Review: Onward – Keine halben Sachen (Film)

Diese Woche gehe ich bei den Film-Kritiken – wenn auch unbeabsichtigt – den umgekehrten Weg, habe am Dienstag mit dem stärksten Vertreter gestartet und werde morgen mit dem schwächsten enden, wobei die qualitativen Unterschiede tatsächlich marginal sind und auch das heutige Werk ohne Frage eine nahezu uneingeschränkte Empfehlung darstellt.

Onward
Keine halben Sachen

Onward, USA 2020, 102 Min.

Onward - Keine halben Sachen | © Walt Disney
© Walt Disney

Regisseur:
Dan Scanlon
Autoren:
Dan Scanlon
Jason Headley
Keith Bunin

Main-Cast:
Tom Holland (Ian Lightfoot [Stimme])
Chris Pratt (Barley Lightfoot [Stimme])
in weiteren Rollen:
Julia Louis-Dreyfus (Laurel Lightfoot [Stimme])
Octavia Spencer (The Manticore [Stimme])

Genre:
Animation | Abenteuer | Fantasy | Komödie

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus Onward - Keine halben Sachen | © Walt Disney
© Walt Disney

Einst war die Magie sehr präsent in de Welt und das Leben voller aufregender Quests und Abenteuer, Gefahren und Prüfungen, aber auch voller Zauber und Faszination. Doch mit dem Fortschritt geriet das magische Wissen mehr und mehr in Vergessenheit und Bequemlichkeit machte sich breit, so dass die Feen das fliegen verlernten, Mantikore sich zur Ruhe setzten, Zentauren sich lieber mit dem Auto anstatt ihren eigenen Hufen bewegten und alles in einen gemächlichen, absolut magiebefreiten Trott verfiel. Einer der wenigen, der diesen mystischen Zeiten hinterhertrauert, ist Ians älterer Elfen-Bruder Barley, der ein ausgeprägtes Faible für Rollenspiele und Abenteuergeschichten besitzt, die allesamt auf historischen Aufzeichnungen beruhen, wie er immer wieder betont. Ian kann damit weit weniger anfangen und sein Bruder ist ihm immer wieder peinlich, doch zu dessen sechzehntem Geburtstag erhält er unverhofft ein verspätetes Geschenk von seinem vor Jahren verstorbenen Vater, den er nie hat kennenlernen dürfen. Dabei handelt es sich um einen Zauberstab nebst Spruch, um den Vater zumindest für 24 Stunden zurückzubringen, doch der Zauber geht schief und einzig der Unterkörper von Ians und Bradleys Vater hat sich materialisiert. Nun benötigen die beiden Brüder einen neuen Phoenix-Stein, um den Rest ihres Vaters zurückzuholen, doch die Zeit drängt. Zum Glück aber kennt Barley sich damit aus, was es heißt, eine Quest zu bestreiten und hat dank jahrelangem Rollenspiel auch profunde Kenntnis von so mach hilfreichem Zauberspruch…

Rezension:

Wieder einmal dank Disney+-Abo bin ich jüngst in den Genuss von Onward – Keine halben Sachen gekommen und kann schon einmal vorwegschicken, dass auch diese Pixar-Produktion mich wieder zu begeistern gewusst hat, auch wenn ich einräumen muss, dass ich mich hier mehr denn je zur Zielgruppe zähle, denn Rollenspiele kenne ich ebenfalls zuhauf und konnte mit der Prämisse folglich vielleicht noch ein Quäntchen mehr anfangen als so manch anderer Zuschauer. Nichtsdestotrotz funktioniert die Formel sicherlich auch ohne diesbezügliche Erfahrung und es ist schlichtweg wieder ungemein clever und kreativ, eine von theoretisch magischen Wesen bevölkerte Welt zu schaffen, denen der Sinn für das Magische abhandengekommen ist und die trotzt spitzer Ohren oder Flügel effektiv so wirken wie einer amerikanischen Durchschnittsstadt entsprungen. Hier hat der Film dann auch schon seine besten Momente, wenn er eben einen einst gefürchteten Mantikor – mit der Stimme von Octavia Spencer (Begabt) – zur Betreiberin eines Familienrestaurants macht, ein Zentaur – halb Mensch, halb Pferd – sich tagtäglich in ein Auto quetscht oder rüpelhafte Feen sich unlängst zu einer aggressiven Biker-Gang zusammengetan haben.

Szenenbild aus Onward - Keine halben Sachen | © Walt Disney
© Walt Disney

Das Team-up ist dabei klassisch wie effektiv, denn während der ältere Elfen-Bruder Barley wie ein typischer Versager wirkt und seine Zeit mit allerhand Fantasy-Spielen vertut – die hier auf historischen Aufzeichnungen fußen – gibt der jüngere Ian den Skeptiker, der von Magie und dergleichen nichts wissen will und sich nur widerwillig auf das Abenteuer einlässt, mit seinem Bruder eine Quest zu bestreiten. Die benötigt natürlich einen zwingenden und drängenden Grund und da ist die Möglichkeit der zeitweiligen Rückkehr des gemeinsamen Vaters natürlich Grund genug, etwaige Bedenken über Bord zu werfen. Bei der kreativen Entscheidung, den wortwörtlich halben Vater zurückkehren zu lassen, so dass die beiden fortan dessen orientierungslose Beine im Schlepptau haben, bin ich zugegebenermaßen skeptisch und auch als Freund von schwarzem Humor funktioniert dieser Ansatz für mich nicht immer, ist andererseits für einige Schlüsselszenen aber durchaus vonnöten. Überhaupt ist Onward in Sachen Kreativität ein zweischneidiges Schwert, denn während der Film in Sachen Worldbuilding und diesbezüglichem Einfallsreichtum über wirklich jeden Zweifel erhaben ist, wirkt die eigentliche Coming-of-Age-Story der beiden Brüder doch zuweilen ein wenig aufgewärmt und vor allem kalkuliert, zumal Ian, Barley und auch deren Mutter (gesprochen von Julia Louis-Dreyfus) reichlich schablonenhaft wirken.

Dennoch macht die Abenteuerreise natürlich eine Menge Spaß und gerade am Wegesrand vermag man einiges an kleinen, liebevoll inszenierten Gags und Ideen zu finden, während die Geschichte zwar in ihrem Kern ein wenig generisch wirken mag, aber eben auch trotzdem genau weiß, welche Knöpfe sie zu drücken hat, um die Zuschauer letztlich zu Tränen zu rühren. Denn nur weil etwas simpel oder wenig einfallsreich daherkommt, heißt das natürlich noch lange nicht, dass es nicht einem auch zu Herzen gehen könnte und das darf man wohl ruhig als eine der Paradedisziplinen der Pixar-Ideenschmiede bezeichnen. Das gelingt unter anderem auch, weil die beiden ungleichen Brüder einem binnen kürzester Zeit ans Herz wachsen und sich – natürlich – im weiteren Verlauf zusammenraufen und erkennen, was sie aneinander haben. Neben dem Storytelling zeichnen hier aber nicht nur die gewohnt großartigen Animationen dafür verantwortlich, dass die Geschichte funktioniert, sondern auch die für die Stimmen der beiden verpflichteten Shooting-Stars Tom Holland (Spider-Man) als Ian sowie Chris Pratt (der bereits schon Emmet in The Lego Movie seine Stimme leihen durfte) als Barley, die sich mindestens ebenso gut zanken und anfeinden können, wie sich später wieder versöhnen und vertragen.

Szenenbild aus Onward - Keine halben Sachen | © Walt Disney
© Walt Disney

Jeder, der in der Vergangenheit also schon etwas mit den Pixar-Animationsfilmen anzufangen gewusst hat, wird also sicherlich auch von Onward kaum enttäuscht werden und jeder, der ein mehr oder minder ausgeprägtes Faible für Fantasy- und Rollenspiele jeglicher Art hat, wird sich vermutlich gleich doppelt gut unterhalten fühlen, auch wenn die Würdigung der zahllosen Querverweise mitnichten vonnöten ist, um das im Kern befindliche Familiendrama genießen zu können. Besonderes Lob verdient allerdings auch der Humor, der äußerst vielgestaltig daherkommt und sich einerseits auf Situationskomik und die Prämisse der magiebefreiten Fantasy-Welt stützt, andererseits aber auch einiges an Slapstick und Albereien zu bieten hat, so dass hier für Unterhaltung jeglicher Altersklasse gesorgt sein dürfte. Das letzte Fitzelchen Genialität und (erzählerischer) Einfallsreichtum mögen fehlen, um den Film in den Olymp der zeitlosen und universellen Animations-Hits aufsteigen zu lassen, doch bedeutet das in keiner Weise, dass es sich nicht dennoch um einen rundherum gelungenen, anrührenden und witzigen Ausflug in eine clever inszenierte Welt handeln würde.

Fazit & Wertung:

Dan Scanlon inszeniert mit Onward – Keine halben Sachen eine Fantasy-Welt, die sich längst von der Magie verabschiedet und sie zum Mythos erklärt hat. Zu sehen, wie Elfen, Feen, Zentauren und Mantikore sich in einer der unsrigen nachempfundenen Welt verhalten würden, strotz dabei vor Kreativität und Einfallsreichtum, wohingegen die eigentliche Coming-of-Age-Story zweier ungleicher Brüder beinahe einfallslos wirkt. Das macht aber wenig, denn dank sympathischer Figuren, großartiger Animationen und einer – natürlich – zu Herzen gehenden Story fällt das kaum negativ ins Gewicht.

8 von 10 vergessenen Zaubersprüchen

Onward – Keine halben Sachen

  • Vergessene Zaubersprüche - 8/10
    8/10

Fazit & Wertung:

Dan Scanlon inszeniert mit Onward – Keine halben Sachen eine Fantasy-Welt, die sich längst von der Magie verabschiedet und sie zum Mythos erklärt hat. Zu sehen, wie Elfen, Feen, Zentauren und Mantikore sich in einer der unsrigen nachempfundenen Welt verhalten würden, strotz dabei vor Kreativität und Einfallsreichtum, wohingegen die eigentliche Coming-of-Age-Story zweier ungleicher Brüder beinahe einfallslos wirkt. Das macht aber wenig, denn dank sympathischer Figuren, großartiger Animationen und einer – natürlich – zu Herzen gehenden Story fällt das kaum negativ ins Gewicht.

8.0/10
Leser-Wertung 8/10 (1 Stimmen)
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Onward – Keine halben Sachen ist am 23.07.2020 auf DVD, Blu-ray und 3D Blu-ray bei Walt Disney erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

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vgw

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