Und wieder komme ich nun mit einer Serien-Review daher und kann euch nur raten, bei The Path einmal einen Blick zu riskieren, so ihr denn Amazon Prime Kunden seid, denn das ausgezeichnete Drehbuch und die ungemein fähigen DarstellerInnen haben mich schier vom Hocker gehauen und ließen mich die zehn Folgen in wenigen Tagen regelrecht weginhalieren.
The Path
Staffel 1
The Path, USA 2016-, ca. 46 Min. je Folge
© Hulu/NBC Universal
Jessica Goldberg
Jason Katims
Michelle Lee
Jessica Goldberg
Aaron Paul (Eddie Lane)
Michelle Monaghan (Sarah Lane)
Emma Greenwell (Mary Cox)
Rockmond Dunbar (Abe Gaines)
Kyle Allen (Hawk Lane)
Amy Forsyth (Ashley Fields)
Sarah Jones (Alison Kemp)
Hugh Dancy (Cal Roberts)
Minka Kelly (Miranda Frank)
Paul James (Sean Egan)
Peter Friedman (Hank)
Clark Middleton (Richard)
Deirdre O’Connell (Gab)
Ali Ahn (Nicole)
Patch Darragh (Russel Armstrong)
Adriane Lenox (Felicia)
Aimee Laurence (Summer)
Stephanie Hsu (Joy)
Jeb Brown (Wesley Cox)
Drama
Trailer:
Inhalt:
© Hulu/NBC Universal
Nahe Parksdale, New York existiert eine Siedlung der Meyeristen-Bewegung, die sich dem Glauben an das Licht und an die universelle Wahrheit, die ihrem Begründer Dr. Stephen Meyer vor Jahrzehnten offenbart worden ist, verschrieben hat. Hier lebt auch Eddie Lane mit seiner Frau Sarah und den zwei gemeinsamen Kindern Hawk und Summer, doch seit Eddie von seiner sechsten Einkehr in Peru zurückgekehrt ist, nagen leise Zweifel an ihm, denn durch den Genuss bewusstseinserweiternder Substanzen hat Eddie halluziniert und meint nun zu wissen, dass der Glaube der Meyeristen auf einem Märchen beruht, doch wie soll er das zugeben, in einer Enklave, die Abweichler nicht duldet und Unglaube mit Verbannung bestraft, zumal seine Frau Sarah ein hochrangiges Mitglied ist und in Sachen Einfluss nur von Cal Roberts, dem Leiter der Gemeinde übertroffen wird. Eddie beginnt sich mit einer Ehemaligen auszutauschen und begibt sich auf gefährliches Terrain, während Sarah vermutet, ihr Mann habe eine Affäre. Cal wiederum kommt alsbald hinter Eddies Geheimnis, doch hat der charismatische Anführer nicht nur ganz andere Ambitionen, sondern auch seine eigenen Dämonen, die jederzeit hervorzubrechen drohen, während er alles daran setzt, die Meyeristen zu ungeahnter Größe zu führen und dabei selbst die Lehren von Stephen vernachlässigt, der sich seit geraumer Zeit in Peru befinden soll, um die letzten drei Sprossen zu vollenden…
Rezension:
Allein beim Anblick des Casts der neuen Hulu-Serie The Path, deren zehn Folgen umfassende erste Staffel es seit Mitte des Monats bei Amazon Prime zu bewundern gibt, war es zugegebenermaßen bereits um mich geschehen, doch auch dramaturgisch versprach die Serie interessant und außergewöhnlich zu werden, zumal die Beschäftigung mit einer sektenähnlichen Bewegung wie geschaffen schien für ein serielles Format, da sich hier schlicht und ergreifend ausreichend Zeit und Möglichkeit bieten, diesen Mikrokosmos eingehend zu beleuchten und erkunden. Das wird auch bereits in der ersten Episode Überall ist Licht (1.01) deutlich, die mich rundherum zu überzeugen, wenn auch noch nicht regelrecht zu begeistern wusste, doch lohnt es sich dranzubleiben, denn im Nachhinein macht es durchaus Sinn, dass man sich hier und in der sich anschließenden Folge Paartherapie (1.02) vornehmlich darauf konzentriert, die Prämisse zu vermitteln und die Exposition der Figuren voranzutreiben, um sich alsbald zu neuen Höhen aufzuschwingen, wenn sich nicht nur in den Augen des Zweiflers Eric erste Risse in dem Konzept der Bewegung der Meyeristen aufzutun beginnen.
© Hulu/NBC Universal
Dreh- und Angelpunkt der Geschichte ist nämlich zunächst einmal der von Aaron Paul (Breaking Bad) verkörperte Eddie Lane, der bei seiner sechsten Einkehr in Peru eine an eine Vision grenzende transzendentale Erfahrung gemacht hat und meint, hinter die Kulissen der Bewegung geblickt und erkannt zu haben, dass dort kein Licht ist, nichts, worauf es zu hoffen oder was es anzubeten lohnt, was ihn natürlich in eine Sinnkrise stürzt, zumal Zweifler und Nicht-Gläubige keinen Platz in der Gemeinschaft der Meyeristen haben und folglich dort nicht geduldet werden. Entsprechend versucht Eddie seine Zweifel selbst vor seiner eigenen Frau zu verbergen, die noch dazu – der Stand in der Hierarchie gliedert sich in unterschiedliche Sprossen, die jeweils durch eine Einkehr genannte Pilgerreise, Tat oder Unternehmung erreicht werden können – eine E8 ist, also auf der Leiter zwei Stufen über Eddie steht und zuweilen regelrecht fanatische Züge an den Tag legt, wenn es um die Verteidigung ihres Glaubens geht. Mit der Rolle der Sarah Lane darf nun Michelle Monaghan (True Detective) dann auch endlich einmal zeigen was in ihr steckt und auch wenn sie selten eine so unnahbare, so ambivalente Rolle gespielt hat und kaum je unsympathischer wirkte, wird sie in The Path gehörig gefordert und gibt eine oft erschreckend glaubhafte Darstellung ab, gerade was die radikaleren Seiten der Bewegung anbelangt, die man im Inneren so gerne totzuschweigen sucht, derweil man auch immer spürt, wie viel Gutes in ihr steckt und sie selbst Falsches wenn überhaupt zumindest aus den richtigen Gründen tut.
© Hulu/NBC Universal
Zum heimlichen Highlight aber schwingt sich nach einigen Folgen der von Hugh Dancy (Hannibal) gespielte Cal Roberts auf, denn während er sich anfangs als beinahe unscheinbarer, netter Prediger von nebenan gibt und abgesehen von einer Szene gegen Ende der ersten Folge, die bereits eine gewisse Marschrichtung vorgibt, zunächst ein wenig im Hintergrund steht, doch nicht nur sein Charisma als Anführer, sondern auch sein im Innersten oft selbstzerstörerisches Verhalten werden spätestens in Cals Entscheidung (1.03) offenbar und ziehen sich fortan durch den Rest der zunehmend packender werdenden Staffel, denn was als Ehekrise beginnt, mündet mehr und mehr in eine Situation, die gleich die gesamte Existenz der Bewegung und deren Fortbestand in Frage stellt, während die Mitglieder der Familie Lane immer weiter auseinanderdriften. Diese und weitere dramaturgische Elemente für sich nutzend, strahlt The Path aber vorrangig seine Faszination dadurch aus, dass das Konzept der Meyeristen-Bewegung so ungemein stimmig und durchdacht daherkommt, dass man kaum glauben möchte, sie würden in Wirklichkeit nicht existieren. So staunt man ein ums andere Mal über verschiedene Rituale und Verhaltensweisen, lernt die Glaubensbekenntnisse, Gebete, Anrufungen und nicht zuletzt seltsame Apparaturen kennen, beginnt mehr und mehr das Konzept der Sprossen der Leiter zu verstehen und erfährt als Zuschauer durchaus auch den einen oder anderen Gänsehautmoment, insbesondere wenn Dancys Figur Cal ins Predigen gerät.

So kommt es auch, dass das zuweilen sprunghaft wirkende Verhalten mancher Figur sie dennoch nicht an Glaubwürdigkeit einbüßen lässt, denn ähnlich ambivalent verhält es sich mit der Bewegung an sich und in manchem Moment scheint dieser Weg eine lohnenswerte Alternative, bis einem das nächste Mal die oft radikalen Ansichten und Regeln vor den Kopf stoßen zumindest. Doch auch wenn Paul, Monaghan und Dancy hier klar im Vordergrund stehen, handelt es sich doch bei The Path im weitesten Sinne um ein Ensemble-Stück und von dem Rest der Familie Lane ausgehend erstrecken sich die Geschichten auf weitere Mitglieder der Meyeristen, neue Anwerber, frühere Gläubige und nicht zuletzt einen FBI-Agenten, der plant, die Bewegung zu infiltrieren und trotz seiner Erfahrung in dem Metier ein ums andere Mal darüber staunen muss, wie gütig und mitfühlend die Anhänger der Bewegung sich geben.
© Hulu/NBC Universal
Wenn ich wirklich etwas zu bemängeln suchen würde, dann vielleicht noch am ehesten, dass insbesondere in den letzten Folgen die Zeit eher sprunghaft zu vergehen scheint und teils Wochen vergangen sein mögen, wie man vielleicht am Rande eines Gesprächs aufschnappen kann, womit einhergehend oft auch der Eindruck entsteht, Peru sei kaum mehr als einen Katzensprung entfernt, doch davon abgesehen vermag The Path nach einer kurzen Anlaufphase eine enorme Sogwirkung zu entfalten, die sich von Folge zu Folge noch verstärkt und ihren vorläufigen Höhepunkt in der an Perfektion grenzenden Folge Blut an den Händen (1.07) findet, die auch aufzuzeigen vermag, an wie vielen stellen die Bewegung bereits ins Straucheln geraten und korrumpiert worden ist. Dieses Niveau halten die letzten drei Folgen zwar nicht ganz, doch ausgerechnet das im Vorfeld so vorhersehbar wirkende Finale weiß mehr als nur ein wenig zu überraschen und lässt gespannt die nächste Staffel dieser stimmig konzeptionierten Drama-Serie erwarten.
The Path | Staffel 1
-
Erklommene Sprossen auf der Leiter - 9/10
9/10
Fazit & Wertung:
Die Hulu-Produktion The Path wartet nicht nur mit einem ungemein vielversprechenden Cast auf, sondern überzeugt speziell bei den darstellerischen Leistungen auf ganzer Linie, während die Bewegung der Meyeristen im Verlauf der Staffel regelrecht lebendig zu werden beginnt und die vom ersten Moment an wahnsinnig dicht und packend inszenierte Story mit zahllosen unerwarteten, aber nie konstruiert wirkenden Wendungen für Spannung sorgt. Selten hat man sich des Themas einer sektenähnlichen Bewegung so überzeugend angenommen wie hier.
Meinungen aus der Blogosphäre:
Singende Lehrerin: 9/10 Punkte
Tonight is gonna be a large one.: 8/10 Punkte
Episodenübersicht: Staffel 1
02. Paartherapie (8/10)
03. Cals Entscheidung (8,5/10)
04. Hoher Besuch (8,5/10)
05. Das Loch (9/10)
07. Blut an den Händen (9,5/10)
08. Der Weg (9/10)
09. Die Rückkehr (9/10)
10. Anfang oder Ende? (9/10)
– – –
The Path | Staffel 1 ist ist seit dem 15.09.16 exklusiv bei Amazon Prime Instant Video verfügbar.
Ah, schön, du kommst zur selben Punktzahl wie ich! :) Meine Kritik (danke, dass du sie schon verlinkt hast!) ist – mal wieder – deutlich knapper, naja, und ein wenig emotionaler… Da ist es toll, deinen analytischeren Text zu lesen!
“Ambivalenz” – das ist ein Wort, das sowohl du als auch ich verwenden und auch schon eine meiner Leserinnen im Kommentar. Dafür ist wahrhaftig die Rolle des FBI-Agenten von enormer Wichtigkeit, der ja im Grunde genommen den Part der Zuschauer ein bisschen vertritt.
Keine große Überraschung mit der Punktzahl, zumal sich die Serie wirklich noch steigert. Und mein Gott, die finale Einstellung, was soll ich denn davon jetzt bitte halten!? Möchte bitte gerne sofort weiterschauen!
Tja, und ich habe im Gegenzug deinen Text gelesen und dachte so bei mir, ob ich meine Review noch mal komplett über den Haufen schmeiße, aber so unterschiedliche Betrachtungsweisen – gerade bei ähnlicher Gesamtbeurteilung – sind ja auch was Schönes.
Stimmt, “Ambivalenz” lag mir auch ständig auf der Zunge und wenn es nicht wahnsinnig schlechter Stil wäre, hätte ich das in jedem Absatz mehrfach verwenden können. Und ja, gerade der FBI-Agent ist da eine schöne Identifikationsfigur, wobei sich das ja auch auf Eddie übertragen lässt, der anfänglich so sehr zweifelt und dann auf Biegen und Brechen versucht, weiter dazuzugehören. Ja und natürlich Cal, der ja sowieso schlechthin das Highlight ist als Figur. Den Satz konnte ich übrigens in deiner Kritik sowas von unterschreiben, dass kaum möglich zu sein schien, dass Hugh Dancy sich nach “Hannibal” noch mal steigert und dann kommt er mit so einer Performance daher, Wahnsinn!
Oh ja, bei der letzten Einstellung habe ich auch gedacht: WTF? Bin wirklich sehr, sehr gespannt auf die Fortsetzung!
Irgendwie finde ich es cool – und ein bisschen schade zugleich -, dass es bisher noch kaum Reviews zu dieser Serie in “unserer Blogosphäre” zu geben scheint. Wir sind sozusagen Pioniere (so geht es mir ja mit meinen Sneak-Preview-Kritiken auch), oder – in diesem Fall noch passender: Missionare! ;)