Review: Crimes of the Future (Film)

Passend zum regnerischen Wetter eine betrübliche Film-Rezension, denn ich hatte mir viel erwartet von diesem Werk, das leider vielerorts nicht über Mittelmaß hinauskommt.

Crimes of the Future

Crimes of the Future, CA/GR/UK 2022, 107 Min.

Crimes of the Future | © LEONINE
© LEONINE

Regisseur:
David Cronenberg
Autor:
David Cronenberg

Main-Cast:
Viggo Mortensen (Saul Tenser)
Léa Seydoux (Caprice)
Scott Speedman (Lang Dotrice)
Kristen Stewart (Timlin)

Genre:
Drama | Horror | Science-Fiction

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus Crimes of the Future | © LEONINE
© LEONINE

In einer nicht näher definierten Zukunft, in der ein Großteil der Menschen die Fähigkeit zur Schmerzempfindung verloren hat, betätigen sich Saul und Caprice als eine Art Performance-Künstler. Vor Publikum lässt Saul sich von Caprice aufschneiden und die in ihm gewucherten Organe im Körper tätowieren, bevor Caprice sie aus ihm herausoperiert. Die Zuschauer sind ein ums andere Mal auf morbide Art fasziniert und längst hat sich die Meinung verfestigt, dass Operationen so etwas wie der neue Sex seien. Ähnlich sehen das auch die Bürokraten Wippet und seine Assistentin Timlin, die eine Registrierungsstelle für neuartige Organe aufzubauen versuchen und von dem Künstler-Duo regelrecht berückt sind. Saul derweil ist gewillt, die Performance auf eine neue Stufe zu bringen und schickt sich an, bei einem Inner-Beauty-Contest anzutreten, während die Behörden an ihn herantreten, um mit seiner Hilfe eine Gruppe radikaler Evolutionisten zu infiltrieren, deren Anführer Lang es bewerkstelligt hat, dass die Mitglieder der Gruppe ihren Verdauungstrakt dergestalt modifiziert haben, dass sie sich nun von hochgradig toxischen Plastikabfällen ernähren können…

Rezension:

Es ist schon wieder einige Zeit vergangen seit den ersten Ankündigungen zu Crimes of the Future und dem letztendlichen Erscheinen, doch muss ich einräumen, dass die vollmundig provokanten Äußerungen seinerzeit durchaus mein Interesse geschürt haben, als Regisseur Cronenberg selbst verlauten ließ, dass wahrscheinlich die ersten Zuschauer nach nicht einmal zehn Minuten den Saal verlassen würden ob des Gezeigten. Nicht, weil ich einfach nur auf Ekel abfahre, aber durchaus, weil ich mich an Cronenbergs ungemein faszinierende Vertreter des Body-Horror erinnere, hier speziell eXistenZ und Naked Lunch in bester Erinnerung habe. Und zugegeben, vom Konzept her hört sich auch sein neuer Wurf ungemein spannend und regelrecht visionär an, insbesondere wenn man bedenkt, dass das Skript unverändert bereits mehr als zwei Jahrzehnte in der Schublade gelegen haben soll. Leider, ich wenn ich es mir nicht so recht erklären kann, mutet aber auch der Film als solches ein wenig angestaubt an und wirkt zuweilen wie aus der Zeit gefallen, was man aber wohl grundsätzlich auf ein mehr als dürftig bemessenes Budget zurückführen können sollte, das hier leider des Öfteren die Immersion zerstört.

Szenenbild aus Crimes of the Future | © LEONINE
© LEONINE

So finden sich zwar auch hier wieder für Cronenberg typische Elemente und Apparaturen, doch fehlt ihnen oft die gewisse Körperlichkeit, wenn man unterstellt, dass es sich um organische Maschinen handeln soll, die direkt mit dem menschlichen Nervensystem korrespondieren. Das wirkt hier leider weder faszinierend, noch glaubhaft oder wenigstens nur eklig, sondern eben dummerweise stümperhaft und billig inszeniert, gleichwohl sich Viggo Mortensen (Eine dunkle Begierde) sichtlich müht, zu transportieren, welch Tortur es für seine Figur sein mag. Weitaus gravierendere Fehlgriffe leistet man sich dann allerdings bei den zu Unterhaltungszwecken durchgeführten Operationen, denn hier kommt gleich simpelstes CGI zum Einsatz und man hat wirklich zu keinem Zeitpunkt das Gefühl, hier würde gerade ein menschlicher Körper aufgeschnitten. Entsprechend kann ich mir auch eigentlich nicht vorstellen, wie oder wieso man nach zehn Minuten fluchtartig den Saal verlassen sollte, denn das geben die Bilder bei aller Liebe nicht her. Nun ist Optik mitnichten alles, aber hier stört es das Gesamtbild doch ganz schön, dass man eben nichts von dem, was gezeigt wird, so wirklich für voll nehmen kann. Hinzu kommen dann noch die ungemein düsteren und ziemlich gleichförmig gehaltenen Set-Designs (Fun Fact: der gesamte Film wurde in einem einzigen Lagerhaus gedreht), um aus Crimes of the Future bei aller angedichteten Provokation ein ziemlich dröges Erlebnis zu machen.

Da hilft es dann auch nur bedingt, dass Viggo Mortensen durchaus überzeugt und man ihm sein permanentes Leiden auch abnimmt, derweil es doch wieder befremdlich wirkt, dass er gerne und beinahe ausnahmslos liegend oder knieend gezeigt wird, was wiederum mit einer realen Verletzung zur Zeit des Drehs zusammenhing. Fast eine glückliche Fügung also, dass dieser Umstand in einem Film wie Crimes of the Future noch beinahe normal und wenig ungewöhnlich erscheint. Léa Seydoux (The French Dispatch) als Sauls Performance-Partnerin Caprice überzeugt ebenfalls und überschattet auch Kristen Stewart (Against All Enemies), die allerdings ebenfalls in der Rolle der zaghaften und schüchternen Timlin ihre Daseinsberechtigung hat. Komplettiert wird das Quartett durch Scott Speedman (You), der ebenfalls solide abliefert, allerdings, was seine Rolle angeht, schon deutlich restringierter ist. An den Darsteller*innen liegt es aber schon einmal nicht, dass der Film nicht so recht zünden will, ebenso wenig wie an den verhandelten Themen und dem, was die Inspiration für all das Gezeigte geliefert hat. Vom Körperpult über allgemeine Obsessionen bis hin zu der fiktiven Evolutionsfortschreibung hinein in eine dystopische, von Tristesse und Rückschritt geprägte Zukunft gibt es allerhand, was einen bei der Stange zu halten vermögen würde, doch ist die allgemeine Inszenierung eben so karg und behäbig geraten, dass es einfach nicht reicht, um über die offenkundigen Schwächen und auch erzählerischen Fragezeichen hinwegzutäuschen.

Szenenbild aus Crimes of the Future | © LEONINE
© LEONINE

Natürlich sollte man bereits im Vorfeld wissen, dass einen bei Crimes of the Future sicherlich nicht das zugänglichste und am besten verdauliche Werk erwarten dürfte, doch selbst unter dem Gesichtspunkt ist es Cronenberg sonst besser gelungen, Neugierde, Interesse und Aufmerksamkeit längerfristig zu befeuern und zu beflügeln, weshalb ich es eher auf die lange Schaffenspause schiebe, die Cronenberg nach dem 2014 erschienenen Maps to the Stars eingelegt hat. Entsprechend bleibe ich auch neugierig, gespannt und enthusiastisch, was sein nächstes Werk The Shrouds angeht, denn auch wenn dies einer von wirklich wenigen Cronenberg-Filmen ist, denen ich nicht so viel abgewinnen konnte, stehen das Schaffen und die allgemeine Kreativität des Filmemachers doch außerfrage. Und wer surrealen, abgründigen Geschichten gegenüber aufgeschlossen ist, der möge auch hier besser selbst einen Blick riskieren, denn es lässt sich nie ausschließen, dass mich der Film womöglich schlicht auf dem falschen Fuß erwischt hat und im Kern besser ist, als ich ihn zu diesem Zeitpunkt bewerten kann.

Fazit & Wertung:

David Cronenberg meldet sich mit Crimes of the Future im Genre des Body-Horror zurück, doch ambitionierte Ideen und engagierte Darsteller*innen reichen leider in diesem Fall nicht, um über das doch sehr magere Budget hinwegzutäuschen, das es schwierig macht, den Horror auch zu fühlen, so dass vieles bloße Behauptung bleibt und den ohnehin schon behäbigen Plot noch weiter ausbremst.

5,5 von 10 Operationen als Performance-Kunst

Crimes of the Future

  • Operationen als Performance-Kunst - 5.5/10
    5.5/10

Fazit & Wertung:

David Cronenberg meldet sich mit Crimes of the Future im Genre des Body-Horror zurück, doch ambitionierte Ideen und engagierte Darsteller*innen reichen leider in diesem Fall nicht, um über das doch sehr magere Budget hinwegzutäuschen, das es schwierig macht, den Horror auch zu fühlen, so dass vieles bloße Behauptung bleibt und den ohnehin schon behäbigen Plot noch weiter ausbremst.

5.5/10
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Crimes of the Future ist am 24.03.23 auf DVD und Blu-ray bei Weltkino Filmverleih im Vertrieb von LEONINE erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

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vgw

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