Review: Not Okay (Film)

Da wäre ich schon wieder, einerseits, um mich mit einer neuen Film-Rezension zurückzumelden, andererseits, um mich verfrüht ins Wochenende zu verabschieden, das ich mir mal wieder redlich verdient habe, wie ich finde.

Not Okay

Not Okay, USA 2022, 100 Min.

Not Okay | © Disney+
© Disney+

Regisseurin:
Quinn Shephard
Autorin:
Quinn Shephard

Main-Cast:

Zoey Deutch (Danni)
Mia Isaac (Rowan)
Nadia Alexander (Harper)
Embeth Davidtz (Judith)
Karan Soni (Kevin)
Dylan O’Brien (Colin)

Genre:
Drama | Komödie | Satire

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus Not Okay | © Disney+
© Disney+

Die behütet und verhätschelt aufgewachsene Danni Sanders wünscht sich nichts weniger, als beachtet und – bestmöglich – verehrt zu werden. Dumm nur, dass sie als einfache Foto-Redakteurin selbst von ihrer Chefin kaum beachtet, geschweige denn geschätzt wird, ganz davon ab, dass Danni in ihrem Egozentrismus nicht einmal merkt, dass man ihr eigentlich gern kündigen würde. Stattdessen hat die junge Frau nur Augen für den ultracoolen Influencer Colin, der so unglaublich lässig zu sein scheint, dass es jeglicher Beschreibung strotzt. Um ihn zu beeindrucken, erfindet Danni letztlich auch einen Trip nach Paris, den sie mithilfe von Photoshop und Green Screen in den Sozialen Medien visualisiert. Womit allerdings weder sie noch sonst jemand hat rechnen können, ist der Terroranschlag, der sich kurz nach ihrem letzten Post ereignet hat und ihre Zeit in Frankreich in einem gänzlich neuen Licht erscheinen lässt. Plötzlich ist Danni in aller Munde und Gast in jeder angesagten Talkshow, gleichwohl sie eigentlich nicht einmal genau weiß, was sie zu dem Anschlag berichten oder schildern könnte. Zu ihrem Glück könnte eine entsprechende Selbsthilfegruppe dahingehend Abhilfe schaffen…

Rezension:

Ich hatte mich ja kürzlich erst – bei meiner Rezension zu Prey – darüber gefreut, dass es anscheinend bei Disney+ nun langsam Usus wird, beinahe wöchentlich ziemlich großartige oder doch zumindest ungemein sehenswerte und vor allem nischige Filme zu veröffentlichen, die mehr als einmal mehr als deutlich meinen Geschmack getroffen haben. In exakt dieselbe Kerbe, wenn auch längst nicht so sehr Genre-Beitrag wie etwa Fresh, schlägt nun auch Not Okay, der sich auf den ersten Blick der allgemein beliebten Social-Media-Schelte verschrieben hat, alsbald aber ungleich düsterere, gleichsam aber auch ernsthaftere Töne anschlägt, die einem das Lachen schon mal im Gesicht gefrieren lassen. Das dürfte ohnehin öfter vorkommen, denn das ein Film mit einer Trigger-Warnung eröffnet, die eine "unsympathische Hauptfigur" zum Thema hat, habe ich so auch noch nie erlebt, doch passt der Hinweis wie die Faust aufs Auge, wenn man Protagonistin Danni Sanders erst einmal ein wenig besser kennengelernt hat.

Szenenbild aus Not Okay | © Disney+
© Disney+

Dennoch muss man ihr immerhin zugutehalten, dass sie einerseits recht unerwartet, andererseits weitestgehend unverschuldet in die prekäre Lage gerät, plötzlich Überlebende und damit schwer traumatisiert zu sein, wobei es dann aber natürlich ganz ihrer Verantwortung zuzuschreiben ist, was sie daraus macht und vor allem, dass sie die Lüge nicht aufdeckt. Hier vermag Drehbuchautorin und Regisseurin Quinn Shephard dann auch gekonnt den Finger in die Wunde zu legen und teilt beherzt nach allen Seiten aus, denn es geht längst nicht nur gegen Influencer*innen, sondern auch den schlichten Umstand, wie bereitwillig und unreflektiert die Massen auf jeden Hype-Train aufspringen, wie von den Medien persönliche Tragödien zu wertbaren Unterhaltungshäppchen umgemodelt (und mit einer albernen Aktivität garniert werden) oder auch, wie es einem quasi als persönlicher Verdienst – oder eben alternativ auch Fehler – ausgelegt wird, Teil oder eben nicht Teil eines traumatischen Ereignisses gewesen oder auch Mitglied einer marginalisierten Gruppe zu sein. Damit macht sich Not Okay unbestreitbar auf breiter Front angreifbar, bleibt vor allem aber im besten Sinne unangenehm und vor allem in der ersten Hälfte eine ungemein bitterböse Satire, die sich wahrlich gewaschen hat.

Das funktioniert übrigens insbesondere dank der großartigen Zoey Deutch (The Politician) hervorragend, die sich nicht zu schade und zudem noch mutig genug ist, eine derartige Unsympathin wie Danni zu verkörpern, deren Weltbild allein schon so verquer, verblendet und abstrus ist, das es schmerzt. In einer der ersten Szenen bedauert sie beispielsweise, den Anschlag auf das World Trade Center "verpasst" zu haben, weil sie mit ihren Eltern im Urlaub war und jetzt nicht das gleiche Trauma wie ihre Altersgenoss*innen mit sich herumträgt, während sie andernorts anmerkt, dass es doch toll sein muss, queer zu sein ,schließlich gäbe es so viele Feste und Proteste, also ganz allgemein beneidenswerte Gruppenaktivitäten, die ihr als Hetero-Frau eben leider verwehrt bleiben. Das entbehrt nicht einer entwaffnenden (Un-)Logik, die stellvertretend für viele, unbedachte Äußerungen dieser Tage stehen dürfte, ist gleichsam aber auch Leitthema eines Films, der eben genau hier seine Kritik anbringt und über die egozentrische und engstirnige Danni – die sich natürlich für ungemein weltoffen und tolerant hält – zu transportieren weiß.

Szenenbild aus Not Okay | © Disney+
© Disney+

Demgegenüber bleibt Dylan O’Brien (Love and Monsters) als Archetyp eines selbstverliebten Influencers hier eine bloße Randnotiz, dafür aber eine, die sich sehen lassen kann, denn auch er beweist Mut zur absoluten Selbstverspottung und begeistert nicht nur mit seinen Joint-Kreationen, sondern auch mit seinen absolut hohlen, inhaltsleeren Äußerungen. Ganz anders sieht es da bei Mia Isaac aus, Deren Figur Rowan Danni bei einer Selbsthilfegruppe kennenlernt, von der sie sich Inspiration (!) für ihre Traumata erhofft. Schnell freunden die beiden sich nicht nur an, nein schnell wird auch klar, dass Rowan eine echte Aktivistin ist, die ihrerseits ein Schulmassaker überlebt hat und sich dementsprechend mit Danni schnell verbunden fühlt, die einer älteren Schwester gleich auch noch ähnliches hat erleben müssen, was die beiden schnell zu einem beispiellosen Team innerhalb und außerhalb der Medien macht. Nun muss ich niemandem erklären, dass diese Verbindung reichlich Zündstoff parat hält, kann aber vorwegschicken, dass Quinn auch hier nicht den naheliegenden oder einfachen Weg geht. In diesem Sinne, schaut es euch einfach an, wenn ihr abgründigen und hundsgemeinen Satiren etwas abgewinnen und damit leben könnt, dass laut Triggerwarnung die Hauptfigur so unsympathisch ist.

Fazit & Wertung:

Mit Not Okay gelingt Quinn Shephard in Personalunion als Drehbuchautorin und Regisseurin eine beispiellose Satire, die eben nicht einfach Social-Media aufs Korn nimmt, sondern sich gleich auf dutzende Dinge stürzt, die dieser Tage in den Medien aus dem Ruder laufen. Das mag manchmal etwas grobschlächtig austeilend wirken, verfehlt aber nicht seine Wirkung und ist durchaus scharfzüngig und intelligent inszeniert.

8 von 10 unbedacht veröffentlichten Bildern

Not Okay

  • Unbedacht veröffentlichte Bilder - 8/10
    8/10

Fazit & Wertung:

Mit Not Okay gelingt Quinn Shephard in Personalunion als Drehbuchautorin und Regisseurin eine beispiellose Satire, die eben nicht einfach Social-Media aufs Korn nimmt, sondern sich gleich auf dutzende Dinge stürzt, die dieser Tage in den Medien aus dem Ruder laufen. Das mag manchmal etwas grobschlächtig austeilend wirken, verfehlt aber nicht seine Wirkung und ist durchaus scharfzüngig und intelligent inszeniert.

8.0/10
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Not Okay ist seit dem 12.08.22 bei Disney+ verfügbar.
vgw

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