Kopf als direkte Konkurrenz aus dem eigenen Hause.
Coco – Lebendiger als das Leben!
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Unvergessene Familienmitglieder - 8/10
8/10
Fazit & Wertung:
Lee Unkrich und das Pixar-Team präsentieren mit Coco – Lebendiger als das Leben! einen weiteren, thematisch innovativen und emotional überzeugenden Wurf, dessen eigentliche Dramaturgie allerdings eher generisch daherkommt. Die großartige Optik mag oft darüber hinwegtrösten, dass das eigentliche Abenteuer sich mehrfach wie nach Schema F produziert anfühlt, doch kostet es das ansonsten ungemein empfehlenswerte Werk natürlich Abzüge in der B-Note.
Coco – Lebendiger als das Leben ist am 29.03.18 auf DVD, Blu-ray und 3D Blu-ray bei Walt Disney erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!
DVD:
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