Kommen wir heute mal zu einem Musical-Film, von dem ich mir weitaus mehr erhofft und erwartet hätte, der mich leider aber nur in Ansätzen hat überzeugen können.
Mary Poppinsʼ Rückkehr
Mary Poppins Returns, USA/UK 2018, 130 Min.
© Walt Disney
Rob Marshall
David Magee (Drehbuch)
P.L. Travers ("Mary-Poppins"-Storys)
Lin-Manuel Miranda (Jack)
Ben Whishaw (Michael Banks)
Emily Mortimer (Jane Banks)
Julie Walters (Ellen)
Angela Lansbury (Balloon Lady)
Colin Firth (Wilkins / Wolf)
Meryl Streep (Cousin Topsy)
Fantasy | Musical | Komödie
Trailer:
Inhalt:
© Walt Disney
Michael Banks steckt als dreifach alleinerziehender Vater in ernsten finanziellen Schwierigkeiten und droht, sein Haus zu verlieren. Unterstützung erfährt er von seiner Schwester Jane, doch Geld hat diese auch nicht vorzuweisen, um die Schuld bei der Bank zu tilgen, und während Bankfilialleiter William Weatherall Wilkins nach außen hin freundlich tut, kann er es doch kaum erwarten, das Haus der Familie Banks zu pfänden. Noch begreifen die Kinder den Ernst der Lage nicht, doch der sonst so freundliche und lebensfrohe Michael herrscht sie immer öfter an und so verwundert es kaum, dass in der Stunde der größten Not das magische Kindermädchen Mary Poppins auf der Bildfläche erscheint. Zwar gibt diese vor, sich um die drei Banks-Kinder kümmern zu wollen – was sie auch aufopferungsvoll tut –, verliert aber auch das große Ganze nicht aus den Augen und ist gleichsam erschienen, um Michael und Jane aus der Bredouille zu helfen, auch wenn die sich als Erwachsene natürlich längst nicht mehr an frühere, magische Abenteuer erinnern…
Rezension:
Auch Mary Poppinsʼ Rückkehr habe ich jüngst an einem Sonntagvormittag nachgeholt, denn Disney+ soll sich ja schließlich lohnen, muss im Nachgang aber auch sagen, dass ich froh bin, hier nicht Geld in die Blu-ray investiert zu haben, denn auch wenn der Film grundsätzlich charmant geraten sein mag, krankt er doch an so mancher Stelle. Bleiben wir aber zunächst einmal bei den positiven Dingen und da ist an allererster Stelle Emily Blunt (A Quiet Place) zu nennen, die ein wahrlich schweres Erbe anzutreten hatte, als eitles und gleichermaßen schelmisches, charmantes wie verzauberndes, Autorität gebietendes und Hilfsbereitschaft vermittelndes Kindermädchen zu überzeugen. Und die Rolle der Mary Poppins meistert sie tatsächlich mit Bravour und rettet selbst die schwächsten Stellen des Films, auch wenn sie in dem mehr als zweistündigen Reigen zuweilen durchaus präsenter hätte sein können, was auch gleich eine der ersten Schwächen darstellt, denn die Geschichte auf diese epische Breite auszuwalzen, hätte mitnichten notgetan, zumal die eigentliche Story extrem dünn, überschaubar und vorhersehbar geraten ist.
© Walt Disney
Die Atmosphäre, das Bild, die Kameraführung, allgemein das sowohl Verspielte wie Pompöse überzeugen vom ersten Moment an, während allem – beinahe automatisch – mehr als nur ein Hauch von Nostalgie innewohnt. So gesehen gehen Regisseur Rob Marshall und das Autoren-Team stimmig und sinnig an die Sache heran, doch wie eben schon angerissen, überschlägt man sich beim eigentlichen Plot nun nicht gerade mit dem Einfallsreichtum. Geld muss her und ist nicht da, ein Beteiligungsschein an der Bank könnte der Ausweg sein, ist aber natürlich nicht aufzufinden, während wir als Zuschauer nach wenigen Minuten wissen – weil es nicht gerade subtil angedeutet wird –, wo dieses wichtige Papier schlussendlich zu finden sein wird. Schon blöd, wenn dann selbst der Weg zum generischen Ziel im Grunde wie ein großer Lückenfüller wirkt, dummerweise aber den gesamten Film ausmacht, der sich im weiteren verlauf noch ein paar dramaturgische Patzer leistet, die nicht wirklich Sinn ergeben und nur aus der Not heraus entstanden sein können, die Story am Laufen zu halten. Dramaturgisch betrachtet ist Mary Poppinsʼ Rückkehr also ein ziemlicher Reinfall und auch die quasi obligatorische Moral von der Geschicht ist mehr als schal, denn anstatt einen wie auch immer gearteten kreativen Weg aus der Misere anzubieten, geht es tatsächlich nur darum, den schnöden Mammon in die Finger zu bekommen und nach den Regeln des wie stets bösen Bankensystems zu spielen.
Das ist immerhin mit Colin Firth (Genius) prominent besetzt und er hat sichtlich Spaß an der Rolle des Fieslings, während auf der anderen Seite auch Ben Wishaw (Im Herzen der See) und Emily Mortimer (The Party) als – nunmehr erwachsene – Banks-Geschwister überzeugen, aber natürlich eher am Rande zu tun bekommen, denn natürlich fokussiert der Film auf die Kinder und ihr sonderliches Kindermädchen, das sie auf eine Reihe magischer Abenteuer entführt, die mal mehr, mal weniger gelungen sind. Allein der Auftakt, wenn die Kinder nebst Poppins in der Badewanne abtauchen, um sich in einer Unterwasserwelt wiederzufinden, ist in Sachen CGI nämlich eher mäßig gelungen und wirkt befremdlich, wohingegen der Ausflug ins Zeichentrickuniversum einer antiken Vase außerordentlich gelungen ist und sowohl visuell als auch atmosphärisch überzeugt. Je weiter die Abenteuer voranschreiten, entpuppt sich derweil Lin-Manuel Miranda als heimlicher Star des Ganzen, der als Laternenanzünder Jack nicht nur ortskundig sondergleichen ist, sondern auch mal spontan seine gesamte Zunft zusammenzutrommeln weiß und das eine oder andere Liedchen zum Besten geben darf.
© Walt Disney
Damit wären wir bei einer weiteren der Kerndisziplinen von Mary Poppinsʼ Rückkehr gelandet, denn selbstredend gibt es hier einiges an ausufernden Musical-Einlagen zu bestaunen. Grundsätzlich sind auch die gelungen, doch ein echter Ohrwurm findet sich nicht, während die Sequenzen es in ihrer Länge oft überreizen und nach der zigsten Wiederholung des Refrains und einem weiteren Reprise des Themes hat sich bei mir dann doch des Öfteren Ermüdung eingestellt, der die anfängliche Faszination und Begeisterung hat weichen müssen. So wirkt der Film in seiner Gänze zwar enorm ambitioniert, bemüht sich aber oft zu sehr, dem großen und gefeierten Vorbild nachzueifern und es zu übertrumpfen. Dumm nur, dass da den Verantwortlichen kein besserer Weg eingefallen ist, als den Zuschauer mit Bombast und Tamtam schier zu erschlagen, denn auch wenn dadurch die generische Story oft in den Hintergrund rückt, täuscht das doch nicht darüber hinweg, dass diese Kombination aus Neuinterpretation und Fortsetzung fernab der schönen Fassade und einer extrem überzeugenden Emily Blunt doch reichlich uninspiriert und wenig gehaltvoll geraten ist.
Mary Poppinsʼ Rückkehr
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Fantastische Abenteuer mit einem einzigartigen Kindermädchen - 5.5/10
5.5/10
Fazit & Wertung:
Rob Marshall hätte bei der Inszenierung von Mary Poppinsʼ Rückkehr alle Trümpfe in der Hand gehabt und insbesondere Emily Blunt erweist sich – neben dem charmanten wie talentierten Lin-Manuel Miranda – als echter Glücksgriff, doch die ungemein ausladenden Musical-Einlagen und ein grundsätzlich viel zu langer Film strecken die ohnehin nicht gerade einfallsreiche und gehaltvolle Geschichte über Gebühr, so dass man sich recht schnell von dem hektischen und aufdringlich pompösem Treiben ermüdet sieht.
Mary Poppinsʼ Rückkehr ist am 18.04.19 auf DVD und Blu-ray bei Walt Disney erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!