Review: Wo die wilden Menschen jagen (Film)

Heute widme ich mich dann mal wieder einem Kleinod von Film, das schöner kaum hätte ausfallen können und von dem auch schon einige Blogger-Kollegen zu schwärmen gewusst haben.

Wo die wilden Menschen jagen

Hunt for the Wilderpeople, NZ 2016, 101 Min.

Wo die wilden Menschen jagen | © Sony Pictures Home Entertainment Inc.
© Sony Pictures Home Entertainment Inc.

Regisseur:
Taika Waititi
Autoren:
Taika Waititi (Drehbuch)
Barry Crump (Buch-Vorlage)

Main-Cast:
Sam Neill (Hec)
Julian Dennison (Ricky)

in weiteren Rollen:

Rhys Darby (Psycho Sam)
Rima Te Wiata (Bella)
Rachel House (Paula)
Oscar Kightley (Andy)
Tioreore Ngatai-Melbourne (Kahu)
Troy Kingi (TK)
Cohen Holloway (Hugh)
Stan Walker (Ron)
Mike Minogue (Joe)
Hamish Parkinson (Gavin)
Lloyd Scott (Tourist)

Genre:
Abenteuer | Komödie | Drama

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus Wo die wilden Menschen jagen | © Sony Pictures Home Entertainment Inc.
© Sony Pictures Home Entertainment Inc.

Ricky Baker ist ein richtig schlimmes Kind und wir haben es hier mit Sachen treten, wegschmeißen und beschädigen, spucken und gar herumlungern zu tun. Nachdem er einiges an Pflegefamilien durch hat, landet er bei der warmherzigen Bella – die er gern Tante nennen darf – und "Onkel" Hec, auch wenn der gar nicht erbaut ist, nun einen Möchtegern-Gangster im eigenen Haus zu haben. Bella indes weiß Ricky zunehmend für sich einzunehmen, doch als sie plötzlich stirbt, zerplatzt das noch junge Familienglück. Das Jugendamt kündigt an, Ricky alsbald wieder abzuholen und der Junge nimmt Reißaus. Mehr widerwillig begibt sich Hec auf die Suche nach ihm und nachdem er sich den Fuß verknackst, stranden die beiden zunächst im Dickicht des neuseeländischen Busch. Dumm nur, dass Paula vom Jugendamt davon ausgeht, dass Hec wahrscheinlich Ricky entführt hat, denn bald schon kleben den beiden vorlaute Wildjäger, die Polizei und gar das Militär an den Fersen…

Rezension:

Nachdem mit Jojo Rabbit schon längst wieder Taika Waititis neuester Film im Gespräch gewesen ist, hole ich nun erst einmal – und endlich – den 2016 entstandenen Wo die wilden Menschen jagen nach, schließlich habe ich Waititi zwar erst mit Thor 3 für mich entdeckt, später aber auch für 5 Zimmer Küche Sarg sehr zu schätzen gewusst, weshalb zu hoffen und erwarten stand, dass mich auch dieser Ausflug in die neuseeländische Wildnis würde überzeugen können. Und tatsächlich vermag der Film mit seiner offensiven, aber gleichsam unaufgeregten Skurrilität und Spleenigkeit schnell für sich einzunehmen, auch wenn es eine Weile braucht, sich in das obskure Szenario einzufinden und der plakativ überzogene Wahnsinn sich zunächst nur zaghaft Bahn bricht. Das ist aber genau die richtige Herangehensweise, denn im Zentrum stehen eben nicht derber Witz oder absonderliche Begegnungen, sondern die schwierige Beziehung zwischen dem unverstandenen Ricky und dessen unwilligem und mürrischen Ziehvater Hec, wobei ich natürlich niemandem gesondert zu verraten brauche, dass beide sich über kurz oder lang natürlich auf gewisse Art zusammenraufen.

Szenenbild aus Wo die wilden Menschen jagen | © Sony Pictures Home Entertainment Inc.
© Sony Pictures Home Entertainment Inc.

Dabei zelebriert Waititi nicht nur eine Geschichte von Zusammenhalt, Verlust und Familie, sondern gleichsam auch seine neuseeländische Heimat und lässt das Dickicht der Wälder in all seiner Pracht erstrahlen, während es inmitten der Wildnis zu allerhand skurrilen und unterhaltsamen Begegnungen kommt. Nichtsdestotrotz ist aber allein schon die Ausgangslage als tragisch zu bezeichnen, wenn unverhofft die liebenswürdige Bella nach nur wenigen Filmminuten das Zeitliche segnet, auch wenn der Regisseur selbst – hier in der Rolle eines Geistlichen – die Situation prompt mit einer Prise Humor aufzulockern weiß. Und so changiert Wo die wilden Menschen jagen über die Dauer der rund 100 Minuten hinweg immer wieder zwischen Humor und Tragik, wie es kaum einem zweiten Filmemacher gelingen dürfte, denn weder das Verhältnis zwischen Ricky und Hec wäre als einfach zu bezeichnen, noch ist die Wildnis frei von Gefahren, die teils drastische Konsequenzen nach sich ziehen.

Aufgebrochen wird der Marsch durch den Busch derweil immer wieder von Nachrichten-Einsprengseln und Interviews, die aufzeigen, wie sich die Suche nach dem vermeintlichen Entführer ausweitet und auf ebenfalls charmant-obskure Weise skizziert, wie insbesondere Ricky in den Medien zum Helden hochstilisiert wird. Das wiederum dient für einen besonders schönen Moment, wenn Ricky sich entdeckt und ertappt fühlt, die Reaktion aber gänzlich anders ausfällt, als man das erwarten würde. Freilich funktioniert das Gezeigte aber auch deshalb so gut, weil sowohl Newcomer Julian Dennison als Ricky Baker als auch der ungleich erfahrenere Sam Neill (The Hunter) als wortkarger Eigenbrötler Hec nicht nur überzeugen, sondern vor allem gemeinsam eine bravouröse Vorstellung abliefern. So wirkt das Geschehen dank der vergleichsweise geerdeten Figuren, die hier unbeabsichtigt eine Lawine an medialer Aufmerksamkeit lostreten, auch immer glaubhaft, nahbar, authentisch, während die eher spleenigen und exzentrischen Nebenfiguren das Salz in der Suppe darstellen, ansonsten aber ganz bewusst überzeichnet und regelrecht karikaturesk daherkommen.

Szenenbild aus Wo die wilden Menschen jagen | © Sony Pictures Home Entertainment Inc.
© Sony Pictures Home Entertainment Inc.

Dank der Art der Inszenierung und dem oft eigenwilligen, aber auch erfrischenden Humor bleibt Wo die wilden Menschen jagen aber auch jederzeit unberechenbar und überraschend, derweil speziell die Auflösung, das Finale des Ganzen mitnichten so ausfallen dürfte, wie sich das irgendjemand auch nur im Ansatz hat vorstellen können. Umso faszinierender, das der Film auf einer literarischen Vorlage fußt und Waititi hier das von Barry Crump verfasste Buch Wild Pork and Watercress adaptiert hat, denn ich wäre doch sehr interessiert daran, welche – und wie viele – Freiheiten er sich bei der Interpretation genommen hat. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass auch dieses Werk des sympathischen Neuseeländers wieder auf ganzer Linie überzeugt und all jenen, die gleichermaßen skurrile wie warmherzige, vor allem aber einzigartige und unerwartete Filme zu schätzen wissen, ein echtes Kleinod sein dürfte.

Fazit & Wertung:

Taika Waititi erzählt in Wo die wilden Menschen jagen die gleichermaßen zu Herzen gehende wie absurd-skurrile Geschichte eines Jungen und seines mürrischen Ziehvaters, die gemeinsam und unverhofft in ein aberwitziges Abenteuer geraten. Die Art und Weise, wie die beiden sich nach und nach zusammenraufen, mag eher generisch sein, doch deren Authentizität, gepaart mit reichlich spleenigen Figuren und Begegnungen, ergibt eine sowohl emotional als auch humoristisch überzeugende Story sondergleichen.

8 von 10 Abenteuern im tiefsten Dickicht

Wo die wilden Menschen jagen

  • Abenteuer im tiefsten Dickicht - 8/10
    8/10

Fazit & Wertung:

Taika Waititi erzählt in Wo die wilden Menschen jagen die gleichermaßen zu Herzen gehende wie absurd-skurrile Geschichte eines Jungen und seines mürrischen Ziehvaters, die gemeinsam und unverhofft in ein aberwitziges Abenteuer geraten. Die Art und Weise, wie die beiden sich nach und nach zusammenraufen, mag eher generisch sein, doch deren Authentizität, gepaart mit reichlich spleenigen Figuren und Begegnungen, ergibt eine sowohl emotional als auch humoristisch überzeugende Story sondergleichen.

8.0/10
Leser-Wertung 9/10 (3 Stimmen)
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vgw

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