Heute mal kein klassischer Vertreter für einen Schlechte-Filme-Donnerstag, sondern ein durchaus nettes Werk für zwischendurch, von dem ich mir aber zugegebenermaßen mehr Witz und Pep erwartet hätte.
The Little Hours
Stoßgebete und andere Todsünden
The Little Hours, CA 2017, 90 Min.
© Concourse Media
Jeff Baena
Jeff Baena (Drehbuch)
Giovanni Boccaccio (Buch-Vorlage)
Alison Brie (Alessandra)
Dave Franco (Massetto)
Kate Micucci (Ginevra)
Aubrey Plaza (Fernanda)
John C. Reilly (Father Tommasso)
Molly Shannon (Sister Maria)
Fred Armisen (Bishop Bartolomeo)
Jemima Kirke (Marta)
Lauren Weedman (Francesca)
Nick Offerman (Lord Bruno)
Paul Reiser (Ilario)
Adam Pally (Guard Paolo)
Paul Weitz (Lurco)
Jon Gabrus (Guard Gregorio)
Komödie | Romantik
Trailer:
Inhalt:
© Concourse Media
Eigentlich genießt es dem Diener Massetto, sich mit der Hausherrin Francesca zum nächtlichen Stelldichein zu treffen, doch weil die immer unvorsichtiger wird, kommt ihr Mann Lord Bruno dahinter und Massetto muss die Flucht nach vorn antreten. Im Wald begegnet er dem sichtlich betrunkenen Pfarrer Tommasso, der soeben seinen Pferdewagen im Rausch in Richtung Bach gesteuert hat, wobei all die hübschen Stickereien der Nonnen versenkt wurden. Für Massettos Hilfe aber will sich der Pfarrer erkenntlich zeigen und bietet ihm an, in seinem Kloster unterzukommen, wobei Massetto sich taub und stumm zu stellen habe. Schnell wird dem einstigen Diener klar, vom Regen in die Traufe geraten zu sein, denn Tommassos Warnung, seine Nonnen würden schnell ausfallend bis hin zu gewalttätig sein, ist noch untertrieben, zumal die Anwesenheit des attraktiven Massetto sie auch anderweitig zu reizen beginnt…
Rezension:
Nachdem ich vergangene Woche die Indie-Perle Horse Girl für mich entdeckt hatte, war es kein langer Weg, mich im Nachgang auch The Little Hours – Stoßgebete und andere Todsünden zuzuwenden, der nicht nur vom selben Regisseur – Jeff Baena – stammt, sondern auch dessen erste Zusammenarbeit mit Alison Brie markiert, die hier eine der drei Nonnen verkörpert, die es in der einen oder anderen Form auf den vermeintlich taubstummen Diener Massetto abgesehen haben. Dabei ist der rund anderthalbstündige Reigen in vielerlei Hinsicht interessant geraten, denn einerseits fußt die Erzählung auf der um 1350 herum erschienen Novellensammlung "Decamerone" (konkret der ersten Geschichte des dritten Tages), während andererseits Baena – ebenfalls Drehbuchautor des Ganzen – die Dialoge weitestgehend von den DarstellerInnen hat improvisieren lassen. Das mag mal gut, mal schlechter glücken, doch macht es den Film auf alle Fälle eigensinnig und einzigartig, was allerdings auch Geschmackssache sein dürfte. Auf der Suche nach einer klassischen Komödie ist man hier dann auch eher an der falschen Adresse und vieles speist sich aus Absurdität, Anachronismen und anarchischen Zoten, was zwar sehr unterhaltsam, aber nicht immer witzig sein mag.
© Concourse Media
So ist zwar der Ansatz zu erkennen, das Ensemble durchweg spiel-, und vor allem improvisationsfreudig, doch wirklich bissig oder auch nur brüllend komisch wird es selten, wobei der Running-Gag schlechthin, wenn die Nonnen von der einen auf die andere Sekunde in den (nicht nur verbalen) Berserker-Modus schalten, tatsächlich ein ums andere Mal funktioniert. Ansonsten ist das alles schon sehr entspannt und wenig aufgeregt inszeniert, was die Produktion zwar sympathisch, aber auch etwas handzahm wirken lässt. Trotz nackter Haut, allerlei Frivolität und so manch derbem Dialog wirkt das also alles ein bisschen sehr auf familientauglich getrimmt, ohne dass man konkret den Finger draufhalten könnte. Ansonsten mag man aber auch dramaturgisch nicht allzu viel von The Little Hours erwarten, denn was sich im Fall der Darstellungen und Dialoge als Segen entpuppt, erweist sich in Sachen Storytelling doch eher als Nachteil, wenn die Szenen mehr wie notdürftig aneinandergereiht wirken und nur wenig roten Faden erkennen lassen, derweil manch vermeintlicher Plot-Point dann doch wieder fallengelassen wird, ohne dass man weiter drauf eingeht.
Auf der anderen Seite lebt der Film aber natürlich von dieser beinahe forcierten Unangepasstheit und Freunde eher ungewöhnlicher, teils spleeniger Werke dürften hier dann doch ihre Freude haben, derweil ich dem Ganzen noch immer mit eher gemischten Gefühlen gegenüberstehe. Einerseits ist The Little Hours wirklich kurzweilig und charmant, andererseits aber eben auch ein bisschen behäbig. Die großen Pluspunkte werden hier dann letzten Endes tatsächlich durch das Ensemble eingefahren, allen voran von den drei Nonnen und deren Darstellerinnen, namentlich Alison Brie (GLOW), begleitet von Aubrey Plaza (Ingrid Goes West) und Kate Micucci. Hierzu gesellen sich Dave Franco (The Disaster Artist), der allerdings weit weniger zu tun hat und bekommt, aber auch John C. Reilly (The Sisters Brothers), der in der Rolle des trinkfreudigen Pfarrers Tommasso zwar sehr genau darüber Bescheid weiß, was alles als Sünde zu werten ist, gleichwohl aber eine Liaison mit Schwester Maria (Molly Shannon, Ich und Earl und das Mädchen) unterhält. Gemessen an dem geballten komödiantischen Talent muss ich aber auch festhalten, dass ich angenommen hätte, öfter und lauter lachen zu müssen, als es letztlich der Fall gewesen ist.
© Concourse Media
Dennoch, es muss – und soll – ja nicht immer die glattgebügelte Mainstream-Komödie mit durchkalkulierten Gags sein, nur muss man die Art der Inszenierung eben mögen, die für meinen Geschmack bissiger und spritziger hätte ausfallen können. Schön absurd ist es aber allemal, was Jeff Baena hier mit eingeschworenem Team auf die Leinwand gezaubert hat, zumal das aus der Zeit gefallen wirkende Gebaren der Protagonisten durchaus amüsant geraten ist und – das muss man The Little Hours zugute halten – der Film mit wohl einer der denkwürdigsten Verfolgungsjagden aufwartet. Die macht zudem schnell und früh deutlich, dass man das Gezeigte nicht zu ernst nehmen sollte, sondern als das auffasst, was es sein möchte: ein entspanntes, spleeniges Vergnügen, das mit seinem ganz eigenen Humorverständnis aufwartet.
The Little Hours – Stoßgebete und andere Todsünden
-
Liebestolle wie jähzornige Nonnen - 6/10
6/10
Fazit & Wertung:
Jeff Baena trommelt für The Little Hours – Stoßgebete und andere Todsünden eine ganze Riege mehr oder minder berühmter Comedy-Stars und alter Bekannter zusammen, denen er in seinem lässig inszenierten Treiben weitestgehend freie Hand lässt. Das Ergebnis mag dabei nicht unbeschreiblich witzig gerate sein, punktet aber zumindest mit seinem ganz eigenen, teils verqueren Charme.
The Little Hours – Stoßgebete und andere Todsünden ist unter anderem bei Amazon Prime Instant Video verfügbar.