Kommen wir heute zu einem Film, der so gar nicht für diesen Freitag angedacht gewesen ist, doch musste ich improvisieren, weil ich den Film, der theoretisch den heutigen Slot hätte belegen sollen, schlichtweg noch nicht gesehen habe. Passt aber auch so ganz gut, zumal ich damit auf gleich drei – höchst unterschiedlich geartete -Horrorfilme in dieser Woche komme und die ich noch dazu alle im selben Wertungsspektrum verorten würde.
Underwater
Es ist erwacht
Underwater, USA 2020, 95 Min.
© Twentieth Century Fox
William Eubank
Brian Duffield
Adam Cozad
Kristen Stewart (Norah Price)
Vincent Cassel (Captain Lucien)
T.J. Miller (Paul Abel)
Jessica Henwick (Emily Haversham)
John Gallagher Jr. (Liam Smith)
Mamoudou Athie (Rodrigo Nagenda)
Action | Horror | Science-Fiction | Thriller
Trailer:
Inhalt:
© Twentieth Century Fox
Schon seit geraumer Zeit arbeitet Norah als Maschinenbau-Ingenieurin auf der riesigen Unterwasser-Forschungsstation Kepler-822 von Tian Industries, die sich auf dem Grund des Mariannengrabens befindet. Unvermittelt wird die Station eines Tages von einem immensen Erdbeben erschüttert, das auch die strukturelle Integrität der Anlage in Mitleidenschaft zieht und aufgrund der herrschenden Druckverhältnisse weite Teile der Einrichtung zerstört. Norah allerdings gelingt es, sich hinter ein Sicherheitsschott zurückzuziehen und alsbald begegnet sie auch Kapitän Lucien, dem es immerhin gelungen ist, einige wenige in Sicherheit zu bringen. Sicherheit ist allerdings trügerisch, wenn man sich mehr als sechs Meilen unter der Meeresoberfläche befindet und so ersinnt Lucien einen aberwitzigen Plan für die Überlebenden, wie sie es zur Oberfläche zurückschaffen könnten. Auf dem Weg zu den Rettungskapseln allerdings muss die Gruppe bald erkennen, dass noch ganz andere Gefahren am Meeresgrund lauern…
Rezension:
Horrorfilme gibt es bekanntlich wie Sand am Meer, doch dass Horrorfilme unter dem Meer spielen, erlebt man dann doch deutlich seltener und so ist allein das Setting von Underwater – Es ist erwacht eines der größten Alleinstellungsmerkmale des Films von William Eubank, der mich zuletzt mit The Signal zwar nicht hundertprozentig abzuholen wusste, dennoch mit bestechender Prämisse und interessanten Ideen aufzuwarten wusste. Und wenn dann die Prämisse hier erneut so vielversprechend ist, lohnt sich entsprechend ein Blick, auch wenn das Skript hier – anders als bei seinen zwei bisherigen Filmen – von unter anderem Brian Duffield stammt, der auch für den Netflix-Film The Babysitter verantwortlich gezeichnet hat. Zudem ist aber auch dieser Streifen wieder angenehm knapp geraten, was die Laufzeit angeht, und ließ erwarten, relativ schnell auf Touren zu kommen. Diese Erwartung sollte sich dann auch bewahrheiten, denn Eubank hält sich mitnichten mit langer Vorrede oder großartiger Exposition auf, sondern lässt bereits nach wenigen Minuten die – hier sehr wässrige – Hölle losbrechen, die Protagonistin Norah in aussichtslos scheinenden Überlebenskampf drängt, der wenig Zeit zum – das verkneif ich mir jetzt nicht – Luft holen lässt.
© Twentieth Century Fox
Leider verhält es sich aber auch so, dass die Inszenierung spürbar im Vordergrund steht, wohingegen Charakterzeichnung nicht unbedingt zu den Stärken von Duffield zu zählen scheint, denn angefangen von Norah über Kapitän Lucien und bis hin zu der weitaus gesichtsloser bleibenden Bagage erfahren wir relativ wenig über die Figuren und wenn, sind es abgeschmackte Klischees und Allgemeinplätze. Entsprechend tangiert das etwaige Ableben von einem aus der Crew weit weniger, als wenn man sich den Figuren wirklich verbunden fühlen könnte, was allerdings am Ende auch nur Abzüge in der B-Note bedeutet. Denn mehr als die Überlebenden der Kepler-882-Station stehen hier die Unterwasseranlage selbst, das klaustrophobische Setting, die alles einnehmende Dunkelheit im Vordergrund sowie natürlich die lange Zeit im Verborgenen bleibende, für oft effektive Jump-Scares genutzte Bedrohung, die – man kennt es ja – wohl durch Bohrungen am Grund des Marianengrabens freigesetzt worden ist. Und in Sachen Kreaturen-Design punktet Underwater dann ebenso, auch wenn die schlussendlich cthulhuesk anmutenden Auswüchse des Gezeigten schon sehr over-the-top sein mögen. Andererseits will man natürlich genau das bei dieser Art Creature-Horror auch sehen, wobei sich der Film andererseits in Sachen Gewaltgrad überraschend zurückhält.
Entsprechend wirkt der Survival-Horror manchmal dann doch etwas handzahm, auch wenn Tempo und Thrill stets vordergründig und präsent sind, zumal auch das Figurenkonsortium recht überschaubar ist und sich die meiste Zeit absehen lässt, wer hier nun womöglich als nächstes und warum das Zeitliche segnet. Und dennoch fasziniert die Unterwasserwelt von Underwater ungebrochen, zumal es hier einige spektakuläre Außenaufnahmen zu bestaunen gibt, während man böswillig behaupten könnte, aufgrund des düsteren Unterwasser-Settings habe man mit wenig Geld viel erreichen können, denn das meiste wirkt verschwommen, die Kreaturen verbergen sich bevorzugt im Dunkeln und Orientierung ist in der Tiefsee ohnehin ein Fremdwort. Warum also sollte man sich das ansehen, wenn die Charaktere nur notdürftig ausgearbeitet sind und das Setting schnell an inszenatorische Grenzen stößt? Weil man immerhin clever genug war, die Besetzung mit zumindest zwei ausgewiesenen Charakterköpfen zu besetzen (was nicht heißen soll, dass man den Rest nicht auch schon einmal wo gesehen haben könnte), denn einerseits stellt Kristen Stewart (Personal Shopper) als Norah wieder Wandlungsfähigkeit und Talent unter Beweis, andererseits überzeugt Vincent Cassel (Jason Bourne) als Kapitän Lucien, auch wenn selbst er nicht vor spektakulär falschen Entscheidungen gefeit ist.
© Twentieth Century Fox
So müsste man Underwater vor allem anderen den inhaltsleeren Plot vorwerfen, denn wirklich ergründet wird hier nichts von dem, was vorgefallen ist, worum es sich bei der Bedrohung handeln könnte, was die Figuren umtreibt und dergleichen mehr. Dafür bleibt bei dem Überlebenskampf freilich auch kaum Raum, doch ein wenig mehr Fleisch auf den Rippen hätte der Dramaturgie merklich gutgetan. So hätte Eubank also auch hier wieder merklich mehr aus dem Stoff machen können, doch immerhin trifft ihn diesmal keine Schuld an dem Drehbuch, das am Ende die Verortung des Geschehens auf und um eine Unterwasserbasis herum dann doch bloß als Aufhänger nutzt, um allerhand mysteriöse Wesenheiten auf die Protagonisten einstürmen zu lassen, ohne sich darum zu scheren, was genau das eigentlich soll. Dennoch, über die anderthalbstündige Laufzeit hinweg verspricht der Film überwiegend solide und vor allem packend klaustrophobisch inszenierte Action mit einer ordentlichen Prise Mystery. Mag man am Ende beinahe ein wenig über das Ziel hinausschießen, überzeugen das immerhin konsequente Ende und bis zuletzt sorgsam eingesetzte Effektgewitter dennoch, auch wenn hier vieles zusammengeklaut und mit wenig eigenen Ideen angereichert worden ist.
Underwater – Es ist erwacht
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Von der Dunkelheit verborgene Kreaturen - 7/10
7/10
Fazit & Wertung:
William Eubank versucht sich mit Underwater – Es ist erwacht an einer Art Survival-Horror am Meeresgrund, überzeugt dabei aber vornehmlich inszenatorisch und nicht wirklich dramaturgisch, denn nicht damit genug, dass die Figuren nur dürftig charakterisiert werden, treffen sie zuweilen auch saudämliche Entscheidungen, um den Plot am Laufen zu halten. Dafür überzeugt der Look des Ganzen auf ganzer Linie und auch die Kreaturen-Schöpfungen können sich sehen lassen.
Underwater – Es ist erwacht ist am 20.05.2020 auf DVD und Blu-ray bei Twentieth Century Fox erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!
Ja, da war definitiv mehr drin. Diese Art Alien unter Wasser Variante hatte – wie du korrekt feststellst – vor allem visuell aufgrund des Settings einige Hingucker inklusive. Figurentechnisch war das aber leider wenig berauschend.