Review: Once Upon a Time in Hollywood (Film)

Okay, das Wochenende naht und folglich wird es allerhöchste Zeit, mich in meiner heutigen Film-Kritik schwelgerisch wie begeistert zu Tarantinos neuestem Film zu äußern.

Once Upon a Time in Hollywood

Once Upon a Time … in Hollywood, USA/UK/CN 2019, 161 Min.

Once Upon a Time in Hollywood | © Sony Pictures
© Sony Pictures

Regisseur:
Quentin Tarantino
Autor:
Quentin Tarantino

Main-Cast:
Leonardo DiCaprio (Rick Dalton)
Brad Pitt (Cliff Booth)
Margot Robbie (Sharon Tate)

in weiteren Rollen:

Emile Hirsch (Jay Sebring)
Margaret Qualley (Pussycat)
Timothy Olyphant (James Stacy)
Julia Butters (Trudi)
Austin Butler (Tex)
Dakota Fanning (Squeaky Fromme)
Bruce Dern (George Spahn)
Mike Moh (Bruce Lee)
Luke Perry (Wayne Maunder)
Damian Lewis (Steve McQueen)
Al Pacino (Marvin Schwarz)

Genre:
Komödie | Drama

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus Once Upon a Time in Hollywood | © Sony Pictures
© Sony Pictures

Es ist der 8. Februar 1969 und der Stern des ehemaligen Westerndarstellers und Serien-Stars von "Bounty Law" – Rick Dalton – ist im Sinken begriffen. War er früher Inbegriff des strahlenden Helden und gemeinsam mit seinem Kumpel und Stuntdouble Cliff Booth dick im Geschäft, wird er nun in Gastauftritten als Schurke verheizt, während Booth schon länger nicht mehr als Stuntman tätig war und sich seine Brötchen als Ricks Fahrer und Assistent verdient. Filmproduzent Marvin Schwarz zeigt Dalton zwar eine Lösung auf und rät ihm, nach Rom zu gehen und Spaghetti-Western zu drehen, doch davon will der einst gefeierte Darsteller nichts wissen und suhlt sich lieber im Selbstmitleid. Und während Cliff sich längst in sein Schicksal gefügt hat, ein unbedeutendes, einfaches Leben mit seinem Hund in einem Trailer hinter einem Autokino zu verbringen, träumt Rick davon, die Bekanntschaft des jüngst nebenan eingezogenen Roman Polanski und seiner Frau Sharon Tate zu machen. Schließlich bedarf es nur eines kleinen Zufalls und Rick Dalton wäre womöglich wieder im Geschäft…

Rezension:

Am Mittwochabend trieb es mich erwartungsgemäß in die Preview-Vorstellung von Quentin Tarantinos Once Upon a Time in Hollywood und allein der Umstand, wie brechend voll das Kino im Vergleich zu anderen Film-Vorstellungen gewesen ist, unterstreicht natürlich die immense Zugkraft, die der Name Tarantino noch immer besitzt, was durch die selbst auferlegten Restriktionen, nur zehn Filme drehen zu wollen – womit es sich bei seinem neuesten auch gleichzeitig seinen vorletzten Film handeln würde – noch befeuert wird. Und meine Erwartungen bezüglich dieses nicht ganz drei Stunden währenden Streifens waren natürlich nicht gerade niedrig, insbesondere nachdem die ersten – lobenden – Kritiker-Stimmen laut wurden. Sein neues Magnum Opus ist der Film nun zwar – meiner Meinung nach – nicht ganz geworden, aber verdammt nahe dran, zumal er sich erzählerisch und inszenatorisch ein weiteres Mal neu erfindet, so dass diese schwelgerische Fahrt durchs Hollywood einer vergangenen Ära zwar unverkennbar Teil von Tarantinos Œuvre darstellt, ansonsten aber (mit Ausnahmen) eher wenig Gemeinsamkeiten mit seinen letzten paar Filmen wie Django Unchained oder The Hateful 8 aufweist. Stattdessen erinnert die Erzählung wohl noch am ehesten an sein frühes Meisterwerk Pulp Fiction, auch wenn er hier dramaturgisch nicht annähernd so verdichtet zu Werke geht, sondern sich stattdessen in der opulenten bis abgehalfterten Coolness seines Reigens zu sonnen trachtet.

Szenenbild aus Once Upon a Time in Hollywood | © Sony Pictures
© Sony Pictures

So kann Once Upon a Time in Hollywood am ehesten und meisten genießen, wer Tarantinos ausgeprägte und unverhohlene Liebe für das Kino teilt, unabhängig davon, ob man sich all die von ihm empfohlenen Streifen im Vorfeld zum Filmgenuss angesehen hat der mit der hier porträtierten Ära kaum etwas anzufangen weiß, denn die spielerische Art und Weise, wie hier Teile der Filmhandlung mit Ausschnitten aus (fiktiven wie realen) Fernsehserien und Kinofilmen angereichert wird, die Erzählerstimme mit lakonischen Worten eine knappe Rückblende einleitet oder nicht zuletzt selbst noch im Abspann ein fiktiver Werbespot für "Red Apple Cigarettes" über die Leinwand flimmert, ist ungemein verspielt und liebevoll geraten, gleicht einer Huldigung und Verbeugung, einer Hommage, auch wenn sich Fans beispielsweise von der Darstellung einer Ikone wie Bruce Lee (hier: Mike Moh) vor den Kopf gestoßen fühlen könnten, der sich einen denkwürdigen – wenn auch viel zu kurzen – Kampf mit Cliff Booth liefert.

Alleine diese Auseinandersetzung – in den zahlreichen Previews und Filmhäppchen bereits angeteasert – gibt auch einen gelungenen Einblick, mit welcher Lässigkeit und welchem Verve Brad Pitt (The Big Short) hier als ultracooler Stuntman zu Werke gehen versteht, der lange nicht mehr so zu überzeugen wusste wie hier und mit spürbarer Freude bei der Sache ist. Selbiges gilt freilich für Leonardo DiCaprio, der nach immerhin rund vierjähriger Leinwandabstinenz nach seinem verdienten Oscar-Gewinn für The Revenant eine fulminante Rückkehr auf der großen Leinwand feiert. Und zu allergrößten Teilen ist es eben dieses nicht nur prestigeträchtige, sondern auch ungemein fähige und bravourös aufspielende Duo, auf dessen Schultern Once Upon a Time in Hollywood thront, gleichwohl sie sich allzu oft nicht einmal gemeinsam am gleichen Ort befinden, sondern die meiste Zeit ihr jeweils eigenes Ding durchziehen, was zugegebenermaßen die sperrige bis kaum vorhandene Narrative des Ganzen noch zusätzlich zerfasern lässt. Magot Robbie (I, Tonya) derweil liefert als Sharon Tate eine regelrecht sphärische bis entrückte Darstellung ab, die durch die Straßen Hollywoods mäandert und sich darin gefällt, sich selbst im Kino zu beobachten und dabei die Reaktionen des Publikums zu inspizieren, was ihrer Rolle zwar nicht die gleiche Gewichtung und dramaturgische Bedeutung, aber eine ungemeine Präsenz verleiht.

Szenenbild aus Once Upon a Time in Hollywood | © Sony Pictures

Diese Präsenz derweil ist natürlich nötig, da sich Once Upon a Time in Hollywood nach Aussage von Tarantino eben auch mit Charles Manson und dessen Taten befassen würde, die eben auch den Mord an der hochschwangeren Sharon Tate in dem gemeinsamen Anwesen von ihr und Roman Polanski beinhalteten. Diese stellen allerdings nur ein kleines Mosaik dar in dem Reigen und nicht nur der märchenhaft anmutende Titel des Films, sondern auch Tarantinos eigene filmische Vita – in diesem Zusammenhang sei aktiv auf Inglorious Basterds – legen den Schluss nahe, dass man es hier mit einer alternativen, fiktionalisierten und – man kann es kaum anders sagen – tarantinoesken Version der Ereignisse zu tun bekommt. Und dies bildet dann auch den Aufhänger für ein exzessiv überhöhtes, absurd surreales und – so sehr man sich in dem Moment darüber wundert – brüllend komisches Finale, das ganz in der Tradition seiner früheren Werke steht und diese teils locker in den Schatten stellt. Bis dahin allerdings ist es ein weiter Weg und böse Zungen könnten fragen, wofür es der ersten zwei Stunden überhaupt bedürfe, um die Story der letzten vierzig Minuten zum Besten zu geben, doch ist dieses schwelgerische Mäandern eben mehr als Exposition, lässt eine ganze Epoche wiederauferstehen und schafft mit den zahllosen inszenierten Miniaturen, gewohnt lakonischen Dialogen und zahllosen Einsprengseln einen Eindruck von – romantisiertem – Zeitgeist, wie man ihn lange nicht mehr erlebt hat. Darüber hinaus punktet der Film freilich auch hier wieder mit einem kultverdächtigen Soundtrack, ganz ungeachtet dessen, dass insbesondere zu Beginn die meisten Szenen mit einem steten Stakkato aus Radio-Aufnahmen und Moderationen unterlegt ist, die das Sturm-und-Drang-Gefühl aufs Vorzüglichste unterstreichen.

Kein Wunder, dass sich DiCaprio, Pitt und Robbie für diesen Reigen bereitwillig zur Verfügung gestellt haben, doch liest sich auch der Rest der Belegschaft wie ein Who-is-Who der amerikanischen Film- und Serien-Landschaft, ob es sich um Emile Hirsch (The Autopsy of Jane Doe) als Jay Sebring oder einen Kurzauftritt von Damian Lewis (Homeland) als Steve McQueen handelt, Timothy Olyphant (Deadwood) als TV-Serien-Star James Stacey, Dakota Fanning (Amerikanisches Idyll) als Manson-Anhängerin Squeaky oder nicht zuletzt Al Pacino als schmieriger Marvin Schwarz, wobei sich natürlich auch viele alte Bekannte aus Tarantinos bisherigen Filmen – allen voran Kurt Russell in der Doppelrolle als Rückblenden-Randy sowie Erzählerstimme – die Klinke in die Hand geben. Was andernorts aber zu purem Namedropping verkommt, unterstützt hier schlichtweg die Atmosphäre und das vorherrschende Flair, zumal die bekannten Gesichter den vielen kleinen Episoden und Geschichten zusätzliches Gewicht verleihen, was ihnen sonst nicht vergönnt gewesen wäre.

Szenenbild aus Once Upon a Time in Hollywood | © Sony Pictures
© Sony Pictures

Und diese ganzen Momenteindrücke, Schnappschüsse, Auszüge, Einspieler sind, wenn schon kaum einer durchgängigen Narrative oder gar einem roten Faden folgend, zum überwiegenden Maße vom Zauber einer den Gedanken des Regisseurs entsprungenen Ära durchzogen und minutiös aufeinander abgestimmt, auch wenn sich Once Upon a Time in Hollywood mehr denn je auch im inszenatorischen Bruch gefällt und diese Schnipsel sich überlagern und überlappen lässt, Rückblenden in Rückblenden packt und immer auch Raum lässt für Interpretation, ob es sich nun wirklich um Erinnerungen oder imaginierte Was-wäre-wenn-Szenarien handelt, bevor dieses ohnehin schon schwelgerische und voluminöse Ungetüm von einem Film in den unweigerlichen und brüllend-absurden Exzess mündet, der nicht nur ganz unverkennbar Tarantinos Handschrift trägt, sondern auch eine ungemein kathartische Wirkung beinhaltet, wenn dieser Film über die mit Gold und Verheißung gepflasterten Straßen von Los Angeles und den Zauber des Zelluloid zum einzig denkbaren Hollywood-Ende kommt und die Zuschauerschaft erschöpft wie beschwingt in die Nacht entlässt.

Once Upon a Time in Hollywood | Zeichnung von Wulf Bengsch

Fazit & Wertung:

Mit Once Upon a Time in Hollywood schrammt Kult-Regisseur Quentin Tarantino nur haarscharf daran vorbei, sein neues Magnum Opus zu kreieren. Denn gleichwohl der Film als überbordender, assoziativer, schwelgerischer und vor allem ungemein unterhaltsamer Genuss geworden ist, der seinen Status als Kultfilm alsbald innehaben dürfte, fehlt für ein unbestreitbares Meisterwerk dann doch eine durchgängigere Narrative und ein wenig erzählerische Stringenz. So amüsant, kurzweilig und begeisterungswürdig der Reigen auch sein mag, lässt die dramaturgische Zuspitzung bis zum finalen Akt auf sich warten – schlägt dann aber immerhin ein wie eine Bombe.

9 von 10 verheißungsvollen Tagen in Hollywood

Once Upon a Time in Hollywood

  • Verheißungsvolle Tage in Hollywood - 9/10
    9/10

Fazit & Wertung:

Mit Once Upon a Time in Hollywood schrammt Kult-Regisseur Quentin Tarantino nur haarscharf daran vorbei, sein neues Magnum Opus zu kreieren. Denn gleichwohl der Film als überbordender, assoziativer, schwelgerischer und vor allem ungemein unterhaltsamer Genuss geworden ist, der seinen Status als Kultfilm alsbald innehaben dürfte, fehlt für ein unbestreitbares Meisterwerk dann doch eine durchgängigere Narrative und ein wenig erzählerische Stringenz. So amüsant, kurzweilig und begeisterungswürdig der Reigen auch sein mag, lässt die dramaturgische Zuspitzung bis zum finalen Akt auf sich warten – schlägt dann aber immerhin ein wie eine Bombe.

9.0/10
Leser-Wertung 6.83/10 (6 Stimmen)
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Once Upon a Time in Hollywood erscheint am 17.01.20 auf DVD, Blu-ray und 4K UHD Blu-ray bei Sony Pictures, ist zunächst einmal aber seit dem 15.08.19 im Kino zu sehen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

DVD:

Blu-ray:


vgw

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Kommentare (2)

  1. Stepnwolf 23. August 2019
  2. mwj 25. August 2019

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