Review: Tod auf dem Nil (Film)

Hui, manchmal habe ich auch einfach einen Lauf, was die Schreiberei betrifft, auch wenn ich gerne Besseres und Euphorischeres zum heutigen Film berichtet hätte, doch irgendwie wollte die Mischung der unterschiedlichen Ansätze nicht so ganz aufgehen.

Tod auf dem Nil

Death on the Nile, USA/UK 2022, 127 Min.

Tod auf dem Nil | © Walt Disney
© Walt Disney

Regisseur:
Kenneth Branagh
Autoren:
Michael Green (Drehbuch)
Agatha Christie (Buch-Vorlage)

Main-Cast:

Tom Bateman (Bouc)
Annette Bening (Euphemia Bouc)
Kenneth Branagh (Hercule Poirot)
Russell Brand (Windlesham)
Ali Fazal (Katchadourian)
Dawn French (Bowers)
Gal Gadot (Linnet Ridgeway)
Armie Hammer (Simon Doyle)
Rose Leslie (Louise Bourget)
Emma Mackey (Jacqueline de Bellefort)
Sophie Okonedo (Salome Otterbourne)
Jennifer Saunders (Marie Van Schuyler)
Letitia Wright (Rosalie Otterbourne)

Genre:
Krimi | Drama | Mystery

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus Tod auf dem Nil | © Walt Disney
© Walt Disney

Linnet Ridgeway ist beliebte wie bekannte Millionenerbin und entsprechend illuster ist die Hochzeitsgesellschaft, die sich in Ägypten einfindet, um gemeinsam mit der frisch Vermählten und ihrem Ehemann Simon Doyle zur Reise auf dem Nil aufzubrechen. Viele stehen der Verbindung allerdings skeptisch gegenüber, denn nicht nur ist Doyle von ungleich niederem Stand, nein, er war bis vor kurzem noch mit Linnets bester Freundin Jacqueline de Bellefort liiert. Die ist es jetzt auch, welche die beiden auf Schritt und Tritt verfolgt und ihnen die Flitterwochen zu vermiesen trachtet, weshalb sich Linnet auch an den berühmten Detektiv Hercule Poirot gewandt hat, um mit Beobachtungsgabe und Scharfsinn für ihre Sicherheit zu garantieren, glaubt sie doch, dass Jacqueline womöglich Schlimmes im Schilde führt. Hercule schließt sich bereitwillig der Gesellschaft an, doch lässt der Tod auf dem Nil nicht lange auf sich warten und der Detektiv sieht sich einer ganzen Reihe Verdächtiger gegenüber…

Rezension:

Schon die von Kenneth Branagh realisierte Neuverfilmung von Mord im Orient-Express wusste mich seinerzeit nicht restlos zu begeistern, aber doch gut zu unterhalten, weshalb für mich außerfrage stand, nun auch dem Besuch in Ägypten beizuwohnen, zumal Tod auf dem Nil ganz ohne Zusatzkosten ohnehin beim Streamingdienst Disney+ aufgeschlagen ist. Gerne würde ich nun behaupten, dass sich das Ergebnis sehen lassen könne, doch leider ist die Angelegenheit – wenn auch solide inszeniert und besetzt – eher eine Enttäuschung geworden, wobei der Film spürbar auch als Opfer der Corona-Pandemie ist, wenn ich ihm einfach mal wohlwollend attestiere, dass manches anders – und besser – inszeniert worden wäre, hätte es nicht einschlägige Einschränkungen und Hemmnisse gegeben. So aber krankt diese neue Agatha-Christie-Verfilmung alleine schon an ihrem Setting, denn ungeachtet dessen, dass natürlich der Orient-Express optisch deutlich mehr hermacht als ein Schiff auf dem Nil, wirkt ausgerechnet diese Kulisse – im Studio gebaut und um Hintergründe ergänzt – reichlich steril, beinahe trist, aber keineswegs lebendig, schwül, exotisch, schillernd.

Szenenbild aus Tod auf dem Nil | © Walt Disney
© Walt Disney

Ausgerechnet das also, was man sich von einer Neuauflage von Tod auf dem Nil erwarten würde, also spektakuläre Ägypten-Eindrücke und eine glaubhaft zum Leben erweckte Epoche, funktioniert hier leider keineswegs und so trüben dann auch die Sightseeing-Ausflüge der Hochzeitsgesellschaft das Gesamtbild eher noch, als es zu verbessern, zumal vieles vom Gezeigten nur wenig zum eigentlichen Kriminalfall beitragen wird. Der kommt ohnehin erst spät in die Gänge, weil man sich bis zum namensgebenden Mord gehörig gedulden muss. Ich will nicht so weit gehen, dass der Film bis dahin langweilig wäre, doch allein schon die eröffnende, der Vorlage hinzugedichtete Rückblende ließ mich eher die Nase rümpfen, auch wenn es grundsätzlich lobenswert sein mag, Protagonist Hercule Poirot hier mit ein wenig mehr Tiefe versehen zu wollen. So richtig scheint man aber nicht gewusst zu haben, in welche Richtung man diesbezüglich gehen möchte, doch Fakt ist, dass die eigentliche Ermittlungsarbeit schon ziemlich in den Hintergrund rückt. Immerhin Verhöre gibt es derweil zuhauf, die man allein schon deshalb für nötig erachtet haben mag, um wahlweise Verdachtsmomente als auch Alibis für alle Beteiligten – beziehungsweise Anwesenden – zu liefern.

Und obwohl das Figurenkonsortium im Vergleich zur Vorlage wohl schon gehörig eingedampft worden ist, scheint man sich ein wenig viel vorgenommen zu haben, ihnen allen Zeit und Aufmerksamkeit widmen zu wollen, zumal viele der Figuren wirklich nur unzureichend charakterisiert werden und man manchmal gar nicht recht versteht, weshalb sie nun überhaupt Teil der Reisegesellschaft sein sollen. Die Idee, Hercule Poirot hier quasi persönlich betroffen zu machen – schließlich stolpert er nicht zufällig über seinen neuesten Fall – ist dabei grundsätzlich zu begrüßen, doch ähnlich wie seine persönliche Motivation und die hinzugedichteten Hintergründe der Figur wirkt das oft ein wenig aufgesetzt und nicht zu Ende gedacht, gleichwohl Kenneth Branagh (My Week with Marilyn) seine Sache grundsätzlich wieder gut macht, wobei er mit seinem Schaupeil mehr überzeugt als mit der Regie. Fernab der nur unzureichend aufkommen wollenden Atmosphäre ist es aber wirklich ein Hauptproblem von Tod auf dem Nil, dass hier schlichtweg zu viel in zu kurzer Zeit verhandelt werden soll, was im Übrigen schon etwas heißen soll bei mehr als zwei Stunden Laufzeit, die hier zusammenkommen.

Szenenbild aus Tod auf dem Nil | © Walt Disney
© Walt Disney

Da vermag dann auch der durchaus wieder namhafte Cast kaum wirklich zu glänzen und ausgerechnet Gal Gadot (Red Notice) hat schon weit überzeugendere Leistungen abgeliefert als hier. Begeisternder fällt da schon eher Emma Mackeys Performance als deren frühere beste Freundin und jetzt Kontrahentin aus, womit sie sich prompt für weitere Rollen empfiehlt, derweil ich persönlich bei Russel Brand ins Staunen geriet, den ich als Arzt Dr. Windlesham beinahe nicht erkannt hätte und bislang eben nur in weitaus exzentrischeren Rollen – Rock of Ages zum Beispiel – gesehen habe. Tom Bateman (Hard Powder) derweil darf als Bouc zurückkehren und bildet – neben Poirot – damit die einzige Verbindung zwischen den Filmen, funktioniert als Sidekick aber zugegebenermaßen auch hier wieder sehr gut. Summa summarum kann man sich freilich auch diese Interpretation von Tod auf dem Nil durchaus ansehen und wird sich wahrscheinlich grundsolide unterhalten fühlen, aber die allgemeine Richtungslosigkeit, die Abstriche bei Flair und Atmosphäre bis hin zu manch inszenatorischer Ungenauigkeit bis hin zur ausgewachsenen Ungereimtheit kosten eben insgesamt so einige Punkte in der B-Note, wobei ich mir natürlich auch den dritten Hercule-Poirot-Fall von und mit Kenneth Branagh ansehen werde, der sich längst in Planung befindet.

Fazit & Wertung:

Der erneut von und mit Kenneth Branagh inszenierte Tod auf dem Nil reicht leider nicht an seinen Vorgänger heran und bringt so manch inszenatorische und dramaturgische Schwäche mit sich, was leider insbesondere auch für den Handlungsort Nil und den darauf befindlichen Raddampfer gilt, denn denen merkt man ihre Studio-Herkunft immer wieder an.

6 von 10 Verdächtige auf dem Raddampfer

Tod auf dem Nil

  • Verdächtige auf dem Raddampfer - 6/10
    6/10

Fazit & Wertung:

Der erneut von und mit Kenneth Branagh inszenierte Tod auf dem Nil reicht leider nicht an seinen Vorgänger heran und bringt so manch inszenatorische und dramaturgische Schwäche mit sich, was leider insbesondere auch für den Handlungsort Nil und den darauf befindlichen Raddampfer gilt, denn denen merkt man ihre Studio-Herkunft immer wieder an.

6.0/10
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Tod auf dem Nil ist seit dem 30.03.22 bei Disney+ verfügbar und am 14.04.22 auf DVD, Blu-ray und 4K UHD Blu-ray bei Walt Disney erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

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vgw

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