Review: The Old Guard (Film)

Kommen wir heute mal wieder zu einem Netflix-Streifen, der mich trotz kleinerer dramaturgischer Durchhänger durchaus zu unterhalten und überzeugen gewusst hat, vor allem aber wieder hochkarätig und stimmig besetzt worden ist.

The Old Guard

The Old Guard, USA 2020, 125 Min.

The Old Guard | © Netflix
© Netflix

Regisseurin:
Gina Prince-Bythewood
Autor:
Greg Rucka (Drehbuch & Comic-Vorlage)

Main-Cast:

Charlize Theron (Andy)
KiKi Layne (Nile)
Matthias Schoenaerts (Booker)
Marwan Kenzari (Joe)
Luca Marinelli (Nicky)
Chiwetel Ejiofor (Copley)
Harry Melling (Merrick)
Van Veronica Ngo (Quynh)

Genre:
Action | Fantasy

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus The Old Guard | © Netflix
© Netflix

Gemeinsam mit drei fähigen Söldnern bildet Andy eine schlagkräftige Engreiftruppe für prekäre Einsätze, wobei sie Aufträge wie auch Auftraggeber sorgsam durchleuchten und auswählen. Jüngst aber hat Andy sich eine Auszeit genommen, denn was niemand außerhalb der eingeschworenen Gruppe weiß, ist, dass sämtliche Mitglieder des Teams unsterblich sind und Andy mit mehr als 1.000 Jahren Lebensspanne nicht nur deren Anführerin, sondern auch Älteste der Gruppe. Der Jüngste der Gruppe – Booker – hat jüngst einen neuen Auftrag an Land gezogen und schafft es, Andy zu überreden, aus der Versenkung aufzutauchen, um sich mit dem Ex-CIA-Agent Copley zu treffen, der sie um Hilfe bittet. Während der Auftrag sich aber anders entwickelt als geplant, taucht in Afghanistan mit US-Soldatin Mile eine neue Unsterbliche auf, was es seit Jahrhunderten nicht mehr gegeben hat. Von traumartigen Visionen in Niles Richtung geführt, schickt sich Andy an, die neue Rekrutin unter ihre Fittiche zu nehmen, während es gleichzeitig gilt, die Sicherheit der Gruppe zu gewährleisten, deren größtes Geheimnis erstmalig aufzufliegen droht…

Rezension:

Zeitnah zur Veröffentlichung bei Netflix am 10. Juli habe natürlich auch ich mich vor den Fernseher gepflanzt, um mich mit The Old Guard auseinanderzusetzen, einer Comic-Verfilmung, deren Vorlage aus der Feder von Greg Rucka (Gotham Central) stammt, der hier gleichsam für das Drehbuch verpflichtet worden ist. Der Clou, der aus dem Action-Reißer dann im weitesten Sinne einen Vertreter des mittlerweile breitgefächerten Superhelden-Sujets macht, wird dann auch prompt in den ersten Filmminuten thematisiert, so man sich denn nicht ohnehin den Trailer im Vorfeld zu Gemüte geführt hat, denn was die Elite-Einheit um Andy so besonders macht, ist eben deren Unsterblichkeit, so dass man die Crew aus Protagonisten natürlich auch nach Herzenslust von zahllosen Kugeln durchlöchern lassen kann, ohne dass diese längerfristigen Schaden davontragen. Das trägt natürlich schon einmal sehr zum Look des Films als solchem bei, denn der kommt gerade in den actionreicheren Passagen ungemein grimmig und schnörkellos daher, lässt auch schon mal die Gliedmaßen fliegen, ohne indes je zu "echtem" Splatter abzudriften.

Szenenbild aus The Old Guard | © Netflix
© Netflix

Nicht nur auf dem Cover und in der Vorschau, sondern auch im Film als solchen ist dabei natürlich vor allem anderen Charlize Theron federführend und stets präsent, liefert nach Mad Max: Fury Road und Atomic Blonde eine weitere großartige Vorstellung im Action-Metier ab und vermittelt glaubhaft, dass auf ihrer Andy das Gewicht der Jahrhunderte lastet. Ungewöhnlich auch, wie viel Bedeutung der dem Thema immanenten Tragik beigemessen wird, denn Unsterblichkeit macht bekanntermaßen auch mehr als einsam, während die vier Elite-Söldner einzig einander haben, um die Ewigkeit zu überdauern, bis irgendwann – keiner weiß, wann oder warum – die Selbstheilungskräfte abzuklingen beginnen und man sich damit befassen muss, womöglich doch noch dem endgültigen Tod entgegenzusehen. Leider bringt diese Beschäftigung mit dem Thema, für sich genommen äußerst gelungen und mancherorts regelrecht feinfühlig inszeniert, leider auch mit sich, dass The Old Guard im Mittelteil mit einigen Längen zu kämpfen. Das wäre für sich genommen nicht so tragisch, wenn die Wir-führen-jetzt-mal-ein-tiefsinniges-Gespräch-Szenen nicht auch dramaturgisch deplatziert wirken würden, denn ausgerechnet, wenn Not am Mann und Eile geboten ist, lassen sich die Protagonisten dazu herab, einmal ausgiebig über ihre Gefühle zu sprechen.

Die Runde um Andy allerdings ist dabei so dermaßen charismatisch und treffend besetzt, dass man ihnen im Grunde auch kaum böse sein kann, was schon mit dem von Matthias Schoenaerts (Red Sparrow) überzeugend verkörperten Boker beginnt, aber gleichsam für das aus Joe (Marwan Kenzari, What Happened to Monday?) und Nicky (Luca Marinelli) bestehende Unsterblichen-Pärchen gilt, die sich ohnehin als echte Szenediebe entpuppen und den ungleich bekannteren Darstellern Theron und Schoenaerts tatsächlich in nichts nachstehen. KiKi Layne derweil gibt als Nile den noch unbedarften Neuzugang zur Gruppe, die natürlich anfänglich völlig überfordert ist von der Situation und auch entsprechend Probleme hat, ihr altes Leben hinter sich zu lassen, was es eben unweigerlich mit sich bringt, wenn man fortan nicht mehr altert und nicht sterben kann, ganz davon abgesehen, dass sie seit ihrem Verschwinden beim Militär als Deserteur gelten dürfte. Ein ungemein illustrer, abwechslungsreicher, aber durchweg überzeugender Cast auf Seite der Unsterblichen, zusätzlich aber noch veredelt durch einerseits Chiwetel Ejiofor (12 Years a Slave) als undurchsichtiges Ex-CIA-Mitglied sowie Harry Melling als herrlich schmieriger und sadistischer Pharma-CEO Merrick.

Szenenbild aus The Old Guard | © Netflix
© Netflix

Ähnlich gelungen und auf den Punkt ist derweil eben die Action bei The Old Guard inszeniert, doch die Dramaturgie derweil punktet nicht in jeder Hinsicht. Die Erwartungshaltung bei einer Comic-Verfilmung oder gleichsam bei einem Superhelden-Film mag nicht die höchste sein, doch bedient Rucka schon auch so manches Klischee, so dass sich beispielsweise das unweigerlich auf Fortsetzung getrimmte Ende – immerhin ist auch die Produktion eines weiteren Films bereits bestätigt – in groben Zügen vorherahnen lässt. Letztendlich ist es dann doch ein wenig Style-over-Substance, das den Film in guter Erinnerung behalten lässt, denn vom Aufbau her wäre ein wenig mehr "Epicness" wünschenswert gewesen, derweil es sich insbesondere bei den Nebenfiguren leider so verhält, dass ihre Motivation nicht unbedingt sauber herausgearbeitet wirkt, so dass hier einiges konstruiert und auf den Überraschungseffekt hin ausgerichtet scheint. Nimmt man es allerdings nicht zu genau und konzentriert sich stattdessen auf die schonungslos wie geradlinig inszenierten Kämpfe, kann man schon durchaus viel Freude mit dem Film haben, der insbesondere als Auftakt einer Reihe – die ausnahmsweise einmal nicht direkt nach dem ersten Film ihr Ende findet – durchaus zu überzeugen weiß.

Fazit & Wertung:

Mit The Old Guard bietet Regisseurin Gina Prince-Bythewood routiniert und beinahe schon ungewohnt tragisch inszenierte Superhelden-Action nach der gleichnamigen Comic-Vorlage seitens Greg Rucka, die allerdings im Detail ein wenig mehr dramaturgischen Feinschliff hätte vertragen können. Umso mehr wissen dafür die formidable Besetzung und großartig choreografierte Action zu überzeugen.

7,5 von 10 Erinnerungen einer Unsterblichen

The Old Guard

  • Erinnerungen einer Unsterblichen - 7.5/10
    7.5/10

Fazit & Wertung:

Mit The Old Guard bietet Regisseurin Gina Prince-Bythewood routiniert und beinahe schon ungewohnt tragisch inszenierte Superhelden-Action nach der gleichnamigen Comic-Vorlage seitens Greg Rucka, die allerdings im Detail ein wenig mehr dramaturgischen Feinschliff hätte vertragen können. Umso mehr wissen dafür die formidable Besetzung und großartig choreografierte Action zu überzeugen.

7.5/10
Leser-Wertung 7.25/10 (4 Stimmen)
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The Old Guard ist seit dem 10.07.2020 exklusiv bei Netflix verfügbar.

vgw

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Eine Reaktion

  1. mwj 25. Juli 2020

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