Review: Im Herzen der See (Film)

Heute geht es mal um einen Film, den ich ganz bewusst in der Schublade habe schlummern lassen, wie ihr nachfolgend erklärt bekommen werdet.

Im Herzen der See

In the Heart of the Sea, USA/AU/ES 2015, 122 Min.

Im Herzen der See | © Warner Home Video
© Warner Home Video

Regisseur:
Ron Howard
Autoren:
Charles Leavitt (Drehbuch)
Nathaniel Philbrick (Buch-Vorlage)

Main-Cast:
Chris Hemsworth (Owen Chase)
Benjamin Walker (George Pollard)
Cillian Murphy (Matthew Joy)
Tom Holland (Thomas Nickerson)
Ben Whishaw (Herman Melville)
Brendan Gleeson (Tom Nickerson)
in weiteren Rollen:
Michelle Fairley (Mrs. Nickerson)
Paul Anderson (Caleb Chappel)
Frank Dillane (Henry Coffin)
Joseph Mawle (Benjamin Lawrence)

Genre:
Action | Abenteuer | Biografie

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus Im Herzen der See | © Warner Home Video
© Warner Home Video

Im Jahre 1850 macht der Autor Herman Melville in Nantucket dem Seefahrer Thomas Nickerson seine Aufwartung, um mehr über die dreißig Jahre zurückliegenden Geschehnisse rund um das 1820 in See gestochene, aber niemals zurückgekehrte Walfangschiff Essex zu erfahren. Ob der grausamen Erinnerungen weigert sich Nickerson zunächst, dem Mann Rede und Antwort zu stehen, doch gutes Zureden seiner Frau sowie eine fürstliche Bezahlung lassen ihn schlussendlich einwilligen. Nickerson beginnt von dem Seemann Owen Chase zu erzählen, der sich um seinen Kapitänsposten betrogen fühlt, als stattdessen der aus gutem Hause stammende George Pollard verpflichtet wird. Der ist reichlich unerfahren und bereits kurz nach dem Aufbruch der Essex mit Chase als Erstem Maat kriselt es gewaltig zwischen den beiden. In dem Bestreben, seine Autorität unter Beweis zu stellen, steuert Pollard die Essex prompt in einen Sturm, der nicht nur das Schiff beschädigt, sondern auch erste Besatzungsmitglieder ihr Leben kostet. Nichtsdestotrotz schlagen Pollard und Chase den Traum von prall gefüllten Lagerräumen nicht in den Wind und nehmen nach einem Hinweis auf üppige Walgründe Kurz auf offene See, wobei sie die Warnungen vor einem gefährlichen weißen Wal geflissentlich ignorieren…

Rezension:

Bereits vor einiger Zeit fiel mir bei einem Samsung-Event die Ultra-HD-Fassung von Im Herzen der See in die Hände und fristete seither ein Schattendasein in meiner Schublade. Nun, mit mittlerweile passendem Heimkino-Equipment, habe ich mich dann auch endlich diesem Abenteuerfilm widmen können, welcher de facto also die erste 4K-Veröffentlichung in meiner Sammlung darstellt und muss schon sagen, dass der Film allein optisch durchaus eine Wucht ist, was gar nicht einmal so sehr an den doch überraschend mäßig animierten Walen liegt, sondern vielmehr an den inszenierten Szenen an Bord der Essex, die nicht nur bei Sturm und Gefahr ungemein eindringlich und packend geraten sind. Überhaupt erinnert der Film in Art und Aufmachung im besten Sinne an alte Abenteuerfilme, was ihm ein spezifisches, einnehmendes Flair verleiht, auch wenn der oft offensive CGI-Einsatz nicht ganz so zurückhaltend und hintergründig daherkommt, wie man sich das wünschen würde, um dieses "altmodische" Flair noch zu unterstreichen.

Szenenbild aus Im Herzen der See | © Warner Home Video
© Warner Home Video

Inhaltlich hingegen ist der von Ron Howard inszenierte Streifen, für den er sich nach dem 2013 entstandenen Rush erneut mit Chris Hemsworth zusammengetan hat, leider eher schwach geraten (wobei er selbst damit vielerorts in der Tradition klassischer Abenteuerfilme stehen dürfte), denn im Grunde werden hier pflichtschuldig Stationen einer Reise abgearbeitet, die vorhersehbarer kaum sein dürfte. Das hängt natürlich wiederum damit zusammen, dass er dem Walfang-Seefahrts-Abenteuer das Korsett der Quasi-Vorgeschichte zu Moby Dick überstreift, so dass in der Rahmenhandlung der von Ben Whishaw verkörperte Herman Melville den gealterten Seefahrer Tom Nickerson (Brendan Gleeson, Am Sonntag bist du tot) über die Ereignisse an Bord der Essex befragt, die für Nickerson nun auch schon mehr als ein halbes Leben zurückliegen. Das gibt einerseits der Dramaturgie des Gezeigten als umfassende Rückblende einen gewissen Kniff und eröffnet auch einige inszenatorische Möglichkeiten für Im Herzen der See, reißt aber auch gerne mal aus der etablierten Handlung heraus, wenn ein Sprung in die "Gegenwart" des Films aus den Erinnerungen von Nickerson reißt.

So gibt es zunächst eine kleine, generisch gestaltete Exposition der wichtigsten Figuren, bevor das Seefahrt-Abenteuer seinen Anfang nimmt und es zu ersten Querelen an Bord kommt, denn Erster Maat Owen Chase und Kapitän George Pollard sind sich mitnichten grün, zumal Chase eigentlich den Kapitänsposten hätte bekleiden sollen. Auch hier ein ebenso klassischer wie vorhersehbarerer Konflikt, aus dem Howard allerdings im weiteren Verlauf noch nicht einmal viel zu machen versteht, gleichwohl die Darsteller Hemsworth und der als Kapitän besetzte Benjamin Walker (Jessica Jones) sicherlich die Chance dazu geboten hätten und im verbalen Schlagabtausch zu überzeugen wissen. Kaum minder ungenutzt verpufft das Talent von Cillian Murphy (The Party) in Gestalt des geläuterten Trinkers Matthew Joy, der seit langen Jahren mit Protagonist Chase befreundet ist, doch ist Im Herzen der See natürlich auch nicht vorrangig Charakter-Drama, sondern spätestens in der zweiten Hälfte überwiegend Survival-Thriller, was ich mir so zumindest nicht unbedingt erwartet hatte, da Trailer und Marketing doch auf eine weit reißerischere Auseinandersetzung mit dem weißen Wal hindeuten.

Szenenbild aus Im Herzen der See | © Warner Home Video
© Warner Home Video

Trotz generischem Plot und oft nur rudimentärer Figurenzeichnung hält Ron Howards Film aber auch einiges an Qualitäten parat und während das Leben auf hoher See ansprechend und glaubhaft in Szene gesetzt worden ist, gelingen ihm auch sonst dramaturgisch eindrucksvolle bis beklemmende Szenen, wenn die Seefahrer ums nackte Überleben zu kämpfen haben oder Brendan Gleesons Figur bei der Erinnerung daran mit den Tränen zu kämpfen hat. Dessen jüngerer Part in den dominanten "Rückblende" wird übrigens von Tom Holland (Spider-Man) verkörpert, der hier wohl eine der eindringlichsten und überzeugendsten Darstellungen seiner noch jungen Karriere abliefert und vollends überzeugt. Allerdings liegt in der Holland-Gleeson-Kopplung auch ein inszenatorischer Fallstrick verborgen, der zwar nicht allzu ärgerlich ist, aber doch störend ins Gewicht fällt, denn zu Beginn wie auch zum Ende hin gibt es einige Szenen, in denen Hauptfigur Chase zu sehen ist, ohne dass der von Holland verkörperte Nickerson zugegen gewesen wäre, so das der befragte alte Nickerson hierzu gegenüber Melville überhaupt keine Auskunft hätte geben können, weshalb ich auch zwischenzeitlich kurz vermutet habe, es würde sich herausstellen, Nickerson wäre in Wirklichkeit der gealterte Chase, worauf Howard und die verantwortlichen Autoren, allen voran Charles Leavitt (Seventh Son), aber zum Glück verzichten. So ist Im Herzen der See mitnichten frei von Mängeln und insbesondere das CGI der Wale hätte überzeugender ausfallen können, doch eindrucksvolle Seebilder und eine einnehmende Atmosphäre machen hier tatsächlich einiges wett, weshalb mich der rund zwei Stunden währende Film zu keinem Zeitpunkt zu langweilen gedroht hätte.

Fazit & Wertung:

In dem Bestreben, mit Im Herzen der See die Hintergründe um die Entstehung des Romans Moby Dick zu skizzieren, geht Ron Howard zwar oft generische und wenig innovative Wege, schafft aber einen atmosphärisch ungemein gelungenen Abenteuerfilm, der im besten sinne altmodisch anzumuten versteht und einiges an Schauwerten parat hält, derweil die namhafte Darsteller-Riege zugegebenermaßen die meiste Zeit schlichtweg unterfordert wirkt und ausgerechnet die Animation der Wale überzeugender hätte ausfallen können. Als Seefahrer-Survival-Story dank intensiver Szenen und Schilderungen aber durchaus einen Blick wert.

7 von 10 Tagen auf stürmischer See

Im Herzen der See

  • Tage auf stürmischer See - 7/10
    7/10

Fazit & Wertung:

In dem Bestreben, mit Im Herzen der See die Hintergründe um die Entstehung des Romans Moby Dick zu skizzieren, geht Ron Howard zwar oft generische und wenig innovative Wege, schafft aber einen atmosphärisch ungemein gelungenen Abenteuerfilm, der im besten sinne altmodisch anzumuten versteht und einiges an Schauwerten parat hält, derweil die namhafte Darsteller-Riege zugegebenermaßen die meiste Zeit schlichtweg unterfordert wirkt und ausgerechnet die Animation der Wale überzeugender hätte ausfallen können. Als Seefahrer-Survival-Story dank intensiver Szenen und Schilderungen aber durchaus einen Blick wert.

7.0/10
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Im Herzen der See ist am 07.04.16 auf DVD, Blu-ray und 3D Blu-ray und am 19.05.16 auf 4K UHD Blu-ray bei Warner erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

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