Auch heute beweise ich wieder ein glückliches Händchen für den Schlechte-Filme-Donnerstag und habe mir wieder einen ziemlich enttäuschenden Mittelmaß-Vertreter (am unteren Ende der Skala) gegönnt, der immerhin mit ein paar bekannten Namen und oft bedienter, aber dadurch nicht minder faszinierender Prämisse lockt.
Perfect Human
Life Like, USA 2019, 95 Min.
© Sony Pictures Home Entertainment Inc.
Josh Janowicz
Josh Janowicz
Steven Strait (Henry)
Addison Timlin (Sophie)
Drew Van Acker (James)
James D’Arcy (Julian)
Science-Fiction | Thriller
Trailer:
Inhalt:
© Sony Pictures Home Entertainment Inc.
Nach dem Tod seines Vaters übernimmt James nicht nur dessen Firma, sondern bezieht gemeinsam mit seiner Frau Sophie auch dessen opulentes Anwesen. Während James aber zunächst mit der Führung der Firma überfordert ist, ergeht es Sophie noch schlimmer, die sich in dem riesigen Herrenhaus gänzlich verloren und alleingelassen fühlt. Nachdem sei auch noch den letzten Bediensteten vergrault hat, kommt James eine ungewöhnliche Idee und er überredet Sophie, der Schöpfung des befreundeten Julian eine Chance zu geben. Der hat sich auf die Fertigung vollkommen lebensechter Androiden spezialisiert, die sich einzig durch ihre scheinbare Perfektion von echten Menschen unterscheiden. Die Wahl fällt auf Henry, der fortan Sophie nicht nur im Haushalt ergeben zur Hand geht, sondern mit dem sich auch über Literatur diskutieren lässt. Sophie ist angetan, doch James auch zunehmend irrational eifersüchtig, nachdem sie Henry immer öfter wie einen echten Menschen behandelt und alsbald mehr als freundschaftliche Gefühle für ihn zu hegen beginnt…
Rezension:
Jüngst im Prime-Angebot bei Amazon entdeckt, war mir schon im Vorfeld ziemlich klar, dass mich mit Perfect Human – der eigentlich Life Like heißt – nun wohl eher kein Meisterwerk erwarten würde, doch einerseits mag ich das Genre, andererseits ist es immer besser, sich eine eigene Meinung zu bilden. Der Film beginnt dabei kurz vielversprechend, auch wenn sich natürlich schnell abzeichnet, worauf das hinauslaufen soll, wenn sich die unzufriedene und überforderte Sophie den attraktiven Henry ins Haus holt (einen weiblichen Androiden möchte sie nicht, weil sie die hübscheste im Haus sein will). Selbst hier schon, quasi bevor Henry überhaupt Teil der Handlung wird, offenbart das Spielfilm-Regie-Debüt von Josh Janowicz erste erzählerische Schwächen, denn es wird nicht das letzte Mal sein, dass Sophie sich reichlich irrational verhält. Andererseits, lieber irrational und voller Emotionen als dermaßen abgeklärt, distanziert und charakterlos wie James, der fernab eines aalglatten Auftritts und gestählter Muskeln so gar nichts zu bieten hat. Immerhin erklärt das im Kontext der Erzählung, weshalb sich Sophie ob dieser Gefühlskälte zunehmend zu Henry hingezogen fühlt, der Gefühle immerhin deutlich bereitwilliger und erfolgreicher heuchelt, als James sie vermitteln kann oder mag.
© Sony Pictures Home Entertainment Inc.
Das Problem dabei ist dann auch hauptsächlich, dass alles, was in den ersten zwei Dritteln von Perfect Human folgt, vorhersehbar, ja absehbar ist und der ebenfalls als Drehbuchautor tätige Regisseur Janowicz hier wenig Neues zu erzählen hat, während er die moralischen, die philosophischen, die ethischen und menschlichen Fragestellungen nur streift, die andere, ähnlich geartete Filme eingehend und einnehmend zu behandeln wissen. Stattdessen geht er einen Schritt in Richtung Erotik-Thriller, wobei die bekanntermaßen in den seltensten Fällen wirklich funktionieren, was auch hier kaum anders vonstattengeht. Vor allem aber prickelt es auf einer rein körperlichen Ebene und lange Zeit ziemlich verhalten, handelt es sich schließlich beim Objekt der Begierde um einen Androiden, in diesem Sinne also zunächst einmal um eine Art High-End-Sexspielzeug, weshalb auch der Vergleich von James, der Henry, der Henry mit einem besseren Rasierer gleichsetzt, der für eine bestimmte Aufgabe geschaffen ist, einen der clevereren Momente des Films darstellt und tatsächlich mal kurz zum Nachdenken anregt.
Dabei müht sich insbesondere der aus The Expanse weithin bekannte Steven Strait redlich, seinem Henry eine starke Performance zuteilwerden zu lassen, stößt aber immer wieder an die Grenzen des nicht immer ausgereift wirkenden Drehbuchs, derweil Addison Timlin (Odd Thomas) und Drew Van Acker hier als attraktives, aber weitestgehend konturloses Pärchen fungieren, das sich besagten Androiden eben überhaupt erst ins Haus holt. James D’Arcy (Agent Carter) derweil absolviert als Schöpfer der künstlichen Wesen kaum mehr als ein ausgedehntes Cameo. Dabei fällt des Weiteren auf, dass sich weite Teile des Geschehens eben ausschließlich im und um das protzige Anwesen herum abspielen, was dem Ganzen theoretisch etwas Kammerspielartiges verleihen könnte, hier aber nur dazu führt, dass einem der Kontext der umgebenden Welt fehlt, kaum je jemand zu Besuch kommt und man wenig darüber erfährt, in welcher Art naher Zukunft man sich befinden könnte. Beginnen die Ereignisse um die forcierte und quasi unabwendbare Ménage-à-trois sich aber zuzuspitzen, versucht sich Janowicz tatsächlich noch an einem großangelegten Twist, den ich tatsächlich nicht habe kommen sehen, was aber auch daran liegen könnte, dass er bei näherer Betrachtung wenig Sinn ergibt.
© Sony Pictures Home Entertainment Inc.
Dümpelt Perfect Human also lange Zeit vor sich hin, kommt es – leider zu spät – zu einem unerwarteten Paradigmenwechsel, der den Film tatsächlich in eine gänzlich andere Richtung lenkt, aber eben auch wenig Zeit zur Entfaltung bekommt und jeglicher Logik entbehrt. Das ist schon wieder irgendwie unterhaltsam, skurril und trashig, mag aber auch kaum zum Rest des Geschehens passen. Da merkt man dann wieder, dass eben doch nicht jeder Autorenfilm gleich ein filmisches Kleinod sein muss und Josh Janowicz hätte wahrscheinlich gut daran getan, sich zumindest beim Skript versierte Hilfe zu suchen, um dem Ganzen Feinschliff sowie szenisches und dramaturgisches Gespür angedeihen zu lassen, denn so sehr sich der überschaubare Cast auch bemühen mag, den Figuren etwas abzuringen, scheitern sie doch in einer Tour an dieser kruden Genre-Mischung, die weder sonderlich erotisch noch spannend noch tiefsinnig ist, auch wenn mancher Ansatz überzeugt und man aus dem Stoff womöglich richtig was hätte machen können. So gibt es durchaus Werke, mit denen man noch enttäuschender seine Lebenszeit verschwenden kann, aber nimmt man alle Zutaten und Versatzstücke zusammen, kommt schon eine Produktion am unteren Ende vom Mittelmaß heraus, die höchstens noch für ausgewiesene Genre-Fans überhaupt in Betracht käme, ausgerechnet diese Klientel aber auch am meisten enttäuschen dürfte, weil man das alles schon viel besser, souveräner und gefühlvoller inszeniert gesehen hat.
Perfect Human
-
Vermeintlich menschliche Verhaltensweisen eines Androiden - 4.5/10
4.5/10
Fazit & Wertung:
Josh Janowicz versucht sich mit Perfect Human an einem Science-Fiction-Thriller mit erotischem Einschlag, der allerdings in so ziemlich jeder Disziplin versagt, der er sich widmet und nach vor sich hin dümpelnden ersten zwei Dritteln in ein reichlich trashiges und wenig durchdachtes Finale mündet, was zu dem Zeitpunkt aber auch nichts mehr rettet, immerhin aber überrascht. Da helfen dann auch die Ambitionen der DarstellerInnen nicht mehr, zumal das Drehbuch es schlicht nicht hergibt, ihnen Raum zur Entfaltung zuzugestehen.
Perfect Human ist am 02.07.2020 auf DVD und Blu-ray bei Sony Pictures Home Entertainment Inc. erschienen, wobei die DVD kurioserweise nicht einmal bei Amazon gelistet ist. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!