Review: Rebecca (Film)

Kommen wir heute zu einem leider sehr mittelmäßigen Werk, in das ich aufgrund von Regisseur und Besetzung tatsächlich weitaus mehr Hoffnung gesetzt habe, obwohl es sich um ein – von vielen verpöntes – Remake handelt.

Rebecca

Rebecca, UK/USA 2020, 121 Min.

Rebecca | © Netflix
© Netflix

Regisseur:
Ben Wheatley
Autoren:
Jane Goldman (Drehbuch)
Joe Shrapnel (Drehbuch)
Anna Waterhouse (Drehbuch)
Daphne Du Maurier (Buch-Vorlage)

Main-Cast:
Lily James (Mrs. de Winter)
Armie Hammer (Maxim de Winter)
Kristin Scott Thomas (Mrs. Danvers)
in weiteren Rollen:
Keeley Hawes (Beatrice)
Ann Dowd (Mrs. Van Hopper)
Sam Riley (Jack Favell)

Genre:
Drama | Mystery | Romantik | Thriller

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus Rebecca | © Netflix
© Netflix

Eine junge Frau abreitet als Gesellschafterin für eine neureiche und versnobte Amerikanerin und begegnet in dieser Funktion eines Tages dem nicht minder wohlhabenden, aber weitaus charmanteren Witwer Maxim de Winter. Gemeinsam beginnen sie im malerischen Monte Carlo eine wilde Romanze, doch dann droht das junge wie frische Glück daran zu zerbrechen, dass die neureiche Mrs. Van Hopper nach Amerika zurückzukehren gedenkt und freilich auch ihre Begleiterin mitnehmen will. Prompt überrascht de Winter mit einem zwar wenig romantischen, aber pragmatischen Heiratsantrag und nimmt sein Objekt der Begierde mit zum Familiengut Manderley. Dort angekommen, fühlt sich die frisch verliebte und vermählte junge Frau allerdings alsbald erdrückt von den allgegenwärtigen Erinnerungen an Maxim de Winters erste Ehefrau Rebecca, die nicht nur allem innewohnen, was sie sieht und berührt, sondern auch von der Haushälterin Mrs. Danvers betont werden, die gegenüber der zweiten Mrs. De Winter kaum einen Hehl daraus macht, sie auf Manderley alles andere als willkommen zu heißen…

Rezension:

Wieder einmal hat es mit Rebecca ein Netflix-Film auf meine persönliche Watchlist geschafft, der im weitesten Sinne gleichermaßen Remake des gleichnamigen Hitchcock-Klassikers wie auch Buch-Verfilmung des Werkes von Daphne Du Maurier ist. In Unkenntnis beider Vorlagen und Inspirationsgeber kann ich natürlich mal wieder keinen direkten vergleich anstellen, doch lässt sich kaum ignorieren, mit welchem Gegenwind diese Neuverfilmung zu kämpfen hat, die natürlich kaum eine Chance haben dürfte, auch nur annähernd an das Werk des filmischen Großmeisters heranzureichen. Dabei ist der nun verantwortlich zeichnende Regisseur Ben Wheatley mitnichten ein unbeschriebenes Blatt und hat mich beispielsweise mit seiner Adaption des als unverfilmbar geltenden High-Rise im positivsten Sinne beeindruckt, während mir auch die ungewöhnliche Gangster-Chose Free Fire ausnehmend gut gefallen hat. Hier nun aber ist von der Handschrift des Regisseurs wenig zu spüren und von dem, was man so liest, orientiert sich sein neuester Film in mehr als nur einer Szene ziemlich offensiv am nunmehr achtzigjährigen Vorbild, womit er sich natürlich selbst die Chance verwehrt, sich gegenüber dem "Original" zu emanzipieren und sich eine Daseinsberechtigung zu erkämpfen.

Szenenbild aus Rebecca | © Netflix
© Netflix

Optisch und inszenatorisch macht Rebecca dabei gar nicht einmal so viel falsch, auch wenn er sich wie so viele Remakes die Frage gefallen lassen muss, weshalb eine Neuauflage notwendig gewesen ist, zumal hier wenig Neues hinzugefügt worden zu sein scheint und eher die Anachronismen zunehmen. Denn gemessen daran, wann die Geschichte spielt, wirkt die namenlos bleibende Hauptfigur doch zuweilen reichlich emanzipiert und forsch, was dann auch den Klassenunterschied zwischen de Winter und seiner zweiten Ehefrau ein Stück weit unterminiert, während immerhin schön herausgearbeitet wird, dass das eigentliche Duell hier zwischen den Frauen ausgetragen wird und de Winter in manchen Momenten zu bloßer Staffage degradiert wird. Dennoch, auch bei den – zumeist passiv-aggressiven – Auseinandersetzungen zwischen der zweiten de Winter und der Haushälterin hätte man mehr in die Tiefe gehen können und müssen, so dass es Wheatley nur selten gelingt, wirklich einen Blick hinter die schöne Fassade und in die Psyche seiner Charaktere zu werfen.

Immerhin, dem Darsteller-Trio, bestehend aus Lily James (Deine Juliet) und Armie Hammer (Die Berufung) als Eheleute de Winter sowie Kristin Scott Thomas (The Party) als Haushälterin Mrs. Danvers braucht man keinen wirklichen Vorwurf zu machen, doch das von gleich drei Personen geschriebene Drehbuch hätte aus ihnen allen deutlich mehr herausholen können, zumal sich die universellen und teilweise zeitlosen Themen von Rebecca geradezu anbieten, der Geschichte womöglich einen neuen Kniff zu geben. Für jemanden wie mich, der weder Buch noch Hitchcock-Klassiker kennt, hält der Film immerhin einige durchaus überraschende Wendungen parat, doch funktioniert das eben nur, wenn man reichlich unbedarft und uninformiert an die Sache herangeht. In den besten Momenten überzeugt Wheatleys Film sicherlich mit beklemmender Atmosphäre, erzählt eine Geschichte voller Obsessionen, Geheimnissen und Abgründen, schafft es aber eben selten, diese vielversprechenden Ansätze wirklich zu verwandeln. So wirkt der Film noch am ehesten in Sachen Storytelling ein wenig altmodisch, was in diesem Fall getragen bedeutet, denn dramaturgisch hätte hier ein wenig mehr Pep gutgetan.

Szenenbild aus Rebecca | © Netflix
© Netflix

Hat man sich also erst einmal an der üppigen und formvollendeten Kulisse sattgesehen, das sonnenlichtdurchflutete Monte Carlo hinter sich gelassen und Einzug auf dem nicht minder beeindruckend ausgestalteten Manderley gehalten hat, offenbaren sich zunehmend die strukturellen Mängel des Erzählten, denn so vielversprechend eine sich wandelnde Genre-Gesinnung auf dem Papier klingen mag, funktioniert der Wechsel von Sommer-Romanze zu Beziehungs-Drama zu Psycho-Thriller mit Mystery- und Krimi-Einschlägen nicht immer reibungslos, weil am Ende eben vieles bloße Behauptung bleibt, ob es sich um die gegenseitige Anziehung der Figuren von Hammer und James handelt oder das von vielen Personen präferierte obsessive Verhalten. Schlecht ist das alles dennoch nicht, kommt aber nie aus der Komfortzone eines routiniert inszenierten Remakes heraus, das nicht viel Neues zum Thema beizutragen hat und mit schöner Optik darüber hinwegzutäuschen versucht. Inwieweit der Klassiker von Altmeister Hitchcock nun natürlich wirklich tiefgründige rund psychologisch gehaltvoller gewesen sein mag, kann ich zwar nicht beurteilen, doch wird es darauf hinauslaufen, dass man – hat man die Wahl – wohl eher dem Original eine Chance geben wird und sollte, was gemessen an der vielversprechenden Besetzung und den bisherigen Werken von Wheatley schon eine ziemliche Enttäuschung darstellt, obwohl man Rebecca tatsächlich weit weniger vorwerfen könnte, wenn es "den selben" Film nicht schon einmal gegeben hätte.

Fazit & Wertung:

Ben Wheatley versucht sich mit Rebecca an einer weiteren Buch-Verfilmung, die gleichsam Remake des Hitchcock-Klassikers darstellt, doch fernab inszenatorischer Spielereien und oft spektakulär schöner Kulisse gerät leider der Kern der Geschichte des Öfteren unter die Räder und bleibt ärgerlich oberflächlich, wenn es um die allgegenwärtigen Obsessionen und Geheimnisse geht., Kann man gesehen haben, wird aber wohl eher zum ungleich wohlwollender bedachten Hitchcock-"Original" greifen.

5,5 von 10 kaum verhohlenen Anfeindungen

Rebecca

  • Kaum verhohlene Anfeindungen - 5.5/10
    5.5/10

Fazit & Wertung:

Ben Wheatley versucht sich mit Rebecca an einer weiteren Buch-Verfilmung, die gleichsam Remake des Hitchcock-Klassikers darstellt, doch fernab inszenatorischer Spielereien und oft spektakulär schöner Kulisse gerät leider der Kern der Geschichte des Öfteren unter die Räder und bleibt ärgerlich oberflächlich, wenn es um die allgegenwärtigen Obsessionen und Geheimnisse geht., Kann man gesehen haben, wird aber wohl eher zum ungleich wohlwollender bedachten Hitchcock-"Original" greifen.

5.5/10
Leser-Wertung 9/10 (1 Stimmen)
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Rebecca ist seit dem 21.10.2020 exklusiv bei Netflix verfügbar.

vgw

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