Review: Ich und Earl und das Mädchen (Film)

Auch heute habe ich natürlich wieder eine Film-Kritik im Gepäck und bleibe einmal bei den eher kleineren, weniger beachteten Produktionen, wie es ja auch schon am Dienstag der Fall gewesen ist. Morgen dafür – passend zum Wochenende – gehe ich dann natürlich auch wieder einen Schritt Richtung Blockbuster.

Ich und Earl und das Mädchen

Me and Earl and the Dying Girl, USA 2015, 105 Min.

Ich und Earl und das Mädchen | © Twentieth Century Fox
© Twentieth Century Fox

Regisseur:
Alfonso Gomez-Rejon
Autor:
Jesse Andrews (Drehbuch & Buch-Vorlage)

Main-Cast:
Thomas Mann (Greg)
Olivia Cooke (Rachel)
RJ Cyler (Earl)
in weiteren Rollen:
Nick Offerman (Greg’s Dad)
Molly Shannon (Denise)
Jon Bernthal (Mr. McCarthy)
Connie Britton (Greg’s Mom)

Genre:
Komödie | Drama | Romantik

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus Ich und Earl und das Mädchen | © Twentieth Century Fox
© Twentieth Century Fox

Greg hat geschafft, wovon viele nur träumen können, indem er sich gegenüber sämtlichen an seiner Highschool vertretenen Fraktionen neutral verhält, wofür die ihn im Umkehrschluss ebenfalls in Ruhe lassen. Damit ist Greg schon in jungen Jahren das Paradebeispiel eines ausgemachten Eigenbrötlers und selbst seinen einzigen Freund Earl, mit dem gemeinsam er passioniert Filme dreht, bezeichnet er "eher als Arbeitskollegen". Diese sorgsam gepflegte Abgrenzung von der Welt gerät allerdings gehörig ins Wanken, als Gregs Mutter ihn dazu nötigt, Zeit mit seiner Schulkameradin Rachel zu verbringen, nachdem bei ihr Leukämie diagnostiziert worden ist. Nun hat weder Rachel Lust auf einen Mitleidsbesuch, noch versteht Greg den Sinn dahinter, nun so zu tun, als würde man sich kennen oder mögen, doch schlussendlich beginnen die beiden sich anzufreunden, während Rachels Krankheit zunehmend an ihren Kräften zu zehren beginnt…

Rezension:

Über Ich und Earl und das Mädchen bin ich schon einige Male beim Stöbern gestolpert, doch so richtig mein Interesse wecken konnte der Film dann tatsächlich erst, nachdem mir Olivia Cooke dank Ready Player One ein Begriff gewesen ist. Dabei fiel mir zunächst einmal aber auf, um wie vieles poetischer – und treffender – der Originaltitel Me and Earl and the Dying Girl gewesen ist, weshalb es mir mal wieder völlig unverständlich ist, wieso man nicht einfach den englischen Titel beibehalten oder zumindest den deutschen um das Wörtchen "sterbende" ergänzt hat, zumal die Zuschauerschaft dann doch etwas eher wüsste, welche Art Geschichte sie hier erwartet. So gingen erste Tendenzen sicherlich in Richtung romantischer Highschool-Komödie, was zwar in Ansätzen korrekt sein mag, aber nicht annähernd abbildet, wie viel ernsthafter und berührender dieser Film in seinen besten Momenten zu sein vermag, selbst wenn einem dafür das Lachen gerne auch mal im Halse steckenbleiben mag.

Szenenbild aus Ich und Earl und das Mädchen | © Twentieth Century Fox
© Twentieth Century Fox

Aufhänger der Geschichte – und des originalen Titels – ist dabei die Leukämieerkrankung von Rachel, die ihrerseits Schulkameradin von Greg ist, der hier gezwungen wird, Zeit mit ihr zu verbringen. Begleitet wird die sich langsam entfaltende Story dabei überwiegend von Off-Kommentaren seitens Greg, der sich zwar einerseits als kluger und redegewandter, andererseits aber auch immer wieder als unzuverlässiger Erzähler zu erkennen gibt und gerade zu Beginn rein gar nichts mit dem Gedanken anfangen kann, sich nun aus unerfindlichen Gründen um die erkrankte Rachel bemühen zu sollen. Die ihrerseits wird von der eingangs erwähnten Olivia Cooke (Vollblüter) verkörpert und zieht schnell die Sympathien auf ihre Seite, so tragisch ihre Figur auch angelegt sein mag. Im Zentrum – und zuweilen auch durchaus egozentrisch – ist allerdings Greg als Erzähler und Protagonist, der seinerseits von Thomas Mann (kannte ich bislang nur aus einer winzigen Nebenrolle in Kong: Skull Island) dargestellt wird, der mich ein wenig an den jüngeren Domhnall Gleeson erinnert und ein nicht minder einnehmendes Wesen hat. Dessen bester Freund Earl (RJ Cylyer) derweil nimmt im Gesamtkontext des Gezeigten überraschend wenig Raum ein, ist dafür aber immerhin für ein paar Schlüsselszenen zwischen Greg und Rachel (mit)verantwortlich, die untermauern, dass es sich hier eben nicht um die klassische Highschool-Liebschaft handelt, wie man sie schon hundertfach gesehen hat.

Ansonsten müht sich aber auch Regisseur Alfonso Gomez-Rejon und Drehbuchautor Jesse Andrews (der auch für die literarische Vorlage des Films verantwortlich zeichnet) redlich, Ich und Earl und das Mädchen nicht wie all die anderen Highschool-Komödien und Coming-of-Age-Dramen aussehen zu lassen, was sich hier insbesondere darin widerspiegelt, dass der Film geradezu gespickt ist mit popkulturellen Verweisen und cinephilen Einstellungen und Reminiszenzen, die zu großen Teilen daher rühren, dass Greg und Earl eben seit frühester Kindheit (und mit einfachsten Mitteln) eigene Filme drehen, die sich an den Titeln bekannter Klassiker orientieren und diese mehr oder minder verballhornen. Gerade in visueller Hinsicht, aber auch was zuweilen den Aufbau seines Plots anbelangt, geht Gomez-Rejons Werk also durchaus ungewöhnliche Wege und bedient sich einer gewissen Schrulligkeit und Spleenigkeit, die zunehmend Greg als eigenbrötlerischen Außenseiter etablieren, der sich erst langsam gegenüber Rachel zu öffnen beginnt.

Szenenbild aus Ich und Earl und das Mädchen | © Twentieth Century Fox
© Twentieth Century Fox

Leider aber muss ich sagen, dass Ich und Earl und das Mädchen noch weitaus besser hätte werden können – ohne damit sagen zu wollen, dass der Film nicht gut wäre – wenn er sich noch etwas zielgerichteter zwischen Komödie und Drama bewegen würde, denn so beschwingt die erste Hälfte ungeachtet der bedeutungsschwangeren Diagnose gerät, so sehr kippt das Geschehen zunehmend in Richtung tragischem Drama und verliert beinahe augenblicklich an Witz und Leichtfüßigkeit, die er auch kaum je in dem Ausmaß wiedererlangt. Nichtsdestotrotz erzählen Gomez-Rejon und Andrews eine zutiefst anrührende Geschichte und insbesondere in den Nebenrollen wissen zudem einige bekannte DarstellerInnen – allen voran Jon Bernthal (The Punisher) als unorthodoxer Lehrer Mr. McCarthy – zu gefallen, derweil der Film durchaus mit einigen markanten wie denkwürdigen Szenen zu begeistern versteht, von denen jene, in der sich Greg von einem Wolverine-Poster in Gedanken maßregeln lässt (natürlich gesprochen von Hugh Jackman), lediglich exemplarisch angeführt werden soll.

Fazit & Wertung:

Regisseur Alfonso Gomez-Rejon trifft in Ich und Earl und das Mädchen inszenatorisch zwar nicht immer den richtigen Ton, erzählt aber dessen ungeachtet eine zu Herzen gehende Geschichte, die mit allerlei liebenswert-schrulligen Figuren und noch deutlich mehr popkulturellen Querverweisen angereichert worden ist. Dabei überzeugen neben dem Hauptdarsteller-Trio Thomas Mann, Olivia Cooke und RJ Cyler vor allem die feinfühlige Erzählweise und der leise Humor.

8 von 10 selbstgedrehten Filmen

Ich und Earl und das Mädchen

  • Selbstgedrehte Filme - 8/10
    8/10

Fazit & Wertung:

Regisseur Alfonso Gomez-Rejon trifft in Ich und Earl und das Mädchen inszenatorisch zwar nicht immer den richtigen Ton, erzählt aber dessen ungeachtet eine zu Herzen gehende Geschichte, die mit allerlei liebenswert-schrulligen Figuren und noch deutlich mehr popkulturellen Querverweisen angereichert worden ist. Dabei überzeugen neben dem Hauptdarsteller-Trio Thomas Mann, Olivia Cooke und RJ Cyler vor allem die feinfühlige Erzählweise und der leise Humor.

8.0/10
Leser-Wertung 9/10 (1 Stimmen)
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Ich und Earl und das Mädchen ist am 24.03.16 auf DVD und Blu-ray bei Twentieth Century Fox erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

DVD:

Blu-ray:

vgw

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