Review: Locked Down (Film)

Ich hätte mal wieder ein paar Worte zu einem Film zu verlieren, der – so muss man leider sagen – noch weit besser hätte sein können, wenn er sich nicht verpflichtet gefühlt hätte, noch einen Krimi-Part ans Drama dranzuschustern. Aber lest selbst.

Locked Down

Locked Down, UK/USA 2021, 118 Min.

Locked Down | © Warner Bros.
© Warner Bros.

Regisseur:
Doug Liman
Autor:
Steven Knight

Main-Cast:
Anne Hathaway (Linda)
Chiwetel Ejiofor (Paxton)

in weiteren Rollen:

Stephen Merchant (Michael Morgan)
Mindy Kaling (Kate)
Lucy Boynton (Charlotte)
Mark Gatiss (Donald)
Claes Bang (Essien)
Dulé Hill (David)
Jazmyn Simon (Maria)
Sam Spruell (Martin)
Frances Ruffelle (Neighbour)
Ben Stiller (Guy)
Ben Kingsley (Malcolm)

Genre:
Drama | Krimi | Komödie

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus Locked Down | © Warner Bros.
© Warner Bros.

Erst wenige Wochen ist es her, dass der jüngst verhängte Lockdown das Leben in London zum Erliegen gebracht hat, doch Paxton und Linda kommt es vor wie eine halbe Ewigkeit, denn das einstige Paar war drauf und dran, die Beziehung zu beenden und ihrer jeweiligen Wege zu ziehen, bevor sie plötzlich – staatlich verordnet – gemeinsam zuhause eingepfercht worden sind. Paxton, der ohnehin Probleme hat, im Job Fuß zu fassen, weil er mit einer Jahrzehnte zurückliegenden Vorstrafe zu kämpfen hat, schlägt sich verzweifelt als Paketfahrer durch, während Linda sich zwar beruflich kaum beschweren kann, aber mitnichten Freude daran empfindet, via Zoom-Konferenz überflüssige Mitarbeiter zu entlassen. Plötzlich naht für sie beide inmitten des Lockdowns eine Chance, einem immens wertvollen Diamanten im Londoner Luxuswarenhaus Harrods nahezukommen und es stellt sich die Frage, ob und inwieweit es moralisch vertretbar wäre, ihn womöglich zu entwenden. Ob allerdings ein Paar, das seine besten Zeiten hinter sich hat, ein gutes Diebes-Duo abgibt, steht natürlich auf einem anderen Blatt…

Rezension:

Es ist nur naheliegend und logisch, dass ein weltweit einschneidendes Ereignis wie eine Pandemie über kurz oder lang auch medial verarbeitet und verwertet werden wird, ob das Ergebnis nun am Ende ein reichlich belangloser und leidlich spannender Pseudo-Schocker wie Songbird oder derb-alberner Klamauk wie The Bubble sein mag. Einen weiteren, gänzlich anderen Weg ging schon vor einiger Zeit der von Doug Liman (Barry Seal) inszenierte Locked Down, der es allein seines Titels wegen in der Theorie verdient hätte, in Zukunft sinnbildlich für die Zeit der Lockdowns zu stehen, doch ist das eben schnöde Theorie und leider auch nur wenig haltbar. Denn obwohl das vielerorts improvisierte Geschehen und das eilends zusammengeschusterte Skript eine Menge Wahrheiten und rohen Charme versprühen, ist die nur marginal vorhandene Dramaturgie mit zunehmender Laufzeit eben doch ein Dorn im Auge, zumal sich Autor Steven Knight (Im Netz der Versuchung), den ich ansonsten ja wirklich sehr schätze, in die wohl wirklich hanebüchenste und abgeschmackteste Notfalllösung flüchtet und wirklich im letzten Drittel eine Art laienhaft-behelfsmäßig durchgeführten Heist inszeniert sehen will.

Szenenbild aus Locked Down | © Warner Bros.
© Warner Bros.

So krankt Locked Down allein an der Art, wie er beworben und vermarktet wird, denn vielerorts als Komödie klassifiziert, will ich ihm zwar eine Art düsteren und ungeschlachten Humor nicht absprechen, doch ihn deshalb gleich als Komödie zu betrachten, ginge mir deutlich zu weit, derweil "Krimi" wohl ebenso wenig zutrifft, auch wenn man da einen kleinen Coup planen mag. Am Ende ist es also vorrangig ein Drama mit tragisch-fatalistischen Untertönen und als solches ist der Film auch stets am besten, weshalb es gleich doppelt schade ist, wenn er zunehmend aus der Spur gerät und Paxton und Linda letztlich ihren stümperhaften Raub planen, was eben auch reichlich unmotiviert und aus heiterem Himmel daherkommt. Anscheinend wusste man sich selbst nicht so recht zu helfen, wie eine Story voranschreiten könnte, die ohnehin – ohne das jetzt böse zu meinen – kaum in die Gänge kommt. So muss man nun damit leben, dass ein vielversprechend startendes Beziehungs-Drama vor dem Hintergrund der aufgrund Covid verhängten Lockdowns zunehmend verwässert.

Um aber noch eine Weile bei den positiven Aspekten zu bleiben, hängen sich die beiden Hauptdarsteller*innen Anne Hathaway (Glam Girls) und Chiwetel Ejiofor (12 Years a Slave) spürbar rein und sind mit Eifer bei der Sache, was dem Film auch einen Großteil an Reiz verleiht. Wer also aus (unerfindlichen) Gründen mit einem der beiden nichts anzufangen weiß oder gar eine gewisse Aversion hegt, kann der Geschichte vermutlich gleich fernbleiben, denn die Beobachtungen des Lockdown-Alltags in einer englischen Vorstadt, die vielen Miniaturen, die Knight skizziert und Liman realisiert, wirken wohl am ehesten, wenn man sich dem Duo aus Hathaway und Ejiofor auch verbunden fühlt. Die geben hier das klassisch verkrachte Paar, wobei kaum wirklich klar wird, was zur letztlichen Trennung geführt haben mag, die durch den verhängten Lockdown so jäh unterbrochen, um nicht zu sagen vereitelt worden ist. Ansonsten macht man natürlich soweit möglich aus der Not eine Tugend, konzentriert sich beim Dreh ganz auf das Haus des Paares, bevor es noch einen Abstecher ins Londoner Luxuswarenhaus Harrods zu bestaunen gibt, wo wohl bislang noch nie gedreht werden durfte. Ergänzt wird die Chose dann durch eine ganze Handvoll durchaus namhafter Gast-Stars, die sich via Zoom zuschalten und zu denen unter anderem Ben Kingsley (Self/less) und Ben Stiller (Gefühlt Mitte Zwanzig) zählen. Die Geschichte bringt das zwar kaum weiter, nett ist es aber allemal.

Szenenbild aus Locked Down | © Warner Bros.
© Warner Bros.

Bleibt am Ende also ein Film, der einerseits angenehm spontan und improvisiert wirkt, der viel von dem einfängt, was den Lockdown geprägt hat, von Langeweile über Lethargie, Verzweiflung, Tatendrang und Resignation bis hin zum schieren Unvermögen, das Ausmaß der Situation überhaupt erfassen zu können. Leider aber verschenkt Locked Down eben auch gehörig Potential durch den Anspruch, diese aberwitzige Kriminalgeschichte erzählen zu wollen, die eigentlich wenig Sinn ergibt, wenig packend inszeniert ist und sich wenig überzeugend mit dem Rest verbindet. Dennoch wird Limans Film wohl weit eher einen Platz in der (filmischen) Geschichtsschreibung verdienen als manch anderer Beitrag zu dem Thema, denn auch wenn der Lockdown der Protagonisten allein schon reichlich mondän und nobel daherkommt (die Geschichte ist schließlich in einem Londoner Luxushaus verortet), vermittelt der Film in seinen Dialogen und Momenteindrücken doch einiges von dem, was sich allerorten in der einen oder anderen Form so abgespielt hat, während das öffentliche Leben heruntergefahren, die Geschäfte geschlossen und die Gesellschaft auf Sparflamme gehalten worden ist.

Fazit & Wertung:

Regisseur Doug Liman und Drehbuchautor Steven Knight liefern mit Locked Down ihren Beitrag zur Covid-Pandemie und dabei durchaus sehenswerte und klug geschriebene (oder improvisierte) Betrachtungen, wohingegen der im letzten Drittel drangezimmerte Heist-Part reichlich aufgesetzt und grobschlächtig wirkt, was den Film leider in Summe merklich abwertet.

6 von 10 von Langeweile und Lethargie geprägten Tagen

Locked Down

  • Von Langeweile und Lethargie geprägte Tage - 6/10
    6/10

Fazit & Wertung:

Regisseur Doug Liman und Drehbuchautor Steven Knight liefern mit Locked Down ihren Beitrag zur Covid-Pandemie und dabei durchaus sehenswerte und klug geschriebene (oder improvisierte) Betrachtungen, wohingegen der im letzten Drittel drangezimmerte Heist-Part reichlich aufgesetzt und grobschlächtig wirkt, was den Film leider in Summe merklich abwertet.

6.0/10
Leser-Wertung 0/10 (0 Stimmen)
Sende

Locked Down ist unter anderem bei Amazon Prime zum Kaufen verfügbar, derzeit aber beispielsweise auch Netflix verfügbar.

vgw

Sharing is Caring:

Hinterlasse einen Kommentar